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Elfenblick

Elfenblick

Titel: Elfenblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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schließlich fündig. Auf die Heiratsurkunde von Linda und Jost Meyer folgten die Geburtsurkunden ihrer Kinder: Jost Junior, Theo und Paul – vor zehn, neun und acht Jahren im Abstand von jeweils nur einem Jahr – und schließlich Margarethe-Elisabeth, sechs Jahre früher geboren als der älteste der drei.
    Mageli starrte auf die Urkunde. Am liebsten hätte sie sich selbst geohrfeigt, als ihr bewusst wurde, wie enttäuscht sie war. Was hatte sie denn erwartet? Keine Geburtsurkunde zu finden? Oder einen Stapel Unterlagen über eine Adoption?
    »Huhu, wir sind wieder da!« Die Stimme ihrer Mutter hallte aus dem Flur durchs ganze Haus.
    Shit! Schnell öffnete Mageli die Bügel des Ordners, nahm die Urkunde heraus, die ihren eigenen Namen trug, und schob die beiden Ordner hastig zurück in den Schrank. Auf der Treppe hörte sie das Getrampel von drei Paar Füßen.
    »Ich kann den höheren Turm bauen, wetten?« Das war Paul.
    »Wer will denn blöde Türme bauen? Ich zeige dir mal, was cool ist. Ich bau ein Raumschiff«, tönte Theo.
    Mageli presste den Zettel an ihre Brust und sich selbst gegen die Schlafzimmertür. Locker bleiben! Warum sollten die Jungs ins Schlafzimmer kommen? Aber was war mit ihrer Mutter?
    »Margarethe-Elisabeth!« Die essigsaure Stimme ließ keinen Zweifel: Linda war mittlerweile in der Küche angekommen. Trotz ihrer Lage musste Mageli grinsen. Sie hätte zu gern Lindas Gesicht gesehen, als sie die Mayotube und den leeren Würstchenteller entdeckt hatte.
    »Margarethe-Elisabeth, komm sofort hierher!« Die Stimme ihrer Mutter kam jetzt von unten aus dem Flur. Mageli hielt die Luft an. Als ob man eine Etage tiefer ihr Atmen hören könnte! Dann vernahm sie schnelle Schritte auf der Treppe – nach unten in den Keller. Mageli jubelte innerlich. Klar, Linda ging davon aus, dass sie sich in ihr Zimmer verdrückt hatte.
    Mageli öffnete die Schlafzimmertür einen Spalt. Durch die geöffneten Zimmertüren konnte sie sehen, dass ihre Brüder mit den Rücken zu ihr saßen und mit den Legosteinen beschäftigt waren. Blitzschnell schob sie sich durch den Spalt und eilte auf Zehenspitzen die Treppe herunter. Gut, dass sie die Schuhe vorhin anbehalten hatte. Sie griff nach ihrem Rucksack, der im Flur auf dem Boden lag, und wandte sich der Verbindungstür zur Garage zu. Flucht! Doch ausgerechnet in diesem Moment kam Linda leise fluchend die Kellertreppe wieder hinauf. Mageli stand wie versteinert.
    Bitte, bitte, bitte, übersieh mich einfach!, flehte sie ihre Mutter stumm an – ohne große Hoffnung darauf, dass ihr verzweifelter Wunsch erfüllt wurde. Sie machte sich möglichst klein und wartete ergeben auf Lindas Wutausbruch.
    »Ich wüsste wirklich gerne mal, wo sie nun wieder steckt. Was denkt sich dieses Kind eigentlich immer dabei?«, murmelte Linda vor sich hin. Und ohne Mageli eines Blickes zu würdigen, bog sie in die Küche ab.
    Was war das denn? Mageli konnte ihr Glück kaum fassen. Es schien, als hätte sie ihre Mutter mit ihrem stillen Flehen verhext! Aber das war natürlich Blödsinn. Vermutlich war Linda einfach zu beschäftigt mit ihrem wütenden Gebrummel gewesen, um Mageli zu bemerken. Bevor sie wieder aus der Küche kam und sie doch noch entdeckte, machte sich Mageli lieber aus dem Staub.
    Schnell schlüpfte sie in die Garage, schnappte sich ihr Fahrrad und warf den Rucksack und die Urkunde in den Fahrradkorb. Noch während sie das Rad aus der Garage schob, stieg sie auf und trat kräftig in die Pedale.
    »Jost Meyer Orgelbau« stand in geschwungenen gravierten Buchstaben auf dem Schild neben dem Eingang zur Werkstatt. Natürlich war Jost nicht da. Er hatte einen Auftrag in irgendeiner kleinen Stadt an der Nordsee angenommen und arbeitete dort vermutlich rund um die Uhr. Am Wochenende kommt er nach Hause, dachte Mageli. Zumindest hatte ihr Vater das beim letzten Telefonat fest versprochen.
    Mageli besaß seit einem Jahr einen eigenen Schlüssel zur Werkstatt. Jost wusste, dass sie manchmal einen Ort brauchte, an den sie sich zurückziehen konnte, und dass sie die Atmosphäre in seiner Werkstatt mindestens ebenso liebte wie er selbst.
    Jost Meyer hatte schon vor einigen Jahren eine alte Lagerhalle gekauft, die vorher einem Antiquitätenhändler gehört hatte. Wobei der Begriff »Antiquitätenhändler« eine ziemliche Übertreibung war. Guido Finger fuhr ständig mit seinem alten Transporter herum und klapperte die Gegend nach Wohnungs- und Geschäftsauflösungen ab. Dort nahm er alles mit, was

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