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Ella und die falschen Pusteln

Ella und die falschen Pusteln

Titel: Ella und die falschen Pusteln
Autoren: Carl Hanser Verlag
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interessierte uns auch. Von einem Hundeamt hatten wir nämlich noch nie gehört.
    »Für das Graben von Gruben.«
    »Und für den ordnungsgemäßen Abtransport des Aushubs.«
    Wir nickten einander zu. Es klang ein bisschen kompliziert, aber Amtshunde mussten sich wahrscheinlich so ausdrücken.
    »Außerdem kümmern wir uns um die Bausubstanz.«
    »Und um Wasserschäden.«
    Das klang noch ein bisschen komplizierter, aber wahrscheinlich gab es auch unter Amtshunden alle möglichen Spezialisten.
    »Ich fahre den LKW und berechne, was zu berechnen ist.«
    »Ich bediene den Bagger und zeichne, was zu zeichnen ist.«
    Das wunderte uns jetzt ein bisschen. So was hätten wir Hunden nicht zugetraut.
    »In größere Brocken wie den hier müssen wir manchmal Löcher bohren ...«, sagte der eine.
    »… und sie wegsprengen, das geht nicht anders«, schloss der andere.
    Das wunderte uns jetzt sehr. Dass Hunde was wegsprengten, hatten wir noch nie gehört. Wir krochen vorsichtshalber nach vorne an die Kante des Felsens und spähten hinunter. Neben dem Lehrer und den Hunden standen zwei Männer mit gelben Helmen auf dem Kopf.
    »Aber der Felsen stört doch niemanden«, sagte der Lehrer.
    »Angeblich doch.«
    »Weil er eine Gefahr für Kinder ist.«
    »Für Kinder? Sehen Sie hier Kinder?«, fragte der Lehrer.
    »Nein. Aber sie können trotzdem an dem Felsen hochklettern und runterfallen.«
    »Und wessen Kinder, wenn ich fragen darf?«
    »Die Kinder der Bewohner des Hochhauses, das hierher gebaut wird, wenn die alte Bruchbude da endlich abgerissen ist.«
    »Außerdem stinkt es hier nach Hundepisse, das wäre für die Bewohner des Hochhauses eine Zumutung.«
    »Dieser Felsen darf nicht gesprengt werden, auf keinen Fall. Wenn es sein muss, lasse ich den ganzen Hof hier zum Schutzgebiet erklären«, sagte der Lehrer.
    Aber die Männer lachten nur, und der Lehrer tat uns leid.
    »Bei uns sind Sie sowieso an der falschen Adresse. Beschweren Sie sich beim Besitzer«, riet ihm einer der Männer.
    »Oder beim Parlament«, fügte der andere hinzu.
    »Das hier ist ein Lieblingsplatz. Jeder sollte in diesem Land das Recht auf einen Lieblingsplatz haben«, versuchte es der Lehrer.
    »Suchen Sie sich woanders einen. Den Kameraden hier gibt’s in zwei Wochen nicht mehr«, sagte der eine Gelbhelm.
    »Bumm und weg!«, sagte der andere.
    Dann war es still.
    Wir spähten immer noch über die Kante des Felsens und sahen, wie die Männer davongingen. Unser Lehrer war neben Koj und Ote in die Hocke gegangen und kraulte ihnen das Fell. Sie taten uns alle so leid: der Lehrer, der schwer krank war und es selbst nicht wusste, die Hunde, die ihren Lieblingsplatz verlieren sollten, und der schöne Felsen, den man wegen einem blöden Hochhaus in die Luft sprengen wollte. Wir selbst taten uns natürlich auch leid. Und wie!
    Bumm!

Sagen Sie bitte »Aaah!«
    Noch am selben Nachmittag gingen wir zum Arzt.
    »Glaubt ihr, der erzählt uns einfach so, was dem Lehrer fehlt?«, fragte Tiina.
    »Haben Ärzte nicht eine Schweigepflicht?«, erinnerte sich Hanna.
    »Ich hab jedenfalls eine«, sagte Pekka.
    »Wieso das denn?«, fragte ich.
    »Mein Vater hat mir verboten, meiner Mutter von seiner neuen Angel zu erzählen, weil wir wegen der kein Geld haben, um die Spülmaschine zu reparieren«, erklärte Pekka.
    »Natürlich können wir ihn nicht einfach so fragen. Wir müssen schlau sein«, sagte Timo.
    Und darum verkleideten wir uns. Das machen wir oft, wenn wir schlau sein müssen. Diesmal bastelten wir uns aus Watte falsche Bärte, nur Mika nicht, weil er unbedingt als Batman gehen wollte, und der Rambo nicht, weil er sich überhaupt nicht gern verkleidet. Wir sollten ihn damit bloß in Ruhe lassen, sonst würde er uns die Wattebäusche einzeln abreißen, drohte er.
    Die Verkleidung brauchten wir für Timos Plan, und der war genial: Weil wir den Arzt nicht einfach fragen konnten, was dem Lehrer fehlte, musste einer von uns so tun, als hätte er genau dieselbe Krankheit. Wir überlegten eine Weile, dann wählten wir Pekka dafür aus.
    »Und was soll ich sagen?«, wollte er wissen.
    »Mach einfach den Mund auf und sag ›Aaah!‹«, sagte Hanna.
    »Und danach zählst du alles auf, was der Lehrer uns aufgezählt hat«, sagte Timo.
    Dann waren wir dran. »Der Nächste, bitte!«, sagte die Sprechstundenhilfe, und wir marschierten mit wackelnden Bärten ins Sprechzimmer.
    Am Gesichtsausdruck des Arztes sahen wir, dass er uns nicht erkannte, obwohl er gleichzeitig unser
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