Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eiskaltes Herz

Eiskaltes Herz

Titel: Eiskaltes Herz
Autoren: Ulrike Rylance
Vom Netzwerk:
dran, unsere Gargoyles spielen heute Abend im Kasseturm. Ich darf doch ein bisschen Werbung machen, Frau Herz, oder?« Sie lächelte unsere Schulleiterin an. Die lächelte zurück. Natürlich durfte sie das. Vanessa durfte alles.
    Leander war vorn bei der Band und baute mit auf. Ich winkte ihm zu und er winkte zurück. Dieses kleine Winken erleichterte mich unendlich. Ich bildete mir wahrscheinlich nur eine Menge blödes Zeug ein. Nachher würde ich mich rechts vorn neben die Bühne stellen, da hatten wir uns gut im Blick und hinterher würden wir bestimmt noch mit der ganzen Band den Auftritt feiern.
    »Meinst du wirklich, das geht so?« Tine riss mich aus meinen Gedanken. Sie betrachtete sich unglücklich in einem der großen Spiegel im Vorraum des Kasseturms. »Ich sehe bescheuert aus, sei ehrlich.«
    »Unsinn. Wieso denn?«
    »Dieses Shirt hängt an mir wie ein Kissenbezug. Ich hätte was Engeres anziehen sollen!«
    Ich biss mir auf die Lippe. Ihre kurzen blonden Haare sahen cool aus, ihre kleine Stupsnase mit den Sommersprossen wirkte niedlich, aber das rot-weiß geringelte Top … So ganz unrecht hatte sie nicht.
    Tine bemerkte meine Reaktion natürlich. »Du hast gegrinst, ich habe es gesehen. Scheiße Mann, jetzt ist es zu spät, noch mal nach Hause zu gehen!«
    »Gregor wird dich auch so bemerken.«
    »Meinst du?« Sie war schon lange in Gregor verknallt, aber er schien völlig immun gegenüber ihren Gefühlen zu sein.
    Moritz und Sarah kamen hinzu. »Was hast du denn da Komisches an?«, fragte Sarah und betrachtete erstaunt Tines Oberteil.
    Die brach fast in Tränen aus. »Mist, ich wusste es. Sarah, hast du noch was anderes zum Anziehen mit?«
    In den Tiefen von Sarahs Umhängetasche fanden sich tatsächlich noch ein paar Klamotten, da sie ununterbrochen neue Anziehsachen von zu Hause holte, um sie in die gemeinsame Wohnung mit Moritz zu schaffen. Erleichtert verschwand Tine mit ihr auf der Toilette.
    Ich schnappte vor der Tür noch ein bisschen Luft und wollte gerade wieder reingehen, als Gregor herauskam, um eine zu rauchen.
    Ich wagte einen Vorstoß. »Tine hat mich vorhin gefragt, ob ich jemanden weiß, der noch Karten für Wacken hat«, log ich. Tine würde mir verzeihen. Sie würde Gregor nach Wacken, zum Zahnarzt oder sonst wohin begleiten, wenn er sie nur darum bitten würde.
    »Hm, mal gucken«, brummte Gregor nur. Er blies Rauch aus. »Mann, hoffentlich wird das heute was, so wenig, wie wir in der letzten Zeit geprobt haben.«
    »Wieso?«
    »Wieso? Na, du bist gut. Wegen deinem tollen Freund. Dauernd konnte er nicht.«
    »Er hat gerade viel Stress«, krächzte ich, auch wenn ich nicht wusste, wo in diesem Moment die Worte herkamen.
    »Na ja. Whatever.« Gregor trat seine Zigarette aus und schickte sich an, wieder hineinzugehen.
    »Gregor, warte.«
    Er drehte sich um.
    »War Leander denn an dem Tag bei der Probe, als er den Unfall hatte?« Ich bemühte mich um einen gleichgültigen Tonfall, dabei zerriss es mich fast.
    »Nee. Nur gestern und am Freitag. Das meine ich doch. Vielleicht hält er sich ja für perfekt, aber wir sind trotzdem aufeinander angewiesen. Kannst du ihm ruhig bei Gelegenheit mal sagen.« Er verschwand im Klub.
    Ich schluckte und schluckte, bis mein Mund ganz trocken war. Das würde sich alles aufklären. Das würde sich alles aufklären. Das würde …
    »Lena? Hier steckst du also. Alleine, gut.« Leander stand plötzlich vor mir, er sah sich nervös um.
    »Gregor hat gerade gesagt, dass du gar nicht bei den Bandproben warst«, platzte ich heraus. »Was …«
    »Lena, wir müssen reden. Komm mal mit.« Er zog mich ein Stück vom Eingang weg, hinter eine Säule, denn jetzt kamen die ersten Gäste. Er holte tief Luft und sah mich bekümmert an. »Lena, das mit uns …«
    »Nein«, ging ich dazwischen. Tränen schossen mir in die Augen, ich ahnte, was kommen würde. Ort meiner Demütigung würde der von Kippen übersäteVorplatz des Kasseturms sein, einziger Zeuge der rauchende Bachmeier aus der Elften. »Nein!«
    »… war doch in letzter Zeit eh nicht mehr so gewaltig, das hast du doch selbst gemerkt. Ich meine, ich mag dich total, du bist ein prima Kumpel, wir haben viel Spaß miteinander, aber …«
    »Nein«, sagte ich jetzt wieder, so laut, dass der dicke Bachmeier interessiert zu uns sah. »Ist es wegen ihr? Warst du die ganze Zeit bei ihr?« Ich brachte Vanessas Namen nicht über die Lippen.
    Er nickte wieder, so beschissen geduldig und bekümmert. »Tut mir total leid,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher