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Elefantengedaechtnis

Elefantengedaechtnis

Titel: Elefantengedaechtnis
Autoren: António Lobo Antunes
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Eça de Queiroz.

Sigrid Löffler
Nachwort
    Habent sua fata libelli. Bücher haben ihre Schicksale – erst recht, wenn es sich um Werke ausländischer Autoren handelt. Schwer nachvollziehbar sind die Entscheidungen der Verlage, ein bestimmtes Buch eines fremdsprachigen Autors einzukaufen und übersetzen zu lassen, oft erst Jahre nach dem Erscheinen der Originalausgabe. Die ursprüngliche Reihenfolge der Entstehung der Werke scheint da ganz unmaßgeblich. Selten wird auf die originalen Erscheinungsdaten geachtet, sodaß die Werk-Chronologie meist völlig durcheinander geht; oft werden Werke aus späteren Schaffensperioden zuerst übersetzt  – und ziehen erst dann, falls sie vom Publikum gut aufgenommen werden, die Übersetzungen auch ihrer Vorgänger-Romane nach sich. Bei Titel-Auswahl, Erscheinungszeitpunkt und Reihenfolge der Werke eines Autors herrscht im Übersetzungsgeschäft oft reine Willkür.
    Das deutschsprachige Publikum, aber auch der deutschsprachige Kritiker, steht dann vor Einzelteilen eines Werkes, deren Genesis und Reihenfolge sich ihm nicht erschließen, die nicht zueinander passen, die einander nicht erklären und sich nicht chronologisch in die Werkbiographie eines Autors einfügen lassen – alles nur Text, aber kein Kontext, nirgendwo. Schaffensperioden, Entwicklungen, thematische Schwerpunkte sind nicht erkennbar, lassen sich jedenfalls an der erratischen Übersetzungspolitik nicht ablesen. Die Umrisse des
Œuvres sind nicht einmal erahnbar. Was einen Schriftsteller umtreibt, warum er was wann und in welcher Reihenfolge geschrieben hat – all das muß rätselhaft bleiben, sofern man die Sprache des Autors nicht beherrscht, die Werke im Original nicht lesen und daher nicht nachvollziehen kann, wie sie ursprünglich aufeinander folgen.
    Auch dem Portugiesen António Lobo Antunes ist es bei seiner deutschsprachigen Leserschaft zunächst nicht anders ergangen. Sein zweiter Roman, »Der Judaskuß« (1979), der ihn in Portugal schlagartig berühmt machte, erschien in Deutschland als sein erstes Werk, allerdings mit achtjähriger Verspätung – nämlich erst 1987. Zu diesem Zeitpunkt hatte Lobo Antunes in Lissabon längst vier weitere Romane vollendet und veröffentlicht, die das deutschsprachige Publikum aber nicht kennen konnte – ganz abgesehen von seinem Debütroman, von dem bestenfalls der Titel gerüchtweise bekannt war, »Memoria de Elefante«. Woher dieser Autor kam, welche biographischen und politischen Umstände ihn zum Schreiben motiviert hatten, wohin er sich als Erzähler entwickelte, vielmehr: inzwischen längst entwickelt hatte – all dies mußte der deutschsprachigen Leserschaft vorerst verborgen bleiben.
    Die Leser konnten auch nicht wissen, daß dieser Autor in Romanzyklen arbeitete, in Trilogien und Tetralogien. Am Anfang seines Werks stand eine autobiographische Roman-Trilogie  – mit dem »Judaskuß« im Zentrum –, und darauf folgte eine Tetralogie – vier Romane zum Thema Portugal. Erst recht konnten deutschsprachige Leser nicht ahnen, daß Lobo Antunes zu diesem Zeitpunkt bereits eine zweite Trilogie in Angriff genommen hatte – drei Romane, die in Benfica spielen, dem Lissaboner Villenviertel, in dem er aufgewachsen ist.

    Diese willkürliche und nicht nachvollziehbare Erscheinungspolitik änderte sich erst vor einem knappen Jahrzehnt. 1996 nahm der Luchterhand Verlag das Werk von António Lobo Antunes in seine Obhut, und ab da wurde schlagartig alles anders. Der Verlag setzte seinen Ehrgeiz darein, der deutschsprachigen Leserschaft das gesamte Romanwerk dieses Weltautors zugänglich zu machen – immerhin inzwischen sechzehn Romane. So wurden ab 1996 nicht nur die jeweils neuesten Romane von Lobo Antunes umgehend ins Deutsche übersetzt, angefangen mit der so genannten »Tetralogie der Macht« – jenem Roman-Quartett, das auf die »Benfica-Trilogie« gefolgt war und in dem er sich die alten Eliten Portugals vornahm, die weißen Kolonialherren in Afrika und die Machthaber im Mutterland; parallel dazu wurden auch die vielen chronologischen Lücken im Frühwerk Buch für Buch aufgefüllt, sodaß deutschsprachige Leser heute das gesamte Œuvre von Lobo Antunes überblicken können. Der allererste Roman folgte zuletzt: 25 Jahre nach dem Erscheinen von »Memoria de Elefante« in Lissabon konnte man Lobo Antunes’ Erstlingsroman »Elefantengedächtnis« schließlich auch auf Deutsch lesen.
    Jetzt läßt sich endlich erkennen, woher diese eigenwillige
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