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Elfenschwestern

Elfenschwestern

Titel: Elfenschwestern
Autoren: Ravensburger
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Lilys freier Hand. „Los“, sagte er atemlos. Und dann drehten sie zu dritt ihre Kreise im gelben Schein der Fackeln. Grays glockenhelles Lachen mischte sich in das rhythmische Kratzen ihrer Kufen. Die Flocken wirbelten aufmunternd um sie herum.
    Es zuckte in Lilys Beinen. Nur einmal, dachte sie und zog sanft an ihren Händen.
    Gray verstand den Wink und ließ sie sofort los, Jolyon zögerte.
    Aber dann war Lily frei. Frei, sich zu drehen, Anlauf zu nehmen, sich um die eigene Achse zu drehen, immer und immer wieder, zu testen, ob ein verletztes Bein allein sie trug. Sie legte den Kopf in den Nacken und dachte: Wenn ich jetzt daheim wäre, könnte ich laufen, ohne anzuhalten.
    Aber über ihr hing der niemals ganz dunkle Himmel Londons, spannte sich nicht die hell funkelnde Milchstraße auf tiefschwarzem Grund zwischen den kahlen Baumkronen am Ufer des Fleeting Jim. Um sich herum hörte sie Stimmengewirr und Weihnachtslieder vom Band anstelle der nächtlichen Stille der Wälder um Pipers Corner. Es ist trotzdem gut, dachte Lily und kehrte zu Gray und Jolyon zurück.
    Gray begrüßte sie mit einem spielerischen Knurren. Er sah zum Anbeißen aus mit seiner Pelzkapuze und den Locken, die darunter hervorspitzten, fand Lily. So sehr, dass sie ihm einen schnellen Kuss auf die kalte Nase geben musste. Jetzt knurrte Gray protestierend. Und spurtete davon.
    Als Lily ihm lachend folgen wollte, streckte Jolyon einen Arm aus und fing sie ein.
    „Warte“, sagte er. Hielt sie fest. Das hatte er ja eigentlich schon zuvor getan, aber anders, nicht so. Nicht so, dass seine Hände plötzlich von ihren Schultern rutschten und sich hinter ihrem Rücken verschränkten, nicht so, dass sie auf ihren Kufen ohne eigenes Zutun noch ein Stück näher an ihn heranrutschte. Und nicht so, dass er auf sie herablächelte, sein Gesicht nur Zentimeter von ihrem entfernt. Sie sah Eiskristalle in seinem dunklen Haar hängen, sie sah die Silberflecken in seinen Augen. Und dann sah sie auf seinen Mund.
    Seine Lippen bewegten sich: „Wie heißt du eigentlich wirklich, Tigermädchen?“
    „Tigerlily“, flüsterte Tigerlily und zwang sich, den Blick wieder zu heben.
    „Tigerlily“, wiederholte er leise. In seinen Augen glomm wieder dieser Funke, der sie so schwach werden ließ. „Wenn das mal kein passender Name ist.“
    „Findest du?“ Sie legte beide Hände flach auf seine Brust. Eigentlich wollte sie sich von ihm wegdrücken, aber ihren Händen gefiel es dort. Lily spreizte die Finger, fühlte den Wollstoff seines Mantels unter ihrer Haut, seine Wärme unter dem Wollstoff und dachte: Was passiert wohl, wenn ich jetzt die Augen schließe?
    Das war der Moment, in dem jemand sagte: „Mr Wilde, was tun Sie mit meiner Tochter?“
    Da stand Kate Fairchild. Ihr erdbeerblondes Haar war reizend zerzaust, sie trug den alten Tweedmantel mit dem runden Fuchskrägelchen, sah aber aus, als könne sie problemlos für eine Fotostrecke der Dezember-Vogue posieren.
    „Mum!“, rief Lily. Fühlte sich ertappt und trat unwillkürlich aus Jolyons Armen.
    Er ließ die Hände sinken. „Professor Fairchild!“, sagte er.
    Lily spürte, wie ihr der Unterkiefer herunterklappte.
    Jolyons Blick huschte von ihr zu Kate und wieder zurück. Er runzelte die Stirn, als versuche er, ein Rätsel zu lösen, dann schaute er ihr in die Augen und Lily beobachtete, wie das letzte Puzzleteil an seinen Platz fiel.
    Jolyon räusperte sich. „Ihre Tochter hatte einen Unfall, Professor. Sie ist gestürzt.“
    In Kates Gesicht veränderte sich etwas. Lily kannte das.
    „Es geht mir gut, Mum“, sagte sie schnell. „Wirklich. Ich bin nur gefallen. Reg dich nicht auf.“
    „Nein.“
    Gray war es, der das sagte.
    Lily drehte sich zu ihm um. „Grayson …“
    Gray stand still mitten auf dem Eis und starrte sie wütend an. „Warum sagt ihr das?“
    „Gray, was denn?“
    „Dass du gefallen bist. Bist du nicht.“
    „Aber …“
    „Du wurdest gestoßen.“
    „Gestoßen. Gray, wer …“
    „Die Glühwürmchen“, sagte Gray fest. „Es waren die Glühwürmchen.“

 
    3
    Why should Titania cross her Oberon?
I do but beg a little changeling boy
To be my henchman. ~ Warum kränkt ihren Oberon Titania?
Ich bitte nur ein kleines Wechselkind
Zum Edelknaben.
    Ratlos sah Lily ihren Bruder an. „Grayson“, fing sie an. Und wusste dann nicht weiter. Sie wandte sich Hilfe suchend ihrer Mutter zu. Und sah, wie Kate und Jolyon einen schnellen Blick tauschten. Einen von der sprechenden
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