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Elke versteht das

Titel: Elke versteht das
Autoren: Wolfgang Brenner
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acht. Das würde böses Blut geben. Der Kreativdirektor hasste nur eines mehr als Kreative ohne kreative Impulse:
     Kreative, die zu spät kamen.
    Ihr Rücken zuckte. Schmalenbach streichelte sie. »Wie eine billige Hure kommt man sich vor. So lieblos wie du diese Sache
     absolvierst«, jammerte sie.
    »Lieblos? Ich? Ich bin der selbstloseste Liebhaber der Welt, Elke.«
    Sie fuhr herum. »Meinst du, es ist schön für eine Frau, wenn der Mann den Sex hinter sich bringt wie einen Schnellesswettbewerb?
     Es ist demütigend. Ja, demütigend.«
    Schmalenbach war verzweifelt. »Aber Elke, du hast doch gesagt: ›Mach schnell, beeil dich!‹«
    »Aha, jetzt bin ich auch noch schuld daran, dass du dir nicht mal zum Sex Zeit nimmst?«
    Schmalenbach nahm sie in den Arm. Sie blieb kalt wie ein Fisch. Er musste ihr sehr weh getan haben. Warum war er so gedankenlos
     gewesen? Nur wegen der Stechuhr in ihrem Büro und seiner verdammten Kreativkonferenz? Es gab doch Wichtigeres im Leben.
    Schmalenbach kam sich erbärmlich vor. Ganz erbärmlich. Er streichelte sie und herzte sie. Beinahe wären ihm auch noch die
     Tränen gekommen – wenn er nicht gewusst hätte, dass Elke darauf überhaupt nicht stand.
    »Schwöre, dass du nie wieder so herzlos mit mir umspringst!«
    »Ich schwöre!«, hauchte er. Und – wie die Natur so ist – diese Unterwerfung löste die innere Verkrampfung, die ihn manchmal
     so schlimme Dinge tun ließ. Er spürte plötzlich eine große Wärme und eine große Zärtlichkeit. Er küsste Elke, und sie küsste
     ihn zurück. Und dann bemerkte er, dass er sie schon wieder begehrte. So etwas geschah nicht alle Tage. Elke bemerkte es auch
     und sah es als eine ungeschickte Bitte um Vergebung an. Im Nu fielen sie wieder übereinander her. Das heißt: Sie wollten es,
     und Schmalenbach hatte sich gerade fallen lassen – als Elke ihn von sich wegstieß und aufsprang. »Das kann doch nicht wahr
     sein!«
    »Was ist denn jetzt?!«
    »Viertel nach. Du weißt doch, wie meine Chefin immer guckt, wenn man zu spät kommt.« Im Nu war sie in den Kleidern. »Rufst
     du mir ein Taxi?«
    »Aber wir wollten doch gerade   …«
    »Sei nicht albern, Schmalenbach! Das kann wirklich warten. Oder willst du, dass ich den Kaffee kochen muss?« In Elkes Büro
     musste derjenige, der zu spät kam, zur Strafe den Kaffee kochen.
    »Nein, das will ich natürlich nicht. Nur   …«
    »Dann steh auf und hol mir ein Taxi!«
    Schmalenbach tat es. Es war siebzehn nach acht. Die Kreativkonferenz würde er heute verpassen. Hauptsache, zu Hause war alles
     in Ordnung. »Jetzt ist doch alles in Ordnung, oder?«
    »Quatsch nicht! Hilf mir lieber, ich finde mal wieder meinen Gürtel nicht!«

DIE PUMPS
    »Ich bin ja größer als du«, sagte Elke.
    Unglaublich. Was diese Frau sich herausnahm. »Nur weil du diese hochhackigen Schuhe trägst, kannst du nicht einfach behaupten,
     du wärst größer als ich. Pass bloß auf, dass du nicht umknickst! Dann ist nämlich dein Fußknöchel hin. Oder sogar dein Oberschenkelhalsknochen.
     Bei älteren Menschen ist das eine Sollbruchstelle.«
    Natürlich war das ein bisschen unfair – das mit dem Oberschenkelhalsknochen. Aber ab und zu musste man ihr die Grenzen aufzeigen,
     an die sich auch Liebende im Umgang miteinander halten sollten. Elke schoss manchmal übers Ziel hinaus, aber sie war auch
     lernfähig und reagierte sensibel auf kleinste Fingerzeige.
    »Aber ich bin größer als du«, sagte sie schon wieder. »Siehst du das denn nicht?« Jetzt tat sie auch noch so, als schaute
     sie auf Schmalenbach herab. Nur weil diese neuen Pumps noch höher waren als die alten, in denen sie schon nicht sicher hatte
     gehen können.
    »Elke«, begann er ganz gelassen, »du kannst doch nicht ernsthaft behaupten, du wärst größer als ich. Ich bin ein Mann, du
     bist eine Frau.«
    »Germersheimer ist auch kleiner als seine Geschiedene. Ist er etwa kein Mann?«
    »Elke, das ist jetzt kein gutes Beispiel.«
    »Warum denn nicht?«
    »Weil ich nicht Germersheimer bin, zum Teufel!«
    »Seine Geschiedene lief immer in flachen Tretern herum. Damit man nicht bemerkte, dass sie größer war als Germersheimer. Die
     Ehe ist trotzdem in die Brüche gegangen: Weil Germersheimer es nicht ertrug, dass seine Frau größer war als er – und dazu
     noch Oberstudienrätin.«
    Die Sache drohte nun doch auszuufern. »Elke, Germersheimers Exgattin ist gar keine Oberstudienrätin, aber das ist auch egal.
     Wichtig ist momentan nur eines:
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