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Elf Zentimeter

Elf Zentimeter

Titel: Elf Zentimeter
Autoren: Stefan Scheiblecker
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passenden Winkel und Rhythmus zu denken. Ich wusste natürlich von verschiedenen Stellungen, auch von außergewöhnlichen wie dem Ritt im Spagat oder der Helikopterstellung. Vermutlich gibt es Männer, die ihre Frauen ganz natürlich in solche Positionen bewegen können. Aber so ein Zauberer würde ich sicher in meinem ganzen Leben nicht werden.
    Nach diesen zermürbenden Erfahrungen war ich sogar überzeugt davon, unter Erektionsproblem zu leiden. Denn als das Thema Größe einmal angesprochen war, wollte es mit Sabine schon gar nicht mehr klappen. Unmerklich war ich in einen Teufelskreis geraten, der wirklich keinem Mann zu wünschen ist.
    Vielleicht war ich ja doch schwul. Zur Sicherheit machte ich ein paar Experimente. Ich achtete beim Masturbieren genau darauf, welche Fantasien mich beflügelten. Ich dachte nur an Frauen. Das fand ich schon einmal gut. Allerdings war ich jetzt so sehr auf die Kontrolle meiner Gedanken bedacht, dass mir nicht einmal das Masturbieren mehr Spaß machte. Daraus schloss ich wiederum, dass sich mein Erektionsproblem weiter verschlimmert hatte.

[home]
    3
    I ch war bereits ein ganzes Jahr mit Sabine zusammen, es war wieder Frühling und wir waren trotz meines Teufelskreises glücklich. Sabine zeigte inzwischen wieder eine Engelsgeduld. Mit Zelt und Rucksack fuhren wir in dieser Zeit ins grüne Kamptal. Wir besichtigten die Rosenburg, ein wirklich schönes Renaissance-Schloss dort in der Gegend, wo wir auch zu Mittag aßen. Sabine entschied sich für ein Hirschsteak und ich nahm die gebratene Entenbrust mit Knödel. Am Nachmittag wanderten wir tief in die Hügel hinein und suchten uns eine hübsche Lichtung zum Übernachten. Zwischen grünen Heidelbeerpölstern entfachte ich ein Lagerfeuer, auf dem wir Suppe kochten. Für alles andere waren wir vom Mittagessen noch zu satt. Dazu tranken wir Schnaps.
    Es gefiel mir, dass ich Sabine mit dem Feuermachen und dem Zeltaufbauen wie immer beeindrucken konnte. Als es finster und kühler wurde, rückten wir am Feuer näher zusammen, erzählten uns Geschichten aus unserer Kindheit und planten unsere Zukunft. Beide wollten wir einmal ganz allein und abgeschieden von der restlichen Welt auf einer Insel, einer Alm oder einem Leuchtturm leben. Ich vermutete, dass solche Fantasien nicht von einer soliden Beziehungsbasis zeugten, aber es war trotzdem sehr schön, sie zu haben.
    Das Feuer brannte nieder, und wir rückten noch näher zusammen, bis wir uns im Zelt verkrochen. Auf einmal funktionierte alles bestens. Ich war kaum nervös und im Umgang mit ihrem Körper hatte ich sowieso längst Erfahrung. Ich zückte das Kondom, das ich zuvor in einer Tasche des Innenzelts griffbereit platziert hatte, und stülpte es erfolgreich über. Sabine sah offenbar, dass es gleich so weit sein würde, und wollte nichts mehr riskieren. Sie ließ mich auf den Rücken legen und setzte sich auf mich. Es wurde nicht die Nacht des Jahrhunderts, aber der Bann war gebrochen und bald wurde es auch richtig schön.
    Ich dachte an diese Zeit zurück, als ich mich jetzt auf die Treppen vor dem Krankenhaus setzte, um die laue Nacht zu genießen und eine zu rauchen. Eine der Schwestern lachte und meinte, die Raucher seien die besten Patienten, weil sie so schnell wieder auf den Beinen seien.
    Es war windstill und der Mond stieg langsam über die ruhigen Baumwipfel. Ich konnte nicht aufhören, an Sabine zu denken. Zwei Jahre waren wir zusammen gewesen. Der Schneeberg war noch immer mein Lieblingsberg, weil wir ihn so oft miteinander bestiegen hatten. Einmal pflückte sie mir dort einen Strauß Alpenkräuter. Ich fürchtete zwar, dass gut die Hälfte davon auf der Liste der bedrohten Pflanzenarten stand, aber ich freute mich trotzdem.
    Seit sie das erste Mal mit mir Schluss gemacht hatte, waren wir ungefähr fünfmal wieder zusammengekommen, und sie machte ebenso oft neuerlich Schluss. Für mich fingen damit meine Männlichkeitsprobleme wieder von vorne an, und zwar in einer noch stärkeren Form.
    Solange mit Sabine alles glattgelaufen war, war ich auch mit mir zufrieden gewesen. Jetzt fühlte ich mich auf einmal noch weniger als Mann als vor unseren ersten Berührungen damals im Garten ihrer Freundin. Mein ganzer Körper schien mir hässlich geworden zu sein, mein Schwanz kam mir auf einmal lächerlich vor, und ich fühlte mich in allem, was ich tat, vollkommen unfähig.
    Ich lief Sabine nach wie ein Hund. Hin und wieder erbarmte sie sich meiner und ging mit mir ins Kino. Wenn sie in
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