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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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glaubte.
    Die Phalanx der Krieger teilte sich, um Hernandez passieren zu lassen. Er kam näher, hielt aber in respektvollem Abstand an, und ein halbes Dutzend Orks schloss sich wie eine lebende Mauer um ihn. Tormans Pferd schnaubte und begann unruhig mit den Vorderhufen zu scharren, und Hernandez’ Reitechse stieß ein boshaftes Zischen aus. Der Hass zwischen diesen beiden Tieren musste mindestens ebenso groß sein wie der zwischen ihren Reitern.
    »Schwert Torman«, sagte Hernandez. »Ihr habt tapfer gekämpft. Ich verbeuge mich vor Eurem Mut und Eurer Stärke.«
    Torman sagte nichts dazu, sondern stieg mit einer langsamen Bewegung aus dem Sattel und ergriff sein Schwert mit beiden Händen.
    »Aber nun ist es vorbei«, fuhr Hernandez fort. »Ihr habt viele meiner Krieger erschlagen, und ich weiß, dass Ihr noch mehr von ihnen töten könntet, bis dieser Kampf vorüber ist. Aber ich weiß auch, dass Ihr ihn nicht gewinnen könnt. Und Ihr wisst es auch. Das Blutvergießen muss nicht weitergehen.«
    »Du wärst der Erste, den meine Klinge trifft«, sagte Torman ruhig.
    »Ja, das ist gut möglich«, antwortete Hernandez. »Aber am Ende würdet Ihr auch sterben, Schwert. So weit muss es nicht kommen. Wir haben keinen Streit mit Euch und Euren Brüdern.« Er deutete auf Pia. »Wir wollen nur sie. Liefert sie uns aus und wir lassen Euch gehen. Vielleicht findet sich ja später eine Gelegenheit für uns, unseren persönlichen Zwist zu Ende zu bringen.«
    Wie zur Antwort spreizte Torman leicht die Beine und ergriff sein Schwert fester. Hernandez seufzte tief und schüttelte traurig den Kopf. Er hatte keine andere Reaktion erwartet, begriff Pia.
    »Schade«, sagte er. »Ich hatte es ehrlich gemeint, wisst Ihr?« Er hob die Hand, und ein gutes Dutzend Orks vor und neben ihm begann die Waffen zu heben und vorzurücken.
    Torman spannte sich und hob die Waffe nun in Brusthöhe, während er zugleich den Kopf drehte und Pia ansah. Ein Ausdruck unbestimmter Trauer, aber auch großer Entschlossenheit erschien auf seinem Gesicht. »Es tut mir leid, Erhabene«, sagte er.
    Sie begriff einen Sekundenbruchteil zu spät, was der Schattenelb damit meinte. Sein Bedauern galt nicht dem Umstand, dass es ihm am Ende doch nicht gelungen war, seinen Auftrag zu erfüllen und sie zu beschützen.
    Tormans Klinge verwandelte sich in einen huschenden Schatten, der mit tödlicher Präzision und schnell wie ein Gedanke nach ihrer Kehle stieß, aber so schnell es auch ging, so schrecklich unentrinnbar die Bewegung auch war und so kurz der zeitlose Moment, den sie brauchte, um diesen Gedanken zu denken, begriff sie doch noch mit vollkommener Gewissheit, dass sie jetzt sterben würde; dass dies das Ende ihrer Reise war. Instinktiv bewegte sie sich zurück, aber die Bewegung war geradezu grotesk langsam im Vergleich zu dem tödlichen schwarzen Blitz, der nach ihrer Kehle züngelte, und die Schwertklinge …
    … verfehlte sie.
    Und war dann einfach verschwunden, zusammen mit Torman, dem Pfad, der Gasse, Hernandez und seinen Orks und dem Rest der Welt. Pia taumelte mit hilflos wedelnden Armen durch einen Vorhang unsichtbarer kribbelnder Spinnweben, kippte nach hinten und sah ein Chaos aufblitzender Lichter und tanzender Schatten überall um sich herum, bevor sie mit solcher Gewalt auf den Rücken fiel und mit dem Hinterkopf aufschlug, dass ein Gewitter vollkommen anderer, aus purem Schmerz bestehender Blitze vor ihren Augen aufflammte und sie beinahe das Bewusstsein verloren hätte. Etwas kreischte. Ein Orkan der unterschiedlichsten und allesamt falschen Geräusche schlug über ihr zusammen, und ein beißender Geruch stieg ihr in die Nase, genauso falsch wie die Geräusche, aber trotzdem auf sonderbare Weise vertraut. Das Schmerzgewitter flackerte für einen Moment noch heller und erlosch dann, und irgendwie gelang es ihr, die aufkommende Dunkelheit zurückzudrängen und nicht nur bei Bewusstsein zu bleiben, sondern auch die Augen zu öffnen.
    Etwas Schwarzes und sehr Massives ragte keine zehn Zentimeter vor ihrem Gesicht in die Höhe. Sie hörte das Knacken von heißem Metall und das Kreischen von Reifen, und erst dann identifizierte sie den stechenden Geruch endgültig als den Gestank von heißem Gummi.
    Eine Tür schlug, dann erschienen hektisch rennende Füße und nur einen Sekundenbruchteil später ein schreckensbleiches Gesicht mit weit aufgerissenen Augen in ihrem eingeschränkten Blickfeld.
    »Por Deus!«, keuchte eine atemlose Stimme. »Ist Ihnen
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