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Ella auf Klassenfahrt

Ella auf Klassenfahrt

Titel: Ella auf Klassenfahrt
Autoren: Timo Parvela
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versteckt hatte.
    Wir sahen staunend, wie der Lehrer Gas gab und die Flugmaschine in unsere Richtung fuhr. Wir mussten nicht lange überlegen: Die Maschine fuhr mit dem Benzin aus dem Motorschlitten des Weihnachtsmanns.
    Wir bewunderten unseren Lehrer. Er war so unglaublich geschickt. Unser Lehrer war ein Genie. Er war unser eigener Leonardo da Vinci, wie Timo sagte, der sogar wusste, wer Leonardo da Vinci war. Unser Lehrer hatte eine Flugmaschine gebaut, mit der er uns retten und nach Hause fliegen würde. Vorausgesetzt natürlich, dass er es bis nach oben in die Luft schaffte.
    Während die Leute aus dem Bus starrten und wieder Fotos knipsten, machten wir uns zum Einsteigen bereit. Wir sahen zwar, dass die Flugmaschine nur einen Sitzplatz hatte, aber wir nahmen an, dass der Lehrer uns wieder ein Seil zuwerfen würde wie beim letzten Mal. Und diesmal würden wir nicht loslassen! Wir würden mit dem Lehrer in die Freiheit fliegen und dem Weihnachtsmann einen Strich durch seine böse Rechnung machen. Auf Nimmerwiedersehen, Bärte! Auf Nimmerwiedersehen, fröhliche Wichtellieder!
    Toll stellten wir uns das alles vor. Aber dann wunderten wir uns, als der Lehrer plötzlich abbog und nicht mehr in unsere Richtung fuhr. Stattdessen verfolgte er jetzt den Weihnachtsmann, der gerade den Bus erreichte und sich dahinter verstecken wollte. Aber die Flugmaschine knatterte hinter ihm her, und wenig später sahen wir ihn wieder hinter dem Bus vorkommen. Der Lehrer war ihm jetzt dicht auf den Fersen. Der Propeller der Flugmaschine kam dem Hinterteil des Weihnachtsmanns bedrohlich nahe, aber er konnte sich wieder hinter dem Bus in Sicherheit bringen. Die Leute drinnen im Bus verfolgten das Rennen und hasteten von einer Fensterseite zur anderen, dass wir schon Angst bekamen, der ganze Bus fällt um. Aber er wackelte nur und blieb stehen.

    So ging das drei Runden lang, und als die vierte anfing, begriffen wir, dass der Lehrer die Flugmaschine gar nicht mehr lenkte. Er zerrte zwar an der Vorhangstange, aber das schien die Monsterflugmaschine nicht zu interessieren. Sie knatterte hinter dem Weihnachtsmann her, wie es ihr passte. Wahrscheinlich wäre das so weitergegangen, bis irgendwann der Tank leer war – wenn der Weihnachtsmann nicht gestolpert wäre.
    »Ups!«, sagte der Weihnachtsmann und schlitterte in die fünfte Runde.
    »Plop!«, machte der Reifen, als er sich vom Hinterteil des Weihnachtsmanns löste.
    »Bumm!«, machte das Flugzeug des Lehrers, als es gegen den Reifen stieß und steil in die Luft geschleudert wurde.
    Der erste Flug eines Flugzeugs heißt Jungfernflug, wusste Timo. Der Jungfernflug des Lehrers dauerte nicht lange. Er flog nur knapp über den Kopf des Weihnachtsmanns, aber das reichte leider, um den Kurs zu ändern. Statt um den Bus herum wie bisher flog er jetzt auf unseren Rodelhügel zu. Die Flügel klappten auf und ab, der Rumpf erzitterte, und der Motor brüllte, als ginge es um Leben und Tod. Die Monsterflugmaschine fuhr die Rodelbahn hinauf bis ganz nach oben, dort zögerte sie einen kurzen Augenblick – und dann brach sie in Stücke.
    Als Erstes löste sich der Propeller, flog surrend über die Hüttendächer und stürzte irgendwo weit draußen auf dem See in den Schnee. Noch einmal heulte der Mopedmotor auf, dann blieb er mit einem letzten Röcheln stehen, und nach all dem Krachen und Brüllen und Brummen herrschte auf einmal vollkommene Stille. Im Bus war es still, der Weihnachtsmann lag still auf dem Rücken, und wir sahen still vor Staunen, wie die Flugmaschine des Lehrers sich doch noch in die Luft erhob.
    Es war toll. Die Flugmaschine hatte ein paar Teile vom Moped und so viel Gewicht verloren, dass ein einziger Windstoß die großen Flügel spielend leicht in die Luft hob und über unsere Köpfe hinweg erst über den See und dann die Fjälls auf der anderen Seite hinauftrug. Es war toll, und das Tollste war vielleicht, dass die Maschine im Wind rückwärts flog. Dazu hörten wir die Stimme des Lehrers. Wir verstanden nicht, was er rief, aber es klang wie das wehmütige Rufen der Kraniche, wenn sie im Herbst nach Süden fliegen. Die Stimme wurde immer leiser, und irgendwann hörten wir sie gar nicht mehr. Wir waren begeistert.
    Der Lehrer war unser Held.
    »Wer war das?«, fragte der Mann aus der geöffneten Bustür heraus.
    »Der Sohn des Weihnachtsmanns«, erklärte Pekka.
    «Toll!«, sagte der Mann. »Sagt ihm, wir kommen nächstes Jahr wieder.«
    Die Leute im Bus klatschten, und der Mann
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