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Elfenbann

Elfenbann

Titel: Elfenbann
Autoren: Aprilynne Pike
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nahm eine Nachtsichtbrille ab. Chelsea war auch da. Sie stand neben ihm und hatte ein Seil in der Hand. Das musste irgendwie Plan B sein. Die Menschen sahen in ihren feinen Sachen und den unpassenden Utensilien sonderbar aus.
    Yuki schnappte nach Luft, während sie versuchte, sich von einem Metallstuhl zu befreien, der in den Boden geschraubt worden war. Ihre Hände waren mit Handschellen an den Stuhl gefesselt, und das Seil war zur Sicherheit noch einmal um die Lehne gebunden. Es war locker genug,
dass sie sich mit aller Kraft dagegen werfen konnte, jedoch so fest, dass sie sich nicht allzu weit vorbeugen konnte.
    Tamani war fassungslos. »Was habt ihr getan? Sie wird uns umbringen!«, zischte er. Doch David war nicht nach Reden zumute. Er war kreidebleich und starrte Yuki entsetzt an. Tamani hatte den Verdacht, dass er noch nie jemanden gefesselt hatte.
    Doch dies war nicht der richtige Zeitpunkt für Spekulationen. Er warf sich vor die beiden Menschen, bereit für alles, was da kommen konnte.
    Yuki hörte auf zu kämpfen und sah ihn böse an. Sie kniff die Augen gefährlich zusammen, doch dann warf sie den Kopf zurück und brüllte – diesmal nicht vor Wut, sondern vor Schmerz. Und dann starrte sie auf den Boden um den Stuhl.
    Erst jetzt bemerkte Tamani den Kreis aus weißem Pulver. Er ging zwei Schritte darauf zu und bückte sich, um ihn näher zu betrachten.
    »Nicht anfassen«, keuchte Shar von der Tür.
    »Was ist das?«, wisperte Tamani und zog seine Hand zurück.
    Shar bekam kaum Luft – von wo war er hierher gerannt? – und zögerte mit der Antwort. Das machte Tamani noch mehr Angst als die gefangene Winterelfe direkt vor seiner Nase. »Es ist genau das, was du denkst«, flüsterte Shar schließlich.
    Bei näherem Hinsehen erkannte auch Tamani, dass es sich bei den weißen Körnchen um Salz handelte. »Das ist zu einfach«, sagte er leise.

    »Es ist nicht narrensicher und schwer zu beschwören«, erklärte Shar. »Eine Winterelfe muss freiwillig in den Kreis treten, sonst funktioniert es nicht. Wenn es dir nicht gelungen wäre, sie freien Willens hineinzulocken, wären wir schon längst tot.«
    »Lasst mich frei!«, schrie Yuki. Ihr Gesicht war so angespannt, dass ihre Wangenknochen hervorstachen.
    »An deiner Stelle würde ich nicht so viel Krach machen«, sagte Shar mit tödlicher Ruhe. »Ich habe eine Rolle mit Klebeband und werde nicht zögern, es zu benutzen. Aber eins sage ich dir, es tut weh, wenn man es abzieht. Sehr weh.«
    »Wenn die Polizei kommt, wäre das auch egal«, sagte Yuki und holte tief Luft, um weiterzuschreien.
    »Ich bitte dich«, kicherte Shar. Die gute Laune in seiner Stimme erstaunte sie dermaßen, dass sie doch nicht schrie. »Ihr mächtigen Bücklinge unterschätzt doch immer wieder die Kraft des Lockzaubers. Die Polizisten würden gar nicht weiter als bis zur Tür kommen, da kannst du dir die Kehle wund schreien. Mir wäre es einfach lieber, wenn du still wärst, damit ich keine Gedächtniselixiere an alle Bewohner dieses Blocks verschwenden muss. Angst habe ich jedenfalls nicht.«
    Yuki knurrte Shar böse an, doch dann warf sie wieder den Kopf in den Nacken und schrie durch ihre zusammengebissenen Zähne. Schließlich sackte sie zusammen und schluchzte bebend.
    »Warum tut es ihr so weh, Shar?«, fragte Tamani, der seltsamerweise das dringende Bedürfnis hatte, ihren Schmerz zu stillen. »Mach, dass es aufhört!«

    Tamani war mit Schmerzen wohl vertraut; er hatte sein Leben lang gelernt, wie man anderen wehtut, doch noch nie hatte er diese Kenntnisse an anderen Elfen anwenden müssen, und schon gar nicht an einem jungen Mädchen. Er war schockiert, weil er am liebsten zu ihr gelaufen wäre, um sie zu trösten, obwohl er doch genau wusste, dass sie ihn mit einem einzigen Blick töten konnte.
    »Jede Magie, die innerhalb des Kreises angewandt wird, fällt wieder zurück. Sobald sie aufhört, uns anzugreifen«, sagte Shar mit erhobener Stimme, »schlägt auch der Kreis nicht mehr zurück.«
    Yuki warf Shar einen bitterbösen Blick zu, aber sie hatte ihn offenbar verstanden, denn sie hörte auf zu schreien. Tamani war froh darüber. Er drehte sich zu Shar um und schubste ihn an die Wand. »Das ist schwarze Magie, Shar. Das ist bestimmt verboten.«
    »Noch schlimmer«, erwiderte Shar und schaute schnell zur Seite. »Vergessen.«
    Vergessene Magie. Magie aus der Zeit vor der Erinnerung, zu gefährlich, um weitergegeben zu werden.
    »Das hast du von deiner Mutter gelernt,
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