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Eismord

Eismord

Titel: Eismord
Autoren: Giles Blunt
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arbeiten konnte, doch ihr gefiel’s.
    Ihre Heldin sollte im Prinzip zu den Guten gehören – das heißt, immer den Schwächeren helfen und dafür sorgen, dass die Bösen ihre gerechte Strafe bekamen. Andererseits sollte sie sich nicht von kleinlichen Verhaltensregeln einengen lassen. An diesem Wochenende hatte sie Bilder von Loreena gezeichnet, auf denen sie Sachen mitgehen ließ. Sie ermittelte gegen einen reichen Industriellen, der unter dem Verdacht stand, das Trinkwasser für mehrere Reservate zu vergiften, und während sie in einer seiner prächtigen Villen herumschnüffelte, steckte sie mehrere Wertgegenstände ein. Sam gefiel der Gedanke, dass Loreena so wenig Moral kannte wie Pootkin, war sich allerdings nicht ganz sicher, ob sie das mit ihrer Hilfe für die Schwachen in Einklang bringen konnte. Sie liebte Pootkin, allerdings nicht, weil die Katze irgendwelche Anzeichen von Altruismus an den Tag gelegt hätte.
    Randall wachte auf und nahm seine Armbanduhr vom Nachttisch. »Himmel, ich muss los. Angeblich bin ich bei Troy und sehe das Spiel an. Den größten Teil hab ich tatsächlich gesehen.«
    »Du solltest dich erkundigen, wie es ausgegangen ist, bevor du nach Hause kommst.«
    »Ruf ich auf dem Handy ab. Nicht, dass Laura sich dafür interessieren würde.«
    Sie zogen sich an, und Randall faltete die blaue Decke zusammen. In der Eingangsdiele schlüpften sie in ihre Stiefel und Mäntel. Randall knipste das Licht aus. Er sprach so leise, als fürchtete er, es stünden draußen Leute und horchten an der Tür. »Lass mir zwei Minuten Vorsprung, ja?«
    »Ist gut.«
    »Und schließ die Tür richtig ab. Das Schloss scheint irgendwie kaputt zu sein – in dem Haus klemmt es an allen Ecken und Enden.«
    Er gab ihr einen kurzen Abschiedskuss, sagte, er könne es bis zum nächsten Mal kaum abwarten, und war verschwunden. Ein Schwall kalte Luft, der Geruch nach nassen Kiefern. Das Geräusch, als er den Gang einlegte. Es sollte nicht so weh tun, sagte sie sich. Du bist ein großes Mädchen. Theoretisch. Allerdings keine Loreena mit Katzenherz, so viel stand fest. Durch das Türfenster schaute sie seinen Rücklichtern nach, bis sie zwischen den Bäumen verschwanden. Es war eine lange Fahrt in die Stadt zurück und von dort aus weiter ins Reservat; sie ging besser noch mal aufs Klo, bevor sie sich auf die Socken machte. Sie wischte die Stiefelsohlen auf der Fußmatte ab, bis sie sicher war, auf dem Holzboden keine Wasserspuren zu hinterlassen.
    Als sie aus dem Bad kam, hörte sie einen Schlüssel in der Eingangstür. Die Stimme eines Mannes. Nicht Randall. Stapfende, schwere Schuhe und andere Stimmen, die antworteten.
    Sam trat ins Schlafzimmer. Falls das die Eigentümer sind, überlegte sie, oder sogar ein anderer Makler, der dieses Haus Interessenten zeigt, bin ich am Arsch; Randall auch. Doch die Eigentümer konnten noch nicht wieder zurück sein, und wieso sollte ein Makler jemandem so spät am Abend eine Immobilie zeigen? Das ergab keinen Sinn. Die Klospülung lief noch, und sie hoffte inständig, dass sie verstummte.
    Stimmen und Schritte im Haus. Licht in der Diele.
    Sam legte sich auf den Boden und rollte sich unters Bett. Kein seriöser Mensch, dachte sie unwillkürlich, bringt sich in so eine Lage.
    Einige Minuten lang war es still, dann wurde die Stimme des Mannes lauter, und die Schritte kamen in ihre Richtung. Dumpfes Tappen von Leuten auf Socken. Hieß das etwa, dass sie bleiben würden?
    Die Stimme des Mannes aus dem Flur. »Hat ein hübsches Badezimmer. Kein Luxus, aber hier zahlt man vor allem für die Lage. Die Ruhe.«
    Im Schlafzimmer ging das Licht an, und Sam hielt die Luft an.
    »Das Elternschlafzimmer hat eine anständige Größe. Offensichtlich für ein großes Doppelbett ausgelegt. Reichlich Einbauschränke. Die Farbe wird man vielleicht ändern.«
    Das Geräusch von Schiebetüren.
    Die Stimme einer Frau mit irgendeinem Akzent. »Wann, sagen Sie, wurde es gebaut?«
    »Anfang der Sechziger.«
    »So neu. Sieht älter aus, der Stil.«
    Die Schiebetüren gingen zu.
    »Es hat Charme«, sagte der Mann aus größerer Nähe. »Kein Haus von der Stange.« Er durchquerte das Zimmer, Gardinen wurden zurückgezogen. »Der Garten grenzt direkt an den See, im Winter fahren Sie Schneemobil, im Sommer Kanu, Wasserski, oder was Sie so mögen. Der Blick ist das Einzigartige an diesem Haus. Sie müssen es sich unbedingt noch mal bei Tageslicht ansehen, direkt am Wasser, an der Spitze der Landzunge –
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