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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auch nur im Ansatz darüber nachzudenken: Der Elfenzorn verwandelte sich in einen gläsernen Blitz, der ohne den geringsten spürbaren Widerstand durch den Brustpanzer des letzten Schattenelben fuhr und ihn sterbend auf das Deck hinabschleuderte.
    Hinter ihr brach die Hölle los. Der Kampf sollte vorbei sein,nachdem sie die fünf Schattenelben einfach überrannt hatten (es war viel zu leicht gewesen, flüsterte eine Stimme in ihrem Hinterkopf ), aber sie hörte Schreie und schwere, stampfende Schritte und das Klirren von Metall. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Lion mit einem Fauchen herumfuhr und sein Schwert in die Höhe riss.
    Nichts davon zählte. Pia ließ das Schwert fallen, ging langsam in die Knie und ließ Ixchel so vorsichtig auf das Deck hinabsinken, wie sie nur konnte, wobei sie ihren Kopf mit der frei gewordenen Hand stützte. Es war vollkommen sinnlos. In den Augen der uralten Hohepriesterin war kein Leben mehr. Auf ihrem Gesicht war kein Schmerz zu erkennen, und auch der sonderbare Ausdruck von Trauer war verschwunden. Sie sah … friedlich aus, dachte Pia, wie jemand, der sich nach einem unendlich langen und schweren Arbeitstag endlich zur Ruhe begeben hatte und alle Mühsal und Anstrengung vergessen konnte.
    Schreie und die nun ganz eindeutigen Geräusche eines erbitterten Kampfes wurden hinter ihr lauter, aber sie sah nicht einmal hin, sondern legte die flache Hand auf Ixchels Stirn, schloss die Augen und lauschte in sie hinein, suchte verzweifelt nach ihrer Lebensflamme, einem winzigen, letzten Funken, den sie mit ihrer magischen Kraft zu neuer Glut anfachen konnte, irgendetwas .
    Aber da war nichts mehr; allenfalls noch der rasch verblassende Hauch vergessener Erinnerungen, wie der Fußabdruck eines Kindes in schmelzendem Schnee, der rascher verging, als der Blick ihn erfassen konnte, und nichts als ein Gefühl von Leere und einem unendlichen Verlust zurückließ, wobei sie nicht einmal wusste, was sie verloren hatte. Nur dass es unendlich wertvoll gewesen war, kostbarer als alles, was sie jemals besessen hatte.
    Ixchels faltiges Gesicht begann vor ihren Augen zu verschwimmen, als sie sich mit Tränen füllten, und für einen ganz kurzen Moment meinte sie etwas auf schon fast unheimliche Weise Vertrautes in ihrem Gesicht zu erkennen, als hätten ihre Tränen eineBarriere aufgeweicht, die es ihr bisher unmöglich gemacht hatte, sie so zu sehen, wie sie wirklich war.
    Ixchels Gesicht war so alt, wie das eines Menschen nur sein konnte, verbrannt von einem Jahrtausend erbarmungsloser Sonne und von Falten zerfurcht, aber darunter war plötzlich noch etwas vollkommen anderes und Neues; nicht die strengen Züge einer Indianerin, sondern ein weicheres und auf unmöglich in Worte zu fassende Weise vertrautes Antlitz. Und das Unheimlichste überhaupt waren die Augen. Augen, die sie kannte .
    Pia blinzelte, und Ixchels Gesicht wurde wieder zu dem einer tausend Jahre alten Hohepriesterin, die einem ebenso bizarren wie grausamen Gott diente.
    Hinter ihr prallte Stahl klirrend auf Stahl, dann mit einem dumpferen Geräusch auf Fleisch, und sie hörte Lions Stimme schreien: »Prinzessin! Ich könnte die Hilfe Eures Zauberschwertes gebrauchen!«
    Wenn Lion sie um Hilfe bat, dann musste es ernst sein. Trotzdem blieb sie noch eine endlose Sekunde lang reglos sitzen, die Hand auf Ixchels Stirn gepresst, und versuchte mit verzweifelter Gewalt, das Leben in ihren Körper zurückzuzwingen. Tränen liefen über ihr Gesicht, und sie hatte nicht mehr die Kraft, ein krampfhaftes Schluchzen zurückzuhalten.
    Und dann und ohne sich erinnern zu können, sich auch nur bewegt zu haben, stand sie plötzlich neben Lion, und aus der Nässe auf ihrem Gesicht waren Tränen der Wut geworden. Eiranns Zorn schrie in ihrer rechten Hand nach Blut, und aus dem Flüstern dunkler Gier in ihrer Seele wurde ein triumphierendes Kreischen, als die gläserne Klinge die Schulter einer schwarz gepanzerten Gestalt traf und sie fast bis zum Brustbein hinab spaltete, bevor sie sich knirschend in der eisernen Rüstung festfraß.
    Pia versetzte dem zusammenbrechenden Elbenkrieger einen Tritt, der ihn ins Wasser schleuderte und ihr Schwert befreite, versetzte noch aus derselben Bewegung heraus einem zweitenAngreifer einen Stoß, der ihn zurückstolpern ließ, und sprang dann endgültig an Lions Seite.
    Wie es aussah, gerade noch zurecht. Lion wehrte sich mit genau der verbissenen Wut und mit ungeheurer Kraft, die sie von ihm erwartete, aber er stand
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