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Elke im Seewind

Elke im Seewind

Titel: Elke im Seewind
Autoren: Emma Gündel
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nicht am Heck des Schiffes. Sie stehen vom am Bug. Sie wollen sehen, wohin sie fahren. Das weite, glitzernde Strombett, der blaue Himmel mit seinen hohen, grauweißen Wolken, die Segelboote, die auf der weiten Wasserfläche herumflitzen, der große Ozeandampfer, der sie eben überholte — o wie schön ist das alles!.
    Das Schiff ist voll besetzt, und unsere vier Mädel sind nur ein winzig kleiner Teil der vielen Menschen, die sich darauf freuen, in wenigen Stunden am Meer zu sein. Lotti Krause ist ganz „aus der Tüte”, wie man das in Hamburg nennt. Sie weiß kaum wohin mit ihrer freudig erregten Lebendigkeit und klettert an Kästen, eisernen Schiffsteilen und Bündeln armdicker Taue herum, als wenn die eigens zu ihrem Gebrauch vorn in dem Winkel des Schiffsbugs aufgebaut wären. Herr und Frau Schwarz, ein älteres Ehepaar, das auch nach Amrum fährt und es übernommen hat, auf die Mädel ein bißchen mit achtzugeben, muß Lotti immer wieder ermahnen, vorsichtig zu sein. Einmal, als Lotti erneut allzu übermütig ist und in bedrohlicher Nähe der Schiffswand herumklettert, bekommt sie von einer Mutter, die mit zwei kleinen Kindern reist, einen bösen Verweis.

    Katje ärgert sich darüber, daß Lotti sich so auffallend benimmt. Schließlich scheint Lotti aber doch etwas mehr Vernunft anzunehmen, denn sie bereitet sich darauf vor, sich zu sonnen. Sie stellt ihren Koffer und ihren Rucksack hoch, damit Platz wird, daß sie sich auf den Schiffsplanken hinlegen und von der Sonne bescheinen lassen kann. Schon liegt sie da, und die Menschen, die in ihre Nähe kommen, müssen sich in acht nehmen, daß sie sie nicht treten.
    Der auf dem Deck Dienst tuende Matrose wird auf das Mädel aufmerksam. Sein lederbraunes, zerfurchtes Gesicht zieht sieb in noch tiefere Falten. Er fragt: .Ist dir schlecht geworden — jetzt schon?“
    „Schlecht ist mir gar nicht“, erwidert Lotti munter und läßt die dunklen Augen tanzen.
    „Umso besser“, meint der Matrose darauf. „Weiter draußen wird es heute kräftigen Wind geben, und da wird noch mancher seekrank werden. Steh du jetzt auf.“
    Lotti lacht den Matrosen vergnügt an aus ihrem runden, rotwangigen Gesicht mit der hübschen Umrahmung aus dunklem Kraushaar. Sie macht aber keine Anstalten, sich zu erheben.
    „Steh auf — los!“ sagt der Matrose befehlend. „Wer nicht pariert auf dem Schiff, wird vom Kapitän eingesperrt — das weißt du wohl.’
    Die energische Mutter von vorhin benutzt die Gelegenheit, das Mädel der besonderen Aufmerksamkeit des Matrosen anzuempfehlen. Es sei eines von vier alleinreisenden Kindern.
    „Wo sind die andern drei?“ fragt der Seemann, denn er denkt jetzt daran, daß er von Elkes Vater ein gutes Trinkgeld bekommen hat, damit er die Kinder im Auge behalte.
    Lotti hat sich inzwischen erhoben und sich auf einem Bündel von Schiffstauen niedergelassen. Sich brav auf einen Klappstuhl zu setzen, wie die Kameradinnen das getan haben, ist nicht nach ihrem Geschmack.
    Elke fragt den Matrosen, ob jetzt bald Cuxhaven in Sicht komme, aber da lacht der Mann und meint, gar so im Galopp ginge es ja nun doch nicht die Elbe hinunter.
    „Aber da sind doch schon soviel Möwen“, wendet Elke ein und blickt auf mehrere strahlend weiße Vögel, die schon seit einer ganzen Weile neben dem Schiff herfliegen.
    „Gute zwei Stunden sind es noch bis Cuxhaven“, sagt der Matrose,
    Zwei Stunden bloß, denkt Katje und findet, daß die Fahrt viel zu schnell vergeht. Sie ist glücklich, mit einem Schiff zu fahren. Man sitzt da unter dem großen, schönen Himmel, und die bunten Ufer gleiten still an einem vorüber, und man kann so schön träumen, so wunderschön träumen von allem, was man sich wünscht. Katje lebt mit ihrer verwitweten Mutter in der bescheidenen Enge einer Mietskaserne, die wie in ein Meer von Steinklötzen eingebettet liegt, und ihr Herz ist immer voll Sehnsucht nach Weite und nach Grünem.
    Ruth Behne, das stille, fast überbescheidene Mädchen, hat sich für die Dauer der Schiffsfahrt eine Häkelarbeit vorgenommen. Sie häkelt an einem dunkelblauen Wollrock, den eine ihrer kleinen Schwestern bekommen soll.
    Elke gefällt es nicht, daß Ruth so fleißig ist. „Kommt, wir laufen jetzt ein bißchen auf dem Schiff herum“, sagt sie deshalb jetzt. „Die Kommandobrücke, wo der Kapitän drin ist, die Maschine, die Kajüten — das haben wir ja alles noch gar nicht gesehen.“
    „Wir können uns auch Brause kaufen“, meint Lotti zustimmend und turnt
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