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Eins, zwei, drei und du bist frei

Eins, zwei, drei und du bist frei

Titel: Eins, zwei, drei und du bist frei
Autoren: Janet Evanovich
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mit sich, daß ich jetzt beim Fahren immer noch über die ellenlange, taubenblaue Motorhaube des Buicks hinwegsehen mußte. Blieb bloß die Frage, mit welchen gräßlichen Schandtaten ich so ein Auto verdient hatte.
    Eine Windböe rüttelte an dem Ladenschild von Fiorellis Feinkostgeschäft neben Vinnies Büro. Ich schlug den Kragen hoch und suchte in meiner Tasche nach Handschuhen.
    »Wenigstens ist der Buick fahrtüchtig«, sagte ich zu Lula. »Das ist doch das wichtigste, oder?«
    »Hnh«, entgegnete Lula. »So was sagen nur Leute, die keinen anständigen Wagen fahren. Was ist mit dem Radio? Taugt das Scheißding was? Hat es Dolby?«
    »Es hat kein Dolby.«
    »Moment mal«, sagte sie. »Du erwartest doch wohl nicht, daß ich in ein Auto ohne Dolby einsteige. Ich brauche heiße Musik. Ich muß mich in Stimmung bringen, um andere Leute hochzunehmen.«
    Ich schloß die Wagentür auf. »Wir nehmen keine Leute hoch. Wir wollen uns nur mit Onkel Mo unterhalten.«
    »Klar«, sagte Lula, ließ sich auf dem Beifahrersitz nieder und warf einen angewiderten Blick auf das Radio. »Ich weiß Bescheid.«
    Ich fuhr bis zur nächsten Querstraße die Hamilton runter und bog nach links in die Rose Street, die nach Burg führte. Die Gegend hatte im Januar wenig Erfreuliches zu bieten. Die blinkenden Lichterketten und roten Plastiknikoläuse waren weggepackt, und der Frühling war noch reine Zukunftsmusik. Die Hortensienbüsche waren zu nackten, braunen Sträuchern abgemagert, der Rasen durch den Bodenfrost jeder Farbe beraubt und die Straßen wie leergefegt, keine Kinder, keine Katzen, keine autowaschenden Männer und keine plärrenden Radios. Fenster und Türen waren fest verriegelt und verrammelt gegen Kälte und Trübsinn.
    Sogar bei Onkel Mo wirkte alles kahl und abweisend, als ich mit dem Wagen vor seinem Haus anhielt.
    Lula schaute argwöhnisch zum Laden hinüber. »Ich will dir ja nicht die Radieschen verhageln«, sagte sie, »aber ich habe den starken Eindruck, daß das Arschloch geschlossen hat.«
    Ich stellte den Wagen am Straßenrand ab. »Unmöglich. Onkel Mo hat nie geschlossen. Onkel Mo hat seit seiner Eröffnung neunzehnhundertachtundfünfzig nicht einen Tag geschlossen gehabt.«
    »Dann mach dich auf was gefaßt. Ich gehe jede Wette ein, daß er heute geschlossen hat.«
    Ich entstieg Big Blue, ging zu Mos Tür und sah durch die Scheibe. Es brannte kein Licht, und von Onkel Mo keine Spur. Ich probierte die Klinke, abgeschlossen. Ich klopfte laut und vernehmlich an der Tür. Nichts. Scheiße.
    »Muß wohl krank sein«, sagte Lula.
    Der Süßwarenladen befand sich in einer Straßenecke. Seitlich grenzte der Laden an die King Street, aber der Eingang ging zur Ferris Street raus. Die Ferris Street entlang zog sich eine Reihe gepflegter Zweifamilienhäuser, die bis ins Zentrum von Burg reichte. Die King Street dagegen machte schlimme Zeiten durch; die meisten Zweifamilienhäuser waren in mehrere kleine Wohnungen unterteilt worden. Die sauberen weißen Gardinen und gestärkten Martha-Washington-Vorhänge, die man aus Burg kannte, bekam man in der King Street nicht zu Gesicht. Privatsphäre garantierten einem hier gespannte Bettücher und zerschlissene Rollos und das unangenehme Gefühl, daß es sich hier nicht mehr um ein begehrtes Wohnviertel handelte.
    »Nebenan sieht uns eine gruselige alte Dame vom Fenster aus zu«, sagte Lula.
    Ich schaute zum Nachbarhaus in der Ferris Street hinüber und erschauderte. »Das ist Mrs. Steeger. Sie war meine Lehrerin in der dritten Klasse.«
    »War bestimmt lustig.«
    »Mein längstes Schuljahr.«
    Bis heute bekam ich Krämpfe bei Rechenaufgaben mit schriftlicher Division.
    »Wir können sie ja mal fragen«, sagte ich zu Lula.
    »Ja«, sagte Lula. »Diese neugierigen alten Frauen wissen doch immer über alles Bescheid.«
    Ich hängte mir meine Handtasche um, und Lula und ich marschierten zielstrebig auf das Haus zu und klopften an Mrs. Steegers Tür.
    Die Haustür wurde nur einen Spaltbreit geöffnet, aber es reichte, um zu erkennen, daß sich Mrs. Steeger im Laufe der Jahre kaum verändert hatte. Sie war immer noch spindeldürr, mit verkniffenem Gesicht und flinken Äuglein, die unter den mit einem Stift nachgezogenen Brauen auf der Lauer lagen. Letztes Jahr war sie Witwe geworden, das Jahr zuvor in Rente gegangen. Sie trug ein braunes Kleid mit weißem Blümchenmuster, dicke Strümpfe und solides Schuhwerk. Das Haar war in winzige Locken gelegt und braungetönt. Sie wirkte nicht wie
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