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Ella in der zweiten Klasse

Ella in der zweiten Klasse

Titel: Ella in der zweiten Klasse
Autoren: Carl Hanser Verlag
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oder die Kinder?«, fragte der Kassenonkel.
    »Die dachten, dass ich mit ihnen eine Nacht, die wir nicht bei ihrem richtigen Namen nennen wollen, mache«, erklärte der Lehrer.
    »Die Flaschen oder die Kinder?«, fragte der Onkel an der Kasse.
    »Aber ich werde keine machen«, sagte der Lehrer, »auf gar keinen Fall.«
    »Keine was?«, fragte der Kassenonkel.
    »KEINE SCHULNACHT!«, riefen wir im Chor.
    Als der Lehrer das Lied von dem Pechvogel gesungen hatte, klatschten alle: der Onkel an der Kasse und die Kunden, die sich inzwischen um ihn versammelt hatten. Übung macht den Meister. Unser Lehrer sang das Lied immer besser.
    Wir bekamen zwanzig Euro für die Flaschen. Der Lehrer wollte Timo das Geld geben, aber Timo sagte, das Geld gehöre uns allen gemeinsam, und wir könnten vielleicht jedem ein Eis davon kaufen. Wir fanden das ein bisschen seltsam, denn der Plan war ja, hundert Euro für den Lehrer zu sammeln, damit er mit uns die Nacht, wegen der er immer das Pechvogellied singen musste, machte. Außerdem war Winter, und draußen war es eiskalt, und eigentlich hatte keiner von uns Lust auf Eis. Andererseits, wenn man es umsonst bekam ...
    Wir marschierten wieder zwei und zwei, nur diesmal ohne Flaschentüten, zum Marktplatz, und der Lehrer kaufte jedem ein Eis.
    »Ein bisschen Abkühlung kann man gut gebrauchen an so einem heißen Tag, nicht wahr?«, sagte die Kiosktante, als der Lehrer zwanzigmal Erdbeereis bestellte.
    »Wie bitte?«, fragte der Lehrer und hob die Ohrenschützer.
    »Schön, mit der ganzen Familie einen erfrischenden Ausflug in die Stadt zu machen! Wo haben sie denn ihren Traktor geparkt?«, erkundigte sich die Kiosktante neugierig. Dann reichte sie uns die Eistüten und klopfte an ihr Thermometer, das bei zwanzig Grad minus stehen geblieben war.
    »Möchten Sie vielleicht mit mir tauschen?«, fragte der Lehrer. »Sie machen mit denen eine Nacht, die wir nicht bei ihrem Namen nennen wollen, und ich scherze so lange mit ihren Kunden?«
    Aber da kriegte die Tante scheinbar einen Riesenschreck und knallte das Fensterchen von ihrem Kiosk zu. Schade war nur, dass die Kugel Erdbeereis des Lehrers drinnen blieb. Der Lehrer hatte nur noch die Waffeltüte in der Hand.
    »He! Jetzt seien Sie doch nicht gleich eingeschnappt nur wegen einem kleinen Scherz!«, rief er. »Hören Sie?! Geben Sie mir eine Kugel Erdbeereis! Alle anderen haben auch eine!«
    Der Lehrer war ganz aufgeregt und trommelte mit den Fäusten gegen das Kioskfensterchen, aber die Tante machte nicht auf.
    »Machen Sie auf, oder ich lasse Ihnen Pekka hier!«, drohte der Lehrer.
    Um uns herum versammelten sich jetzt schon die Leute. Die Kiosktante schüttelte den Kopf und zeigte dem Lehrer eine lange Nase.
    Dann kam ein Polizist.
    »Machen Sie den Weg frei! Niemand verlässt den Tatort!«, rief er. »Und Sie geben endlich Ruhe!«, sagte er zu unserem Lehrer. »Was ist hier überhaupt los?«
    Der Lehrer hielt sich gerade seine Eistüte vors Gesicht und zeigte der Kiosktante eine noch längere Nase. Den Polizisten bemerkte er erst, als der ihm mit dem Gummiknüppel freundschaftlich auf die Ohrenschützer klopfte. Wir fanden alle, dass der Lehrer mit seiner Eistütennase fast ein bisschen wie Pinocchio aussah.

    »Ich kann Ihnen alles erklären, ich bin Lehrer«, sagte der Lehrer zu dem Polizisten.
    »Das müssen Sie mir nicht sagen, das sieht man«, sagte der Polizist. »Aber woher haben Sie dann das Geld für so viel Eis?«
    »Ich beziehe ein hervorragendes Gehalt«, sagte der Lehrer, und plötzlich schüttelten sich der Polizist und der Lehrer und überhaupt alle Erwachsenen, die sich um uns herum versammelt hatten, vor Lachen. Erwachsene sind manchmal ganz schön komisch.
    »Um ehrlich zu sein, hab ich das Eis gegen eins der Kinder getauscht«, erklärte der Lehrer, als er wieder sprechen konnte.
    »Und um noch ehrlicher zu sein, hab ich das Eis mit dem Geld für die Nacht, die wir nicht bei ihrem Namen nennen wollen, gekauft«, versuchte der Lehrer dem Polizisten so leise ins Ohr zu flüstern, dass wir es nicht hörten. Aber wir hörten es natürlich doch.
    »Oha!«, sagte der Polizist, als käme ihm etwas verdächtig vor. »Mit dem Geld für was?«
    »FÜR DIE SCHULNACHT!«, riefen wir im Chor.
    Diesmal verbeugte sich der Lehrer, nachdem er das Lied von dem Pechvogel gesungen hatte. Weil nämlich der ganze Marktplatz Beifall klatschte, sogar der Polizist und die Kiosktante, die jetzt vorsichtig ihr Fensterchen öffnete und dem Lehrer
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