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Eismord

Eismord

Titel: Eismord
Autoren: Giles Blunt
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konnte sie weder treffen noch zu Fuß mit ihr Schritt halten. Logisch wäre jetzt für ihn, in diesen Wagen zu steigen, den sie im Schatten der Einfahrt gesehen hatte, und wie der Terminator hinter ihr herzujagen. Immerhin hatte sie ihm voraus, dass sie die Island Road mit ihren teils üblen Serpentinen kannte, und außerdem konnte er nicht wissen, ob sie Richtung Stadt oder weiter nach Norden fuhr.
    Ein entgegenkommendes Fahrzeug hupte laut und blinkte. Sie machte die Scheinwerfer an und drückte weiter aufs Gaspedal, so dass der Honda in den Kurven ins Schleudern geriet. Im Rückspiegel war bislang noch nichts, auch wenn man natürlich immer nur bis zur letzten Kurve sehen konnte. Vor ihr lag rechts die Chinook Tavern und dahinter der Highway. Für einen Donnerstagabend war der Parkplatz der Chinook ziemlich voll besetzt. Draußen standen einige Leute herum und beugten sich über ihre Zigaretten. Ein Kerl wollte gerade mit seiner Harley auf die Straße einbiegen – keine Chance. Sie raste vorbei und ignorierte das Halteschild an der Kreuzung. Er brüllte ihr seine Wut hinterher.
    Dann endlich in der Ferne die breite, gerade Straße und die Lichter der Stadt. Sie tastete noch einmal in ihren Taschen nach ihrem Handy. Eindeutig nicht da. Sie musste es bei dem Sprung verloren haben. Der Mond schien auf die weiße Fläche des Trout Lake, die Straße selbst lag im tiefen Schatten der Bäume und der Berge. Das Tempolimit betrug achtzig Kilometer, doch ihr Tacho zeigte hundertzwanzig an. Schneller ging es bei den Kurven nicht. Natürlich war das hier eine richtige Radarfalle. Die Cops kontrollierten diesen Streckenabschnitt mit Vorliebe, um Betrunkene zu kassieren, die vom Chinook aus in Schlangenlinien in die Stadt zurückfuhren.
    Das Lenkrad war blutverklebt. Ihr tat das Knie weh, und zwar so, dass es nicht so schnell wieder aufhören würde. Das Blut hatte ihre Jeans fast bis zum Saum hinunter getränkt. Musste vermutlich genäht werden. Du hast mehr als ein Problem am Hals, sagte sie, und wenn du eine Idee hast, wie du da wieder herauskommst, lass hören – und zwar, bevor unser Mörder beschließt, Jagd auf dich zu machen.

[home]
    2
    A ls Sam nach Hause kam, parkte sie den Wagen in der Garage und sah sich den Schaden am Heck an. Das linke Blinklicht war zersplittert, und im Kofferraum gab es ein Einschussloch. Sieben, acht Zentimeter höher, und ihr Gehirn wäre quer über die Windschutzscheibe gespritzt.
    Sie ging ins Haus und zog sich im Dunkeln Mantel und Stiefel aus. Ihre Mutter ließ nachts immer die Schlafzimmertür geöffnet. Sam musste leise die Diele durchqueren, um ins Bad zu kommen. Das rechte Bein ihrer Jeans war unterhalb der Schnittwunde im Knie steif vom Blut. Sie öffnete den Wandschrank über dem Waschbecken und fand ein Fläschchen Tylenol mit Codein, das von einer Zahnextraktion übrig geblieben war. Sie ließ zwei Tabletten auf die hohle Hand fallen und schluckte sie mit Wasser aus dem Hahn.
    Ihre linke Hand hatte einen tiefen, fünf Zentimeter langen Schnitt am Ballen. Die Wunde blutete nicht mehr besonders stark. Im Schrank neben der Toilette fand sie Mull und Heftpflaster sowie einen alten Waschlappen und Franzbranntwein. Ihre Oberschenkel zitterten heftig, als sie in die Badewanne stieg. Sie schlüpfte halb aus der Jeans und setzte sich auf den Wannenrand.
    Sie atmete ein paar Mal tief ein und aus, hielt die Luft an und löste die Jeans von der Wunde am Knie. Die Tränen brannten ihr in den Augen, und sie schluchzte, auch wenn es ihr gelang, keinen Laut von sich zu geben. Sie zog die Jeans ganz herunter und rollte sie auf. Aus dem Knie quoll Blut. Sie ließ Wasser darüber laufen und sah zu, wie es rot bis rosa in den Ausguss lief. Sie wusch sich den klaffenden Schnitt mit Seife und Wasser aus und tupfte ihn anschließend mit dem alten Waschlappen trocken. Der Alkohol war kalt und brannte, doch es fühlte sich sauber an.
    Die Wunde im Knie musste genäht werden, aber das war nicht möglich. Wenn sie zur Notaufnahme fuhr, war eine Erklärung fällig, und es war durchaus möglich, dass sie dort jemandem begegnete, der angeschossen war oder der geschossen hatte.
    Sie trocknete sich die Füße ab, kehrte zum Wäscheschrank zurück und wühlte so lange darin herum, bis sie eine Packung Kotex-Binden fand, die ihre Mutter vor ein paar Jahren gekauft hatte, ohne die medizinischen Gründe dafür mit ihren Kindern zu erörtern. Sam klebte sich eine davon mit Pflaster fest aufs Knie.
    Es war
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