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Eiskalte Versuche

Eiskalte Versuche

Titel: Eiskalte Versuche
Autoren: McCall Dinah
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fragte Jack. David sah nervös zu Jasper herüber, der den letzten Hebel am Tresorschloss umlegte.
    Dann richtete er den Blick ins Leere und blinzelte.
    „Glauben Sie an Gott?“
    „Ja, aber was hat das mit meiner Frage zu tun? Warum …“
    David wandte sich ihm zu. Sein Gesichtsausdruck war ernst und nach innen gekehrt.
    „Samuel war für die Theorie zuständig. Als wir die Klone schufen, dachten wir, wir hätten alles beachtet … aber wir hatten nicht damit gerechnet, dass sie eine andere Seele haben würden als die Originale. Begreifen Sie jetzt? Wenn Sie an Gott glauben … dann glauben Sie auch, dass nach dem Tod die Seele oder der Geist, wie immer Sie es nennen wollen … in den Himmel aufsteigt oder zur Hölle fährt. Richtig?“
    „Richtig“, sagte Jack.
    „Nun weiter. Fast jedes Mal, wenn wir mit einem neuen Projekt begannen, haben wir die DNA von Menschen verwendet, die gestorben waren. Der Geist hatte den Körper bereits verlassen. Die Babys waren vollkommene Kopien – außer in einer Hinsicht: Das gewisse Etwas, das den DNA-Spendern ihre Größe verliehen hatte, fehlte.“
    Jack stieß hörbar die Luft aus, als hätte er einen Schlag in die Magengrube erhalten. Diese Geschichte würde ihm sein Direktor niemals abkaufen – wenn er überhaupt die Gelegenheit erhielt, sie ihm zu erzählen, und nicht vorher umkam. Dann fiel ihm auf, wie David sich ausgedrückt hatte.
    „Sie sagten ‚fast jedes Mal‘. Das ist nicht gleichbedeutend mit ‚immer‘.“
    David nickte. „Ich sagte bereits, dass Sie ein kluger Kopf sind. Und Sie haben Recht. Es gab zwanzig Versuche, davon schlugen neunzehn fehl. Von der letzten Selbstzerstörung haben wir heute erfahren.“
    Jack runzelte die Stirn. „Heute? Wer …?“ Dann begriff er. „John Running Horse?“
    David widersprach nicht. „Wen zum Teufel haben Sie in seinem Fall geklont?“ setzte Jack nach.
    „Wir hatten keine Ahnung, dass bei manchen Implantaten alte Erinnerungen wiederkehren würden“, sagte David. „Das geschah nicht bei allen Klonen. John war die Ausnahme. Gut, dass er sich die meiste Zeit im Reservat aufhielt. Sonst wäre die Hölle losgebrochen.“
    Jack runzelte die Stirn. Er ging im Geist alles durch, was John Running Horse gesagt hatte, als er ihm begegnet war. Memphis. Gitarre. Singen. Plötzlich fiel sein Kinn nach unten.
    „Allmächtiger Gott! Sie haben doch nicht …?“
    David zuckte mit den Achseln.
    „Wie sind Sie an die DNA herangekommen?“
    Wieder hob David die Schultern. „Um diese Dinge hat sich immer Samuel gekümmert. Ich vermute, er bezahlte Mitarbeiter von Beerdigungsinstituten. Normalerweise lief die Beschaffung ziemlich reibungslos.“
    Jack fuhr sich mit den Fingern durch das Haar. Die Geschichte war unglaublich.
    „Was zum Teufel wollten Sie und Ihre Kollegen erreichen? Dass in John Running Horse der König des Rock ’n’ Roll wieder aufersteht? Haben Sie nie an die Gefühle der Angehörigen gedacht?“
    „Für uns zählt nur das wissenschaftliche Ergebnis.“
    Jack spürte, dass er nahe daran war, die Fassung zu verlieren. Was diese Männer durch ihr Tun heraufbeschworen hatten, wäre Stoff für einen Horrorfilm gewesen.
    „Sind Sie ihm nie begegnet?“ fragte er. „Haben Sie die Qualen nicht gesehen, die er litt? Mein Gott, Mann! Ich habe ihn nur einmal getroffen, aber ich konnte sein Leid fühlen.“
    Davids Kinn zitterte. Zweifel waren ihm nicht fremd. Er hatte sie oft gehabt. Wäre er nicht so feige gewesen, hätte er schon vor Jahren für ein Ende der Experimente gesorgt, bevor diese vielen Menschen dadurch zerstört wurden.
    „Ein Klon überlebte vollkommen gesund“, murmelte er, weniger als Erklärung an Jack gerichtet, sondern um seine Schuldgefühle zu beschwichtigen.
    „Ein Erfolg unter zwanzig, das ist ein verdammt schlechtes Ergebnis“, sagte Jack. „Wissen Sie, wo die betreffende Person heute lebt?“
    „Oh ja“, sagte David. „Das weiß ich. Ich habe geholfen, das kleine Mädchen großzuziehen.“
    Jacks Nackenhaut kribbelte plötzlich. Er folgte Davids Blick zu Isabella.
    „Um Himmels willen … doch nicht …“
    „Samuel konnte keine Kinder zeugen. Das war der größte Kummer seiner Frau und das Kreuz, das er zu tragen hatte. Isabella wollte die erste Testperson sein, aber Samuel war dagegen. Sie bat, bettelte und schrie, bis er schließlich einwilligte.“
    David wirkte plötzlich eingefallen. Zum ersten Mal, seit Jack ihn kannte, waren ihm die achtundsiebzig Jahre deutlich
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