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Elfmeter fuer die Liebe

Elfmeter fuer die Liebe

Titel: Elfmeter fuer die Liebe
Autoren: Lex Beiki
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Tor. In der sechsundsiebzigsten Minute, das erste Tor des Matches. Das erste von vielen – denn als wäre der Damm nun gebrochen und der Fluch aufgehoben, fuhr meine Mannschaft zur Höchstleistung auf. Es war egal, ob die anderen foulten und der Schiedsrichter mit dem Pfeifen nicht hinterherkam; wir spielten weiter. „Schöner Fußball trotz widriger Umstände“ hieß es am nächsten Tag in der Zeitung.
    Wir gewannen mit einem unglaublichen aber verdienten Vier zu Null. Teflon kochte. Morgenrot war verzückt. Oliver Brauhaus war völlig aus dem Häuschen vor Ekstase und Morten, der Stoische, verdrückte eine heimliche Freudenträne in der Kabine. Es wurde gehüpft, es wurde gelacht, es wurde darauf geschworen, dass es nur an unseren Bärten lag, die wir uns alle stehen ließen für die Zeit der EM.
    „Nie wieder rasieren!“, rief Sebastian ausgelassen.
    „Nur die Achseln!“, stimmte Leander lachend ein.
    „Und die Beine!“, konnte ich es nicht lassen, auszurufen. Glücklicherweise wurde ich schon nicht mehr gehört, weil Max „We are the Champions“ auf seinem iPhone laufen ließ und alle mit einfielen. Alle, bis auf Cem, der mir mit einem Jubelquiekser in die Arme sprang; aller Kummer der vorigen Tage restlos vergessen.
    „Du warst super“, flüsterte er verträumt. „Das war toll!“
    Er vergrub sein Gesicht in meinem Hals, und was blieb mir anderes übrig, als ihn aus vollem Herzen an mich zu drücken? Meine Freude war zu groß, meine Erleichterung, endlich etwas richtig gemacht zu haben, ließ mi ch schwindelig werden. Wir lachten ausgelassen, und wie lange es her war, dass ich so unbeschwert gelacht hatte, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen. Erst als er den Kopf hob und mich anschaute, als er Luft holte und ich genau wusste, was er sagen wollte, gebot ich dem Ganzen Einhalt. Worte, die jeder an sich gerichtet wissen möchte – nur ich wollte sie nicht von Cem hören, und er wollte sie nicht Evelin sagen. Also legte ich ihm meinen Zeigefinger auf die Lippen.
    „Sag’s nicht“, ermahnte ich sanft. „Heb’s dir auf für“, ich überlegte fieberhaft – für was denn? „Für einen besonderen Moment.“ Vorzugsweise, wenn Tobias wieder Tobias war.
    Er lächelte und drückte mir, zu schnell um mich wegzudrehen, einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Schon drehte er sich wieder zu den anderen um, die uns den Gefallen taten und wegsahen, und fiel in den Refrain ein. Irgend jemand verteilte Schokoriegel.
    Morgenrot steckte seinen Kopf durch die Tür.
    „Tobi, Käppi, Leander und Robin“, rief er in den Tumult hinein. „Ich brauch euch für die PK.“
     
    Es war auf dem Weg zu den Interviews als es mir plötzlich, mit so viel Verspätung, einfiel. Die ganzen letzten Nächte hatte ich wachgelegen und mir keinen Reim auf die Tatsachen machen können; den heutigen Tag hatte ich auf soviel Adrenalin verbracht, dass klares Denken überhaupt nicht erst möglich gewesen war. Erst als wir von der Kabine durch die Katakomben in Richtung Spontanpressekonferenz trabten, fiel mein Blick wie zufällig auf den Schiedsrichter. Er brauchte Teflon, der zwei Meter neben ihm stand, Handy noch in den vor Wut verkrampften Fingern, nicht einmal zuzuzwinkern, so offensichtlich war es: Die Schiedsrichter. Meine Gedanken rasten so schnell, dass ich sie förmlich spüren konnte unter meiner Schädeldecke. Es waren immer dieselben beiden Teams gewesen, die bei den kroatischen Spielen gepfiffen hatten – eines davon war für das Halbfinalmatch aufgestellt gewesen. Mehr brauchte es doch nicht. Es gab keine Verschwörung, die den gesamten europäischen Fußballbund betraf, und die Fäden liefen auch nicht beim DFB-Präsidenten zusammen, wie ich mir in meinen kühnen Träumen schon ausgemalt hatte. Es reichten zwei Schiedsrichter mit ihren Teams, ein Co-Trainer und ein Außenstehender, der eine Wettbürokette sein Eigen nannte – der Rubel rollte, die Taschen füllten sich. Vor allen Dingen, wenn man von Anfang an wusste, wer Europameister würde.
    Und wir hatten ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht.
    Ich hielt Leander an der Schulter zurück: „Ihr müsst die Presse ohne mich schmeißen.“
    „Was?“ Seine Augen weiteten sich ungläubig. „Das kannst du nicht machen! Der Peter rammt dich in den Boden!“
    „Egal, Leander, das ist jetzt total egal. Wo ist Oliver?“
    Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, dass auch Peter Morgenrot in die Sache verwickelt war, doch ausschließen wollte ich in diesem wichtigen
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