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Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Titel: Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)
Autoren: Josef H. Reichholf
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Welle wie Flocken von dichtem Schaum auf dem Luftweg zurückflutet. So sieht das Geschehen aus einiger Entfernung aus. Näher gekommen, lässt sich mehr erkennen. Die vorderen Flamingos senken die Schnäbel ins Wasser. Nicht allzu tief, oft nur ein paar Zentimeter; gerade so weit, dass die Augen über Wasser bleiben. Der Unterschnabel bewegt sich intensiv. Die Zunge pumpt. Die Beine werden zwischendurch auffällig weit aus dem Wasser gezogen, so dass ihr Rot noch kräftiger leuchtet. Es sieht so aus als ob das Wasser den Vögeln zu heiß wäre. Tatsächlich ist es sehr heiß. Über 50 Grad maß ich nahe der Quellen, wo es als kleiner Bach zum See hinabläuft. Nur langsam kühlt es auf die knapp 30 Grad des Seewassers ab.
    Die Flamingos bewegen sich gegen den Gradienten der Wärme. Sie dringen so weit wie möglich in die über 40 Grad heißen Zonen ein. Dort ist offenbar die Dichte der Spirulina- Blaualgen am höchsten. Die heiße Suppe ist die beste Suppe, die ergiebigste! Vielleicht gibt es dort auch besonders viele der kleinen Rädertierchen der Gattung Brachionus . Mit ihnen ergänzen die Zwergflamingos ihre Blaualgendiät zu Zeiten, wenn diese nicht so reichlich vorhanden sind. Die Zwergflamingos suchen nicht wie ihre großen Vettern am Grund der flachen Gewässer nach Nahrung, sondern oberflächennah. Ihr Schnabel enthält Luftkammern, die Auftrieb geben, so dass er nicht zu schwer wird beim längeren Durchschnattern des Wassers. Die Kammern bilden zudem einen Hitzeschutz, wenn das Wasser sehr heiß ist. Mit dieser andersartigen Technik und ihrer Spezialisierung auf besonders kleine Nahrung unterscheiden sich die Zwerg- von den Rosaflamingos. Beide Arten können so direkt nebeneinander nach Nahrung suchen, ohne sich Konkurrenz zu machen. Die größere Art bevorzugt Salinenkrebschen und die Futtersuche in Bodennähe oder auf dem Schlamm. Dazu passt die »Filtergröße« ihrer Schnäbel. Die kleinere Art lebt von den winzigen Spirulina - und Oscillatoria -»Algen«, die sie mit viel feineren Filtern aus dem Wasser holt. Die Schnabelränder weisen nur Eingänge oder »Poren« von weniger als einem Millimeter Größe auf. Die inneren Filter der feinen Haare lassen allein das Wasser hindurch, denn sie sind nur 0,01 mal 0,05 Millimeter »groß«. Bei so speziellen Ansprüchen ist es klar, dass Zwergflamingos nur unter ganz besonderen Lebensbedingungen vorkommen.
    Die flachen, alkalischen Gewässer müssen die richtige Salzkonzentration erreichen, dann entwickeln sich die Cyanobakterien zu jener hohen Dichte, die für die Ernährung dieser Flamingos nötig ist. Und nur wenn die verfügbare Nahrung die Deckung des Grundbedarfs, der rund 60 Gramm pro Vogel und Tag in Anspruch nimmt, übersteigt, können die Zwergflamingos Proteinvorräte im Körper anlegen, die groß genug für eine erfolgreiche Brut sind. Bei der oftmals beträchtlichen Fluktuation der Witterung, insbesondere der Niederschläge, stellen sich so günstige Verhältnisse längst nicht jedes Jahr ein. Es kann mehrere Jahre dauern, bis alles passt. Dann wird das Finden eines Brutplatzes entscheidend. Am besten eignen sich, wie schon ausgeführt, die weiten Salzpfannen, auf denen sich der Horizont verliert. Zu diesen fliegen sie aus Entfernungen von hunderten bis über tausend Kilometern. Und sie gelangen mitunter zu Orten, an denen sie nicht erwartet oder vermutet werden. Brutplätze der afrikanischen Zwergflamingos wurden deshalb erst 1954 entdeckt. Der Nakurusee, ihr wichtigster See, gibt ihnen zwar in vielen Jahren reichlich Nahrung. Zum Brüten ist er aber nicht so recht geeignet. Mit ihren besonderen Ansprüchen zeigen die Massen der Zwergflamingos im Großen, was in kleinerem Maßstab auch für die rund ums Mittelmeer vorkommenden Rosaflamingos gilt: Nahrungsreiche Lagunen gibt es nur an sehr wenigen Stellen, geeignete Brutplätze sind ganz außerordentlich rar. Es waren die Menschen, die mit der Anlage großer Salinen dauerhaft geeignete Nahrungs- und Brutplätze für Flamingos geschaffen haben – in unserer Zeit.

Das Rot der Flamingos
    Benu hieß, wie schon ausgeführt, der Flammenvogel bei den Alten Ägyptern. Die Griechen übernahmen diesen Namen nicht. Sie gaben ihm einen eigenen: Phoenix. Linné verwendete diese Bezeichnung, um in Verbindung mit dem griechischen Wort für Flügel ( pteros ) die Gattung der Flamingos mit Phoenicopterus zu bezeichnen. Auch weitere Gattungen, die später von Wissenschaftlern festgelegt wurden, enthalten das
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