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Elfenblick

Elfenblick

Titel: Elfenblick
Autoren: Katrin Lankers
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summen und die Vögel singen. Sie meinte sogar, die Blätter an den Bäumen leise im Wind rauschen zu hören. Tief atmete sie den Duft des Waldes und der Blumen ein, schließlich öffnete sie die Augen und betrachtete das satte Grün des Grases, das warme Braun der Bäume und das funkelnde Blau des Wassers. Sie drückte Erins Hand, und einen Moment lang war sie einfach nur glücklich.
    Dann sah sie sich nach den anderen Elfen um.
    Die Steine vor der Höhle hatten sich bereits wieder zu einer soliden Wand aufgerichtet. Davor standen Alawin, Rikjana, Ondulas und die anderen und gaben ein herrliches Bild ab. Sie alle hatten die Augen geschlossen und die Gesichter der Sonne zugewandt. Ihre Arme hielten sie vor sich ausgestreckt, die Handflächen nach oben, als wollten sie damit die warmen Strahlen auffangen. Mageli lächelte. So hatte sich das Orakel in gewisser Weise tatsächlich erfüllt. Sie hatte die Elfen ins Licht geführt, zumindest ihre sieben Freunde.
    »Mageli!« Ein Schrei riss sie aus ihren Gedanken. Eine kleine Gestalt mit flatterndem schwarzem Rock kam über die Lichtung auf sie zugestürzt.
    »Rosann!« Mageli löste sich von Erin und rannte der Freundin entgegen.
    Sie prallten gegeneinander, schlossen sich in die Arme, versuchten sich gegenseitig hochzuheben und stürzten zu Boden. Dann rollten sie durchs Gras, noch immer ineinander verschlungen, und lachten und schrien und weinten. Alles zur gleichen Zeit. Schließlich blieben sie atemlos nebeneinander liegen.
    »Was machst du denn hier?«, schnaufte Mageli.
    »Ich habe hier auf dich gewartet. Jeden verdammten Tag«, stieß Rosann hervor.
    »Nun, da bin ich.« Mageli grinste.
    »Nach nur einer Woche! Weißt du eigentlich, was für Sorgen ich mir gemacht habe? Bist du eigentlich verrückt geworden? Wo hast du bloß gesteckt?«
    Ein Räuspern ersparte Mageli die Antwort. Mit einigen Metern Sicherheitsabstand hatten sich Erin und die Elfen aufgebaut und betrachteten das Geschehen neugierig. Mageli und Rosann setzten sich auf.
    »Und das sind?«
    »Elfen«, erklärte Mageli überschwänglich. »Na ja, von Erin mal abgesehen.« Sie lächelte ihn verliebt an und er erwiderte ihr Lächeln.
    »Elfen. Na klar.« Auf Rosanns Stirn hatte sich eine steile Falte gebildet. Sie stupste Mageli so fest gegen die Schulter, dass sie wieder rückwärts ins Gras fiel.
    Die lachte. »Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als eure Philosophie sich träumen lässt. Da hat der gute alte Shakespeare nun mal recht gehabt.«
    »Jetzt fängst du auch schon an!« Rosann ließ sich ebenfalls zurückplumpsen und stimmte in das Lachen ein.

»Was wollen wir eigentlich hier?« Den Arm lässig um ihre Schultern gelegt, schlenderte Erin neben Mageli durch die automatischen Türen ins Foyer des Seniorenstifts. Nur ein kurzes Blitzen in seinen Augen verriet seine Unsicherheit. Mageli lächelte geheimnisvoll.
    »Ich möchte dir jemanden vorstellen.«
    Erin hielt sich gut, fand sie. Gemessen an den Umständen. Vor zwei Tagen waren sie in die Menschenwelt zurückgekehrt und erst mal bei Rosann untergekrochen. Ihrer Mutter hatten sie erzählt, dass Erin Magelis neuer Freund war und der Grund dafür, dass sie von zu Hause abgehauen war. Das war ja noch nicht einmal gelogen. Nur eben nicht die ganze Wahrheit.
    Susa hatte jedenfalls genauso reagiert wie erhofft: Ohne mit der Wimper zu zucken, hatte sie das Gästezimmer für Erin hergerichtet und für Mageli eine Matratze in Rosanns Zimmer gelegt. Und außerdem hatte sie versprochen, sie nicht an Linda zu verraten – zumindest nicht innerhalb einer Schonfrist von drei Tagen. Bis morgen. Danach … Na ja, an das, was danach kam, wollte Mageli im Moment lieber nicht denken.
    Mageli griff nach Erins Hand, die auf ihrer Schulter lag, drückte sie und zog ihn zu dem gläsernen Aufzug auf der anderen Seite des Foyers. Übermütig zwinkerte sie dem Pickelgesicht in der Portiersloge zu, das sie mit offenem Mund angaffte. Die Aufzugtüren öffneten sich mit einem piepsenden Signal und Erin zuckte leicht zusammen.
    »Keine Sorge«, beruhigte Mageli ihn leise. »Das Ganze funktioniert so ähnlich wie in der Elfenstadt, nur ohne Magie.«
    »Herein, herein«, ertönte Ingas fröhliche Stimme auf Magelis Klopfen hin. Die alte Dame thronte mit einem seligen Gesichtsausdruck auf ihrem durchgesessenen Sofa und hielt Hof. Die Freunde aus der Elfenwelt hatten sich in dem Zimmer versammelt, und auch Silas hatte sie begleitet, sodass in dem an sich großzügigen
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