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Elke versteht das

Titel: Elke versteht das
Autoren: Wolfgang Brenner
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doch über alles sprechen. Meine Darmmalaisen, meine Migräne, meine Mo…«
    Elkes Blick traf ihn wie ein Gnadenstoß. »In jeder guten Beziehung braucht man ab und zu eine dritte Person, die zuhören kann
     und den Blick von außen hat. Aber du hastniemanden, zu dem du gehen kannst. Das ist die Sorge, die mich quält. Ich habe Angst, dass du an dem, was dich umtreibt, erstickst.«
    Momentan erstickte Schmalenbach höchstens an der Vorstellung, Pfeifenberger schon ganze zwanzig Minuten warten gelassen zu
     haben, den Pfeifenberger, der Manderscheid wegen einer Verspätung von nur fünf Minuten zwei Reifen platt gestochen hatte.
    »…   ja, ich habe Angst, es auszusprechen: Weil du keine guten Freunde, keine netten Kollegen, keine Mutter hast, zu der du mit
     deinen Sorgen gehen könntest.«
    »Warum sollte ich nicht zu meiner Mutter damit gehen können?«
    »Weil deine Mutter sich für nichts anderes interessiert als für deinen verkommenen Bruder aus Offenbach.«
    Da war was dran. Aber das andere – das stimmte nun wirklich nicht. »Ich habe sogar viele Freunde. Ich fange erst gar nicht
     an, sie aufzuzählen.«
    »Alles Leute, die dich bei der erstbesten Gelegenheit verraten und verleugnen. Zu so jemandem geht man doch nicht mit seinen
     Beziehungsproblemen. Oder möchtest du vielleicht mit Germersheimer darüber sprechen, dass du mich im Bett nicht mehr befriedigst?
     Germersheimer hat in seinem ganzen Leben noch keine Frau befriedigt. Das ist doch kein Ratgeber für dich.«
    Nur der Ordnung halber: Seit wann befriedigte er Elke nicht mehr? Und wie kam sie darauf, dass er mit seinen Problemen ausgerechnet
     Germersheimer behelligte? Und was noch wichtiger war: Wie sollte er Pfeifenberger erklären, dass er ihn fast vierundzwanzig
     Stunden hatte warten lassen? Überhaupt Pfeifenberger. Was bildete sich Elkeein, seinen besten Freund derart dreist zu übergehen? »Ich und Pfeifenberger zum Beispiel – wir erzählen uns alles.« Elke
     war erst einmal sprachlos. Dann sagte sie leise: »Das wusste ich nicht. Ich meine, dass ihr redet – ja. Aber dass ihr auch
     über uns redet   …«
    »Kränkt dich das etwa?«, fragte Schmalenbach überrascht und schaute dabei verstohlen auf die Uhr. Verdammt   – Pfeifenberger würde ihm alle vier Reifen platt stechen. Und diesmal war er sogar im Recht.
    »Es überrascht mich nur. Aber ich hätte es mir ja denken können. Dass es da im Hintergrund einen Menschen gibt, zu dem du
     gehst, dem du dein Herz ausschüttest, wenn du mich zum Beispiel nicht mehr richtig befriedigen kannst   …«
    »Elke, ich weiß jetzt nicht, ob das das richtige Beispiel ist.«
    Sie schniefte ein wenig, gestand dann aber ein: »Lass mal! Ich werde schon damit fertig. Ich bin ja schließlich erwachsen.«
    Schmalenbach musste jetzt wirklich los. »Eben. Deshalb wirst du auch Verständnis dafür haben, dass ich etwas in Eile bin.
     Pfeifenberger wartet schon seit einer halben Stunde auf mich.«
    Ihre Augen blitzten angriffslustig. »Aha, da werdet ihr euch wohl wieder einmal aussprechen. Du wirst ihm deine Sorgen beichten   …«
    »Ja, ich glaube, das ist heute fällig.« Geplant waren eigentlich nur ein paar friedliche Biere und die Analyse der politischen
     Wetterlage im Nahen Osten nach den Wahlen in Palästina.
    Elke war schon im Mantel. »Ich finde es ja richtig, dassdu dich mit jemandem darüber aussprichst, welche Probleme wir beide im Bett haben. Aber wenn das ausgerechnet Pfeifenberger
     ist, so ist es mir lieber, ich bin dabei und kann eingreifen, wenn du gewisse Dinge falsch darstellst.«
    So kam es, dass Pfeifenberger an diesem denkwürdigen Abend gerade mit seiner Standpauke wegen Schmalenbachs sträflicher Verspätung
     loslegen wollte, als Elke neben Schmalenbach erschien und die Unterhaltung mit der munteren Aufforderung begann: »So, Jungs,
     dann mal los! Wäre doch ein Wunder, wenn wir Schmalenbachs sexuelle Probleme zu dritt nicht in den Griff bekämen.«

MACH SCHNELL!
    Und es begab sich, dass Elke die Lust überkam. Morgens um halb acht. An einem ganz normalen Arbeitstag. »Komm noch mal ins
     Bett!«, gurrte sie und lüftete die Decke – eine Geste, die in Schmalenbachs alltagsmythologischem Gedächtnis wahre Stürme
     auslöste.
    Die Sache hatte zwei Seiten. Die eine war libidinös und mächtig. Wann kam es schon mal vor, dass Elke sich außerhalb geregelter
     Vollzüge so vehement als Weib offenbarte? Schmalenbach sprach auf unangekündigte Herausforderungen sowieso
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