Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Schritte noch einmal, obwohl ihre Lungen mittlerweile immer lauter nach Sauerstoff schrien.
    Auch die Treppe stand längst in Flammen. Der Saum ihres Mantels fing Feuer, als sie die letzten drei oder vier Stufen hinaufsprang. Sie schlug sie im Rennen aus, stürmte blindlings durch die erstbeste Tür und fand sich in einem winzigen Zimmer mit nur einem einzigen schmalen Fenster wieder. Hinter ihr begann die Treppe zu ächzen, als ihr der Ork mit gewaltigen Sätzen nachstürmte, und sie wagte zum ersten Mal wieder zu atmen. Selbst hier oben war die Luft bereits heiß und schmeckte nach Rauch, und die Erleichterung, wieder atmen zu können, hielt nicht einmal so lange, wie der Sauerstoff brauchte, um ihre Lungen zu erreichen. Der Ork war keine fünf Schritt hinter ihr (noch während sie diesen Gedanken dachte, verringerte sich ihr Vorsprung vermutlich auf drei), und das Fenster war sogar für sie zu schmal, um sich hindurchzuquetschen, selbst wenn sie den Sprung in die Tiefe gewagt hätte. Zwar gab es Schatten in Hülle und Fülle, aber der Ork musste sie nicht sehen, um sie zu erwischen. Ein einziger Hieb mit seiner gewaltigen Axt reichte aus, um buchstäblich jeden Winkel des Zimmers zu erreichen.
    Pia war mit zwei, drei schnellen Schritten am Fenster und drehte sich genau in dem Moment herum, in dem der grüne Koloss durch die Tür brach.
    Der Ork brüllte triumphierend, und Pia verschmolz mit den Schatten. Das Ungeheuer schrie nur noch lauter, breitete die Arme aus und pflügte durch das Zimmer, und statt nach rechts oder links auszuweichen, womit er garantiert rechnete, ließ sie sich da fallen, wo sie stand, rollte sich zu einem Ball zusammen und versuchte sich gegen den zu erwartenden Anprall zu wappnen.
    Er kam nicht. Die in rostigen Metallschienen steckenden Beine des Ork rasten heran und schienen für einen Sekundenbruchteil die Welt von einem Ende zum anderem auszufüllen, aber sie zermalmten sie nicht. Stattdessen prallte der Koloss über ihr mit ungeheurer Wucht gegen die Wand. Und hindurch.
    Plötzlich wurde es hell. Frische, köstlich kalte Luft hüllte sie ein, und einen Sekundenbruchteil später wehte ein dumpfer Aufprall an ihr Ohr.
    Pia stemmte sich hoch, starrte einen Moment lang auf das gut zwei mal zwei Meter messende Loch, das da in der Wand gähnte, wo gerade noch das Fenster gewesen war, und beugte sich dann behutsam vor, um hindurchzuspähen. Der Ork lag eine Etage tiefer inmitten eines Trümmerhaufens und begann sich genau in diesem Moment schon wieder stöhnend zu regen. Verdammt, waren diese Kerle eigentlich vollkommen unkaputtbar?
    Pia beschloss es herauszufinden, ignorierte ihr immer noch heftig pochendes Knie und sprang hinter ihm her.
    Sie landete mit beiden Füßen auf seinem Rücken und wurde mit dem erwarteten stechenden Schmerz belohnt, aber sie spürte auch voller grimmiger Befriedigung, wie irgendetwas in seinem Körper nachgab und zerbrach, und diesmal war das brüllende Grunzen, das über seine Lippen kam, ganz eindeutig ein Laut der Qual.
    Den Schwung ihrer eigenen Bewegung ausnutzend, rollte sie sich ab und kam wieder auf die Füße. Der Ork versuchte sich hochzustemmen, schrie noch einmal und noch lauter und brach wieder zusammen, und hinter ihr sagte eine ehrlich erstaunt klingende Stimme: »Das war wirklich beeindruckend, Erhabene.«

XXXIV
    P ia stockte der Atem, aber nicht einmal vor Schrecken, den sie eigentlich kaum empfand. Sie war … empört, und sie fühlte nichts anderes als einen unglaublichen Zorn auf das Schicksal. So ungerecht konnte es einfach nicht sein, nicht einmal ihr gegenüber.
    Aber es konnte, und es war.
    Das Erste, was sie sah, als sie sich mit einer erzwungen ruhigen Bewegung herumdrehte, war nicht Hernandez’ Gesicht, sondern ein grün geschupptes Reptiliengrinsen mit sehr vielen Zähnen, das vom Ende eines biegsamen Schlangenhalses auf sie herabstarrte. Hernandez’ nicht minder boshaftes Lächeln befand sich noch einmal ein gutes Stück höher über dem Rücken der riesigen Reitechse.
    »Doch, wirklich«, fuhr er fort. »Es kommt äußerst selten vor, dass ein Mensch einen Zweikampf mit einem Ork überlebt, und noch viel seltener, dass er ihn sogar gewinnt . Tatsächlich«, fügte er nach einer Kunstpause und in übertrieben nachdenklichem Ton hinzu, »ist mir kein einziger Fall bekannt, jedenfalls nicht aus den letzten Jahren.« Er beugte sich vor, verschränkte die Hände auf dem bizarr geformten Sattelknauf und legte den Kopf auf die linke
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher