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Elfenbann

Elfenbann

Titel: Elfenbann
Autoren: Aprilynne Pike
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Punschausgabe und hatte ihn noch nicht bemerkt. Er sah sie mit neuen Augen – als das gefährliche Wesen, das sie nun für ihn war. Sie sah so unschuldig aus in ihrem Glitzerkleid. Erst jetzt verstand er das alles. Die große Schleife am Rücken war bestens dazu geeignet, eine Blüte zu verbergen.
    Es kostete ihn all seine Kraft, sie verführerisch anzulächeln, als er auf sie zuging. Sie würde wissen, dass er log. Doch es gab etwas, das sie von Anfang an geglaubt hatte. Er umarmte sie besitzergreifend, schmiegte seine Wange an ihr Gesicht und küsste sie sanft auf Nacken und Ohr. »Kommst du heute Nacht mit zu mir?«, flüsterte er.
    Sie wich mit großen Augen zurück.
    »Es ist unser letzter Abend«, sagte er.
    Sie schwieg so lange, dass Tamani schon einen Schweißtropfen im Nacken spürte, weil sie nicht aufhörte, ihn forschend anzusehen. »Okay«, flüsterte sie.

Sechsunddreißig
    T amani steckte den Schlüssel ins Schloss und wollte aufschließen, als Yuki ihre Hand auf seine legte.
    »Warte, Tam«, sagte sie leise.
    Tamani merkte, wie seine behandschuhten Hände zu zittern begannen, und verdrängte die Vorstellung dessen, was eine Winterelfe ihm antun konnte – erst recht eine, die nicht an die Gesetze und Traditionen von Avalon gebunden war. Dagegen wäre der Tod die reinste Belohnung. Er drehte sich zu ihr um und berührte sie sanft am Arm. »Ist alles okay?«
    Sie nickte zitterig. »Jaja, absolut, ich wollte nur …« Sie zögerte. »Also, ich muss dir etwas sagen.«
    Wollte sie reinen Tisch machen? Was wollte sie ihm gestehen? Sie wusste, dass er ein Elf war. Das stand fest, eine Winterelfe konnte aus weiter Ferne pflanzliches Leben wittern und unter ihre Kontrolle bringen. Wusste sie etwa auch, dass er ein Wächter war? Dass er Laurels Führer, Hüter und Beschützer war? Ahnte sie, wie viel er über sie wusste?
    Tamani lächelte lässig und strich ihr über die Wange. Für Geständnisse war es zu spät. »Komm erst mal mit rein – sonst erfrierst du hier noch.«
    Er spürte förmlich, wie sie sich daran festklammerte,
um die Enthüllung ihres Geheimnisses noch ein wenig herauszögern zu können. Tamani drückte die Türklinke herunter und öffnete die Tür. Was hatte Shar in seiner Wohnung für sie vorgesehen? Würde Yuki noch vor ihrem nächsten Atemzug sterben? Es erschien Tamani wie ein Sakrileg, eine Winterelfe zu töten, selbst wenn sie wild war. Er hatte Vertrauen zu Shar – er vertraute ihm sein Leben an –, aber mit einer so großen Sache waren sie noch nie konfrontiert gewesen, und Tamani schämte sich nicht, dass ihm vor Furcht eisige Schauer über den Rücken liefen.
    Er griff nach dem Lichtschalter und drückte ihn hinunter.
    Nichts geschah.
    »Seltsam«, sagte Tamani ruhig, aber laut genug für Yuki und alle, die eventuell in dem dunklen Raum lauerten. »Komm rein«, sagte Tamani. »Ich knipse die Küchenlampe an, die müsste eigentlich funktionieren.« Er spürte es mehr, als dass er es sah, wie Yuki zögerte, bevor sie über die Schwelle trat. Als würde sie die lauernde Gefahr wittern.
    Tamani tastete sich in die Küche vor und strich mit der Hand an der Wand entlang, um den Lichtschalter zu suchen. Eine warme Hand – eine Menschenhand – lag darauf. Jemand packte ihn an der Schulter und legte eine Hand um sein Ohr. »Sag ihr, sie soll herkommen«, flüsterte David und schob ihn behutsam drei Schritte nach rechts. »Erzähl ihr was von Stromausfall.«
    »Komm hierhin«, rief Tamani. »Anscheinend ist der Strom ausgefallen.« Sie stand immer noch an der Tür, ihr
Umriss war im Schein einer trüben Straßenlaterne zu sehen, die wenig gegen die tiefe Dunkelheit ausrichtete.
    »Ich kann nichts sehen.« Yuki klang merkwürdig, wie ein kleines Mädchen. Eine innere Stimme sagte ihr, dass etwas faul war.
    »Ich fange dich auf, wenn du stolperst«, schnurrte Tamani.
    Zögernd machte sie einige Schritte auf ihn zu.
    »Ich bin hier«, sagte Tamani und David schob ihn noch ein bisschen weiter nach rechts.
    Dann schepperte es und Yuki schrie erschrocken auf. Die Wohnung erwachte zum Leben und David war nicht mehr an Tamanis Seite. Er hörte zwei dumpfe Schläge, zwei kurze Klicks zwei Mal hintereinander und noch mehr Geschrei von Yuki.
    Als die Deckenlampe gleißend hell erstrahlte, zuckte Tamani zusammen und kniff die Augen zusammen, um nicht völlig geblendet zu werden. Blinzelnd betrachtete er das Bild, das sich ihm bot, und suchte Shar.
    Doch Shar war nicht da.
    David war da, er
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