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Elfmeter fuer die Liebe

Elfmeter fuer die Liebe

Titel: Elfmeter fuer die Liebe
Autoren: Lex Beiki
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hätte mir ja auch mal viel früher einfallen können! Hoffentlich hatte Evelin nicht in meinem Namen mit ihm Schluss gemacht!
    Kaum begann ich, darüber nachzudenken, hielt ich es schon nicht mehr aus. Das EM Finale war mir da so egal, auch das Ergebnis interessierte mich überhaupt nicht. Ich kriegte immer nur so am Rande mit, wenn’s ein Tor gab.
    Als dann endlich der Schlusspfiff fiel, hielt mich nichts mehr auf meinem Platz. Es war mir gleich , dass ich nicht in meinem eigenen Körper war – irgendwie würde ich das Cem schon erklären können. Aber ich musste jetzt auf der Stelle runter auf den Platz und zu ihm.
    Ich glaube, ich rief seinen Namen, aber das weiß ich schon nicht mehr. Über die Bänke sprang ich jedenfalls, wie so ein total Irrer, die Securitybeamten hatten mich bestimmt schon auf dem Kieker.
    Ja, und dann, dann passierte das Verrückte.
     
    Plötzlich stand ich auf dem Platz. Mitten zwischen weinenden Finnen und meinen jubelnden Mannschaftskollegen. Ich war wieder ich. Ich brauchte ganz schön lange, um mich wieder zurechtzufinden. Erstmal stolperte ich über meine großen Füße.
    Leander sprang auf meinen Rücken und kreischte mir ins Ohr: „Europameister, Tobi! Wir sind’s!“
    Und mir war das egal.
    Ich suchte das Feld nach Cem ab. Der musste ja auch irgendwo sein, es waren doch alle noch auf dem Feld und feierten und warteten auf die Siegerehrung. Da war er. Auf der anderen Seite und winkte den Fans. Trug ein finnisches Trikot, das er mit wem getauscht hatte.
    So groß war mir so ein Fußballfeld noch nie vorgekommen, obwohl ich rannte. Trotzdem, als ich dann mit einemmal vor ihm stand, war ich eigentlich noch nicht soweit. Mir fehlten die Worte, oder die Gesten. Sogar meine Gedanken waren total wirr. Und weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte, nahm ich ihn einfach in den Arm und küsste ihn. Vor allen. Egal. Sollten die uns doch rausschmeißen. Sollten die uns alles an den Kopf werfen, was die sich ausdenken konnten.
    Nur, die warfen gar nicht. Die klatschten. Ich weiß nicht, wer damit anfing, aber irgend jemand begann zu klatschen und dann fielen alle mit ein. Raphael meinte später, es hätte sogar eine La-Ola-Welle gegeben.
    „Tut mir leid, dass ich so lange gebraucht hab“, entschuldigte ich mich. Ich konnte trotz des ganzen Lärms leise sprechen, so dicht standen wir.
    Cem strahlte nur. „Ich liebe dich“, sagte er, einfach so, als wären das nicht die gewichtigsten Worte auf der Welt.
    „Und ich dich erst“, flüsterte ich zurück. Er küsste mich, ganz leicht, so wie nur er das kann. Da konnte ich mich plötzlich auch über die gewonnene Meisterschaft freuen.
     
     

Kapitel 18 – Elfmeter
     
    Ich wu sste nicht, wie mir geschah – in dem einen Moment war ich das Zentrum einer euphorischen Massenumarmung, im nächsten rissen zwei wuchtige Securitybeamte mich hoch und schleiften mich in Richtung Notausgang. Ein mir unbekannter Mann rannte uns hinterher, Currywurst in der einen, Bierbecher in der anderen Hand und rief auf französisch: „Halt! Halt! Lassen Sie sie los!“
    Sie.
    Lassen Sie sie los.
    Ein Blick an mir herunter bestätigte meine Befürchtungen – oder vielleicht meine Erleichterung: Zwar trug ich ein viel zu großes Trikot und eine schlecht sitzende Jeans, aber abgesehen davon war ich unzweifelhaft wieder die alte Evelin Sirup. Ich wusste nicht, ob ich darüber entzückt, verwirrt, verärgert oder schockiert sein sollte; denn die harte Wahrheit war, dass ich gerne Tobias Weizenfeld geblieben wäre. Ich hatte gerade entdeckt, wie schön, wie unbeschwert das Leben sein konnte. Und dann wurde ich ohne Vorwarnung wieder zurück in meine armselige, verquere Schreiberlingsexistenz gezwungen?! Das war zuviel. Wie unfair einen das Leben doch behandeln konnte! Nach der ersten Strafe, mit der ich mich gerade arrangiert hatte, folgte die zweite auf dem Fuße?!
    In dem Eisengriff der beiden Polizisten ließ ich mich einfach fallen. Es war zuviel. Wieder Evelin Sirup. Wieder Schriftstellerin mit Schreibblockade. Und Oliver Brauhaus würde ich auch nie wieder sehen. Ich denke, ich begann zu weinen.
     
    Zwei Tage lang waren die Zeitungen voll von Cem Duygu und Tobias Weizenfeld, sie wurden sogar eine Meme im Internet. Dann ging Greenpeace mal wieder mit irgendeiner Aktion zu weit und plötzlich interessierte sich keiner mehr für schwule Fußballer. Die Nachzügler, die die Chance für ihr eigenes Outing nutzten, beachtete die große Masse schon kaum mehr; sie
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