Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einfach losfahren

Einfach losfahren

Titel: Einfach losfahren
Autoren: Fabio Volo
Vom Netzwerk:
allen am glücklichsten aus, als würde auch er sich als Opa fühlen, und ein bisschen war er das ja auch.
    Als Letzte kamen Francescas Eltern und ihre Schwester mit Sohn Davide, und auch sie waren glücklich. Davide ist ein wirklich netter und aufgeweckter Dreijähriger. Vor ein paar Monaten waren Francesca und ich bei ihren Eltern zum Mittagessen eingeladen, und Roberta mit Ehemann und dem kleinen Davide waren auch da. Francescas Eltern gehören zu denen, die nie verstehen werden, warum wir nicht heiraten oder wenigstens zusammenziehen, weshalb sie mir nicht sonderlich zugetan sind, denn sie glauben wohl, dass das meine Idee und Francesca nur darauf eingegangen sei, weil sie in mich verliebt und mir hörig sei. Ich nehm’s locker.
    Nach dem Essen ging ich ins Nebenzimmer, um mit Davide zu spielen. Als wir irgendwann auf Jesus zu sprechen kamen, musste ich lachen. Er schaute aufs Kruzifix und fragte mich, wieso Jesus dort am Kreuz hänge. Ich erklärte ihm, dass er jedes Jahr zu Weihnachten geboren werde und jedes Jahr an Ostern sterbe.
    »Dann ist Ostern schon vorbei?«
    »Nein, bis dahin sind es noch ein paar Monate.«
    »Ist das dann der Jesus vom letzten Jahr?«
    Ich wusste nicht, was ich antworten sollte.
    Zum Glück hat er meine Antwort nicht abgewartet, sondern gleich hinzugefügt: »Den von diesem Jahr sollen sie aber nicht umbringen.«
    Als er jetzt mit Mutter und Großeltern hereinkam, um Francesca und Alice zu besuchen, begrüßte er mich und fragte gleich anschließend, ob ich mit ihm spielen würde.
    Aber ich konnte gerade nicht.
    Ich ging kurz hinaus, um etwas aus dem Auto zu holen. Ich setzte mich auf die Gartenbank vor dem Krankenhaus. Die Bank war noch ein bisschen nass, obwohl jetzt schön die Sonne schien. In der Luft lag der Geruch von Bäumen und Gras nach einem Regen. Zum ersten Mal hatte ich beim Gedanken an Alice ein Bild von ihr im Gedächtnis. Ich dachte an meine Mutter.
    Abends war ich ein bisschen zu Hause, aber ich konnte nicht schlafen und verließ die Wohnung.
    Im Auto fuhr ich ziellos durch die Gegend und hörte meine Lieblingslieder. Wenn ich vor einer Ampel stand, hätte ich am liebsten den Leuten neben mir erzählt, dass ich jetzt eine Tochter hatte.
    Bei einem machte ich das auch. Ich kurbelte das Fenster herunter und brüllte: »Ich hab gerade eine Tochter bekommen, ich bin Papa!«
    Der junge Mann schaute mich etwas ungläubig an und sagte: »Dann lass lieber mal das Kiffen sein.«

Ein phantastisches Abenteuer
    Ich hatte mal eine Nierenkolik. Angeblich ist das der zweitschlimmste Schmerz, nach einer Geburt. Soweit ich weiß, hat Francesca bei der Geburt weniger gelitten als ich damals. Irgendwann wollte ich nur noch sterben. Bei ihr gab es keinerlei Komplikationen, und heraus kam Alice, während ich, trotz aller Anstrengungen und Schmerzen, nur ein mickeriges Steinchen hervorbrachte. Ob ich je mit einer Frau mithalten kann?
    Nach durchlittener Kolik lebte ich einfach weiter wie vorher, während Francesca keine Zeit mehr für sich selbst hat, seit Alice da ist. Besonders am Anfang existierte sie weder als Mensch noch als Frau mehr. Sie war nur Mutter. Sie musste sich völlig aufgeben. Ihr ganzes Leben drehte sich um Alice. Auch für mich gab es Veränderungen, aber nichts im Vergleich damit. Am Anfang stillte sie Alice etwa alle drei Stunden. Eine erschöpfte Frau. Sie lief mit diesen riesigen Brüsten, die stets bereit waren, Milch zu geben, durchs Haus wie eine indische Göttin. Nach den ersten anderthalb Monaten bekam Alice die Brust nur noch etwa alle fünf Stunden. Und nachts wurde sie auch nicht mehr gestillt, glaube ich zumindest… ich kann mich nicht mehr erinnern. Vielleicht auch erst ab dem zweiten Monat… hm. Francesca bekam wieder ein bisschen Schlaf. Ich versuchte mich, so gut es ging, nützlich zu machen. Einkaufen, kochen, spülen, wickeln, das Baby in Schlaf wiegen, Bäuerchen machen, Püpschen machen. Ich drückte ihre Beinchen drei, vier Mal gegen die Brust, als würde ich eine Kanone oder so was laden, und dann machte es tatsächlich Rumms.
    Manchmal hatte Alice aber Koliken und weinte. Wir konnten sie einfach nicht beruhigen, bis wir eines Tages herausfanden, dass sie nach ein paar Kilometern im Auto einschlief. Unzählige Male sind wir abends oder sogar nachts ziellos durch die Stadt gefahren. Das war schon was anderes als unsere gewohnten nächtlichen Spaziergänge, aber es gefiel uns trotzdem. Ein Grund, die Stadt auf ungewohnte Weise zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher