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Elfenblick

Elfenblick

Titel: Elfenblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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wagte Damorian schnell einzuwenden und griff nach seinem Schwert.
    »Oh nein.« Der Meister wiegte den Kopf leicht hin und her. »Wir wollen es ja nicht übertreiben. Ein bisschen Angst soll sie bekommen, mehr nicht. Damit sie die Finger von allem lässt, was sie nichts angeht. Mehr nicht!«

Es war inzwischen dunkel geworden. Vermutlich war es schon nach elf. Mageli trug keine Uhr, und ihr Handy, das ihr normalerweise die Zeit anzeigte, lag zu Hause auf dem Nachttisch.
    Mageli war ein wenig außer Puste. Nachdem sie sich aus ihrem schmalen Zimmerfenster gequetscht hatte und bäuchlings auf dem Rasen gelandet war, hatte sie kurz gelauscht, ob ihre Mutter etwas bemerkt hatte. Dann war sie losgerannt. Das Rad aus der Garage zu holen, traute sie sich nicht; dabei hätte Linda sie sicher gehört und ihrem nächtlichen Ausflug ein sofortiges Ende bereitet.
    Sie war bis zu der Kreuzung im Wald gerannt, wo sie sich mittags von Rosann verabschiedet hatte, und blickte nun in Richtung Oberbachem. Dort, etwa zwei Kilometer entfernt, lag Rosann in ihrem Bett, schlief tief und fest und hatte keine Ahnung, dass Mageli zu Hause abgehauen und auf dem Weg zu ihr war.
    Als Mageli losgelaufen war, war sie einfach nur sauer gewesen – und natürlich hungrig. Zu Rosann zu laufen, war ihr als verlockende Alternative zur Einzelhaft in ihrem Zimmer erschienen. Doch mittlerweile fragte sie sich, ob eine Nacht mit einem Loch im Bauch im weichen Bett nicht angenehmer gewesen wäre als ein langer Marsch durch den dunklen Wald.
    Mageli kannte den Wald gut, sie liebte ihn. Oft verbrachte sie ganze Tage hier, nahm sich ihre Hausaufgaben mit oder ein gutes Buch, ein paar Kekse und etwas zu trinken. Dann ging sie zu ihrer Lieblingslichtung, legte sich ins Gras und vergaß die Zeit. Manchmal kam Rosann mit, und die Freundinnen hockten stundenlang im weichen Moos oder auf den dicken Steinen an dem kleinen Bach, der am Rand der Lichtung entlangfloss, und quatschten. Selbst bei Regen ließ es sich auf der Lichtung gut aushalten, denn es gab eine Höhle, die Schutz bot. Eigentlich war es keine richtige Höhle, sondern nur der Eingang dazu. Die Höhle selbst war mit dicken Steinbrocken verschüttet, aber der Überhang war breit genug, um gemütlich darunterzusitzen.
    Mageli mochte es, stundenlang durch den Wald zu streifen. Dort, wo die Farne bis zu ihren Knien wuchsen, wo beim Gehen kleine Äste unter ihren Füßen knackten und niedrige Büsche ihr die Beine zerkratzten – dort, wo fast niemals ein Mensch hinkam, fühlte sie sich besonders wohl. Bei solchen Touren musste sie allerdings auf Rosanns Gesellschaft verzichten. »Ich bin wohl doch nicht so der Outdoorfreak«, hatte Rosann ihr nach ihrem ersten und einzigen gemeinsamen Ausflug mit schmerzverzerrtem Gesicht erklärt, während sie sich mehrere Mückenstiche an den Beinen blutig kratzte.
    Normalerweise fühlte sich Mageli sogar im dunklen Wald wohl, denn ihre scharfen Augen funktionierten auch in der Dunkelheit hervorragend. Normalerweise. Aber heute war es wirklich sehr finster. Mageli blickte durch das Blätterdach nach oben in den Himmel: Keine Sterne waren zu sehen und auch kein Mond. War es am Abend wolkig geworden, ohne dass sie es bemerkt hatte? Sie schaute wieder nach vorn auf den Weg und kniff die Augen zusammen. Nichts, nichts als graue Schatten.
    Sei kein Angsthase, die Dunkelheit tut dir nichts!
    Aber wohl fühlte sie sich nicht in ihrer Haut. Ganz und gar nicht. Noch einmal holte sie tief Luft und machte sich eilig auf den Weg Richtung Oberbachem.
    Mageli war etwa fünf Minuten gegangen, als sie hinter sich Schritte zu hören glaubte.
    Jetzt drehst du völlig durch!
    Unwahrscheinlich, dass um diese Zeit außer ihr noch jemand im Wald unterwegs war. Sie lauschte angestrengt, während sie ihr Tempo weiter beschleunigte. Doch, da waren Schritte, ganz sicher! Nicht laut, eher vorsichtig, als wollte die Person hinter ihr nicht, dass Mageli sie bemerkte, aber in der Stille des Waldes war jegliches Geräusch nicht zu überhören. Und als Mageli schneller wurde, wurden auch die Schritte hinter ihr schneller.
    Ruhig bleiben! Vielleicht ist es nur so ein bescheuerter Jogger mit Schichtdienst. Oder ein armer Pilzesammler, der sich verirrt hat und nach dem Weg fragen will.
    Mageli versuchte angestrengt, nicht in Panik zu geraten. Aber da war eine zweite Stimme in ihrem Kopf. Und die klang gar nicht beruhigend.
    Vergiss es, du hast dich echt in Schwierigkeiten gebracht. Und jetzt kannst du

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