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Elfenblick

Elfenblick

Titel: Elfenblick
Autoren: Katrin Lankers
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Raum kaum Platz genug für alle war. Wer keinen Sessel oder Stuhl gefunden hatte, saß auf dem Boden und nippte an Ingas blumenverzierten Kaffeetassen. Das Getränk darin hatte allerdings Rikjana zubereitet, wie Mageli gleich beim Eintreten an dem vertrauten, würzig herben Duft erkannte. Beim Anblick der bekannten Gesichter entspannte Erin sich merklich und Mageli lächelte zufrieden. Es musste wirklich alles eine enorme Umstellung für ihn sein!
    »Schön, dass ihr auch hierhergefunden habt«, begrüßte Inga sie überschwänglich. Resolut schob sie Silas vom Sofa und klopfte neben sich auf das abgewetzte Polster. »Setzt euch, Kinder.«
    Dicht nebeneinander drückten Mageli und Erin sich auf das verbliebene Plätzchen und Mageli stellte Inga ihren Freund offiziell vor. Vermutlich hatte die Isländerin von den anderen Elfen längst alles über Erin und seine wahre Herkunft erfahren, trotzdem wollte Mageli nicht unhöflich wirken.
    »Und du bist also der Menschensohn«, wandte Inga sich direkt an Erin, wie um Magelis Vermutung zu bestätigen. Erin nickte mit einem etwas unglücklichen Ausdruck auf dem Gesicht.
    »Mach dir nichts daraus, dann muss ich mich hier wenigstens nicht so allein fühlen.« Inga lachte fröhlich und entlockte auch Erin damit ein schiefes Lächeln.
    »Hast du denn Magelis beziehungsweise deine Eltern schon kennengelernt?«, fuhr Inga unbekümmert fort. Von höflicher Zurückhaltung hielt sie nicht viel. Erins Lächeln verschwand, auch Mageli fühlte sich unwohl. Das war nicht gerade ihr Lieblingsthema.
    »Noch nicht«, antwortete sie für Erin und wandte sich dann schnell an die anderen Elfen, die überzeugend den Eindruck vermittelten, in ein angeregtes Gespräch vertieft zu sein.
    »Und wie findet ihr es nun hier oben?«
    Sofort drehten sich alle zu ihr um. So angeregt konnte das Gespräch also doch nicht gewesen sein.
    »Furchtbar laut.«
    »Und schnell.«
    »Ja, hektisch.«
    »Geradezu grell.«
    »Verwirrend, sehr verwirrend.«
    Alle redeten durcheinander, nur Alawin schwieg und Silas verdrehte genervt die Augen. Die Elfen waren bei ihm untergekommen – und offensichtlich hörte er ihre Klagen nicht zum ersten Mal. Begütigend strich Rikjana ihm über den Arm und Silas legte seine Hand auf ihre. Die beiden sahen sich überhaupt nicht ähnlich, stellte Mageli erstaunt fest. Einzig ihre außergewöhnliche Augenfarbe ließ keinen Zweifel aufkommen, dass sie Geschwister waren.
    »Du musst zugeben, dass es kein feiner Zug von dir war, uns zu zwingen, mit diesem …« Fragend blickte Rikjana Silas an.
    »Bus«, antwortete er seufzend.
    »… diesem Bus hierherzukommen«, beschwerte sie sich. »Mir ist schlecht geworden.«
    »Oh ja, mir auch«, pflichtete Belena ihr bei. Ihre Augen waren gerötet. Sie schien noch nicht verwunden zu haben, dass sie Meriant in der Elfenstadt und in Ferocius’ Fängen hatte zurücklassen müssen.
    »Genau. Wir hätten einen Helikopter benutzen sollen.« Ondulas betonte begeistert jede Silbe des ungewohnten Wortes. »Das wäre sicher aufregender gewesen.«
    Silas stöhnte. »Lern erst mal, Rolltreppe zu fahren, dann können wir uns über einen Hubschrauberflug unterhalten.«
    Mageli lächelte in sich hinein. Sie hatte wirklich Sorge gehabt, wie sich ihre neuen Freunde in der Welt von heute zurechtfinden würden. Aber alles in allem schien es ihnen gut zu gehen. Zum Glück hatten sie mit Silas einen erfahrenen, wenn auch mürrischen Führer.
    Während die Elfen sich in eine Diskussion über die Vor- und vor allem Nachteile der modernen Technik vertieften, wandte Inga sich wieder an Erin. »Hast du eigentlich schon darüber nachgedacht, was es bedeutet, ein Mensch zu sein?«, fragte sie ihn. »Ich meine, zum Beispiel die Sache mit dem Sterben.«
    Erin schüttelte stumm den Kopf und Mageli seufzte unhörbar. Das war nicht gerade ein Thema, das sich für Small Talk eignete!
    »Nun, dann lass dir von einer alten Frau sagen, dass das für Menschen ein großes Thema ist. Ein unvermeidbares, um genau zu sein. Es ist nun mal so, dass wir Menschen gegenüber den Elfen bei dieser Sache klar im Nachteil sind. Wir altern viel schneller und wir sterben viel früher als sie.«
    Mageli musterte Inga entsetzt. Wohin sollte das führen? Hätte sie Erin bloß nie hierhergebracht!
    »Als ich von eurer Geschichte erfahren habe, musste ich gleich daran denken«, fuhr Inga unbeirrt fort. »Und weil ich es traurig, ja geradezu tragisch finde, wenn eure Liebe ein so frühes Ende nehmen
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