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Elf Zentimeter

Elf Zentimeter

Titel: Elf Zentimeter
Autoren: Stefan Scheiblecker
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Marianna?«
    »Herr Doktor!«
    Wieder war ein Kichern dabei. Ich malte mir aus, wie der Nachtdienst im Landesklinikum so aussah. Vielleicht war sie auch wirklich verlegen. Mir tat die Ablenkung jedenfalls gut.
    »So, das wäre geschafft.«
    Als der Ring weg war, floss mein Sperma ab. Ich schämte mich in Grund und Boden. Der Arzt reichte mir ein Tuch, das Marianna sofort bereitgelegt hatte. Es sah aus, als hätten die beiden schon damit gerechnet. Als sich die Farbe meines Schwanzes wieder halbwegs normalisiert hatte, bedankte ich mich.
    »Falls Sie psychologische Betreuung benötigen, kann ich Ihnen einen Kollegen im Krankenhaus Sankt Pölten empfehlen«, sagte der Arzt.
    Auf einmal war er wieder per Sie mit mir.
    Ich verschwendete natürlich keinen Gedanken an psychologische Betreuung. Ich suchte mir lieber eine gute Ausrede, falls zu Hause schon jemand auf den Beinen sein sollte. Also fuhr ich zu einer Tankstelle und kaufte ein paar Dosen Bier.
    »Hallo, Papa«, grüßte ich, als ich heimkam.
    Er saß schon in der Küche.
    »Wo kommst du denn her?«
    »Ich wollte mir nur für heute Abend ein paar Bier holen«, sagte ich.
    »Um halb vier?«
    »Ich konnte nicht schlafen und da bin ich eben gefahren.«
    »Wir haben noch eine ganze Kiste im Keller.«
    »Wirklich? Dann hätte ich mir das wohl sparen können.«

[home]
    2
    N un, bei meinem neuerlichen Aufenthalt im Krankenhaus, machte ich mir Sorgen, dem Arzt oder der Schwester von damals zu begegnen. Außerdem ärgerte ich mich jetzt darüber, dass ich mich nach dem Malheur mit dem Kugellager von meinem damaligen Vorhaben abbringen lassen hatte. Mein Penis war nicht mehr gewachsen, obwohl sich der Körper eines Mannes angeblich bis zum zwanzigsten Lebensjahr entwickelt. Hätte ich die Jelq-Massage seither konsequent und korrekt angewendet, dachte ich, würde ich inzwischen vielleicht zumindest mit dem Gehänge eines frisch verheirateten Inders durch die Gänge des Krankenhauses stapfen.
    Stattdessen hatte meine Unterlänge mein Leben weiterhin beeinflusst, genau wie sie es von Anfang an getan hatte. Denn soweit ich zurückdenken konnte, war ich immer ein dicker Junge mit einem kleinen Schwanz gewesen. Angefangen hatte es nur mit dick, und zwar in den ersten Klassen des Gymnasiums. Ich war damals kein richtiges Schwergewicht, aber doch dick genug, um von den Mädchen in der Klasse dafür gehänselt zu werden.
    Als ich mit zwölf eine Mitschülerin ganz unschuldig ins Kino ausführte, machten sich die Mädchen lustig über sie und unterstellten ihr allerlei schmuddelige Ambitionen mit dem »fetten Stefan«.
    Nach drei Jahren wechselte ich, zum Teil deshalb, die Schule. Doch dort wurde es noch schlimmer. Die Mädchen hatten ein Alter erreicht, in dem sie sich nicht mehr nur für den Bauchumfang ihrer männlichen Klassenkollegen interessierten. Hinter vorgehaltener Hand fragten und tuschelten sie. Wir pubertäre Beinahe-Männer wussten vom Sportunterricht zwangsläufig wechselseitig über unsere Penisgrößen Bescheid. Als Neuer hatte ich besonders wenig Anspruch auf Schonung. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis das erste Mädchen in dramatisch überspitzter Form von meinem Handicap erfuhr. Nur Stunden später wusste es die ganze Schule. Von da an war ich »der fette Stefan mit dem kleinen Schwanz«.
    Zum Teil war ich selber schuld. Ein kleiner Schwanz sieht unter einem großen Bauch nun einmal noch mickriger aus. Obwohl ich auch traurig über so viel Bösartigkeit war, zog ich meine Lehren daraus. Nachdem ich die Schule abgebrochen und in einem Möbelhaus zu arbeiten begonnen hatte, beschloss ich abzunehmen. Ich trieb regelmäßig Sport, verordnete mir eine strenge Diät und wurde zusehends schlanker und selbstbewusster.
    All das tat ich vor allem für Sabine, mit der ich schon im Sandkasten gespielt hatte und die auch mit mir ins Gymnasium gegangen war. In sie war ich schon lange unsterblich verliebt. Während der Geburtstagsparty einer ihrer Freundinnen saßen wir dann plötzlich nebeneinander im abendlich dunklen Garten und sie berührte scheu meine Hand.
    Von da an ging zuerst alles automatisch. Unsere Blicke suchten einander. Ihre Lippen fanden die meinen. Lang lagen wir im feuchten Gras. Ich erforschte mit allen Sinnen die Details ihres Gesichts, den Duft ihrer Haare und probierte, wie sich ihre Schultern, ihr Hals und ihre Brüste anfühlten. Die Stelle zwischen ihren Beinen ließ ich damals noch aus. Für all den Rest nahm ich mir so viel Zeit, dass ich tags
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