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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nicht in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren und in der noch immer ein erbitterter Kampf zu toben schien. In den Rauch über den Dächern mischten sich jetzt immer mehr Flammen, deren Funkenflug vermutlich noch weitere Dächer entzünden würde, und obwohl noch immer nichts zu sehen war, klang der Lärm nicht mehr nach dem eines mittelgroßen Handgemenges, wie sie es vor dem Tor beobachtet hatte, sondern nach einer ausgewachsenen Schlacht.
    »Sie wissen, dass ein komplettes Heer auf dem Weg hierher ist, Comandante ?«, wandte sie sich an Hernandez.
    »Oh, du meinst diese fünfhundert Krieger aus der Hauptstadt, die in Tormans Begleitung gekommen sind?« Hernandez lachte. »Ja, meine Orks freuen sich schon auf sie.«
    »Und Torman sich auf Ihre Orks, vermute ich.«
    »Du solltest ihn und seine beiden Begleiter nicht überschätzen«, antwortete Hernandez. »Es sind Schattenelben und sie sind zweifellos gefährlich. Aber sie sind nur zu dritt. Und sie können nicht überall sein.« Er schwieg einen kurzen Moment, in dem er sie sehr nachdenklich ansah, und fuhr dann in ebenso nachdenklichem, fast schon versöhnlichem Ton fort: »Du hast keine Ahnung, habe ich recht?«
    »Keine Ahnung wovon?«
    »Von alldem hier.« Hernandez machte eine ausholende Geste, die die gesamte Stadt einschloss. »Du glaubt, Torman und seine Männer seien gekommen, um dich in Sicherheit zu bringen.«
    »Sind sie nicht?« In ihrer Stimme war mehr Zweifel zu hören, als ihr lieb war.
    »Du weißt, was Prinzessin Gaylens Rückkehr für dieses Land bedeutet?«, sagte Hernandez. »Und vielleicht für die ganze Welt?«
    »Nicht genau«, gestand Pia.
    Hernandez lachte. »So ganz genau weiß das niemand. Nicht einmal die hohen Herren in Apulo. Aber vielleicht ist das gerade das Fatale, weißt du? Halbwissen und Gerüchte sind der beste Nährboden für Angst. Haben sie dir gesagt, dass du nicht die Erste bist?«
    »Nicht die Erste was?«
    »Die erste Gaylen«, antwortete Hernandez.
    »Vielleicht bin ich ja die Erste, die es wirklich ist«, sagte Pia.
    »Vielleicht aber auch nicht«, sagte Hernandez. »Wer weiß? Es könnte einen Grund haben, dass es so viele Jahrhunderte gedauert hat, bis der Tag der Befreiung gekommen ist. Es gibt Mächte, die die Rückkehr der Elfenprinzessin mehr fürchten als die Orks.«
    Pia verstand nur ganz allmählich, worauf Hernandez eigentlich hinauswollte. Und natürlich glaubte sie ihm kein Wort. Hernandez war Hernandez, und das war im Grunde schon alles, was es zu seiner Glaubwürdigkeit zu sagen gab.
    Aber da war plötzlich auch wieder die Erinnerung an das, was Torman vorhin gesagt hatte. Ich weiß. Sie hatte dem keine Bedeutung zugemessen, so wie sie vielleicht vielen Dingen in letzter Zeit zu wenig oder die falsche Bedeutung zugemessen hatte. Was, wenn Hernandez die Wahrheit sagte und …
    Sie spürte, dass sein Gift seine Wirkung bereits zu entfalten begann, und gestattete sich nicht, den Gedanken auch nur zu Ende zu denken. »Netter Versuch«, sagte sie. »Aber ich werde trotzdem bei der ersten Gelegenheit fliehen.«
    Hernandez lachte. »Jede andere Antwort hätte ich auch nicht geglaubt, Pia. Aber warum sollte ich lügen? Ich habe, was ich wollte. Du bist meine Gefangene, WeißWald stellt kein Hindernis mehr für mein Volk dar, und um die drei Spitzohren kümmern sich die Orks aus Ursa. Sie haben ohnehin noch die eine oder andere offene Rechnung mit ihnen zu begleichen. Also, warum sollte ich dich anlügen?«
    »Weil es ein Charakterzug von Ihnen ist?«, fragte Pia. Das klang sogar in ihren eigenen Ohren lahm.
    »Tormans Befehl lautet zweifellos, dich sicher zur Hauptstadt zu bringen«, erwiderte Hernandez bloß. »Aber bist du wirklich sicher, dass man danach je wieder von dir hören wird?«
    »Quatsch«, antwortete Pia. Ohne die geringste Spur von Überzeugung in der Stimme. Tormans Gesicht erschien in ihren Gedanken, und sie glaubte noch einmal den Blick seiner seelenlosen Augen zu spüren. Sie hatte dem Schattenelben keine Sekunde lang getraut, aber das, was Hernandez da andeutete … wollte sie nicht glauben.
    Sie bogen in eine schmale Straße ab, die zur Hälfte in Flammen stand, und hier sah Pia zum ersten Mal einige Einwohner WeißWalds. Die meisten trugen die bunten Uniformen und Messingharnische der Stadtgarde, aber es waren auch einige Männer und Frauen aus der normalen Bevölkerung unter ihnen, und zu ihrem maßlosen Entsetzen auch zwei oder drei Kinder.
    Und sie waren ausnahmslos
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