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Einfach losfahren

Einfach losfahren

Titel: Einfach losfahren
Autoren: Fabio Volo
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das Licht sehe, das sie ausstrahlt.
    Es gab einen Tag im siebten Schwangerschaftsmonat, als wir uns liebten und ich ihr Gesicht plötzlich ganz anders sah. Sie erschien mir wie ein Kind. Sie sprühte. Wie das Meer.
    Wenn ich daran denke, dass der Körper einer Frau ein anderes menschliches Wesen zu schaffen vermag, komme ich mir unendlich klein vor. Sie isst, und ihr Körper erschafft einen Menschen, wie ein Laboratorium. Wie heißt dieses Wunder noch mal? Ah… Frauen. Gibt es etwas Schönes auf der Welt, das nicht bereits im Blick einer Frau enthalten wäre? Und wie eigenartig, mit einer schwangeren Frau zu schlafen. Abgesehen von den riesigen Brüsten, die aussehen, als ob sie platzen wollten, ist das Ungewohnteste dieser harte Bauch zwischen unseren Körpern. Ich hatte immer Angst, sie zu zerquetschen, meine beiden Frauen. Ganz behutsam schlief ich mit Francesca. Wenn sie oben war, konnte ich sie in all ihrem Glanz betrachten. Welch ein Anblick! Obwohl, am liebsten schliefen wir auf der Seite liegend miteinander, und ich schlang von hinten die Arme um sie. In diesen Augenblicken habe ich ihrer Halsbeuge die geheimsten Dinge anvertraut. Ich hielt sie in den Armen, meine Hand auf ihrem Bauch. Manchmal spürte ich, wie Alice sich bewegte. In den ersten Monaten, als der Bauch sich abzuzeichnen begann, brachten wir es kaum über uns, uns zu lieben. Fast so, als täten wir etwas Heiligem Gewalt an. Dann aber packte uns eine unbändige Lust, und alles war noch intensiver als vorher. Die Haut lächelte bei jeder kleinen Berührung.
    Ich kenne Leute, die schon in ihrer Jugend davon geträumt haben, zu heiraten und Kinder zu bekommen. Francesca und ich, wir sind nicht verheiratet, und bis vor wenigen Jahren hätte ich nie daran gedacht, diesen Schritt zu tun; es wäre mir fremd vorgekommen, unpassend. Doch in letzter Zeit hat sich mein Leben radikal verändert. Es hat eine neue Richtung genommen. Ich habe mich verändert. Ich habe fast nichts mehr mit dem Menschen gemein, der ich bis vor wenigen Jahren war. Würde ich mir heute begegnen, wir würden uns wohl kaum anfreunden. Vielleicht fände ich mich nicht mal sympathisch.
    Francesca liegt jetzt nebenan. Ich bin bei der Geburt nicht dabei. »Auch das Warten kann schön sein, wenn man auf einen geliebten Menschen wartet«, habe ich ihr zugeflüstert, als ich den Kreißsaal verließ. Doch eigentlich bin ich nur kurz weggegangen, weil ich etwas aufschreiben muss.

Gieß bitte die Alpenveilchen
    Ich heiße Michele, bin fünfunddreißig Jahre alt und kann gar nicht genau sagen, was für eine Art Arbeit ich mache. Vor ungefähr einem Jahr habe ich ein Buch geschrieben, das zwar kein Erfolg wurde, aber auch nicht schlecht lief und mir immerhin einen Vertrag über ein zweites einbrachte. Bevor ich das Buch schrieb, habe ich als Journalist in der Redaktion einer Wochenzeitschrift gearbeitet. Dort bin ich zwar nicht mehr fest, schreibe aber noch immer ab und zu einen Artikel, vor allem Interviews. Ich bin das, was man einen freien Autor nennt. Zumindest im Hauptberuf, denn nebenbei mache ich auch noch andere Jobs. Das bringt Abwechslung, und das Geld kann ich auch gebrauchen. Bei den Interviews mache ich alles selbst. Ich rufe die Leute an, die ich interviewen will, mache einen Termin aus und so weiter. Dann liefere ich den Beitrag ab. Satzfertig.
    Seit ich hin und wieder Menschen meiner Wahl interviewe, in meinem Rhythmus, und daraus Artikel mache, ist meine Arbeitssituation deutlich angenehmer als damals, als ich noch den ganzen Tag in der Redaktion sitzen und mich an feste Regeln und Zeiten halten musste. Eins habe ich nie begriffen: Ich hätte die Arbeit in der Hälfte der Zeit erledigen können, aber wenn ich das gemacht hätte, dann hätte man mir auch das Gehalt halbiert. Also tat ich so als ob. Jahrelang war ich der Solitaire-King auf dem Firmencomputer. Oder ich surfte im Internet und besuchte die Seiten mit den Mietangeboten der internationalen Immobilienfirmen. Meine Lieblingsstadt war New York. Wenn die Langeweile übermächtig wurde, suchte ich mir eine Wohnung in Manhattan, und wenn ich sie gefunden hatte, sponn ich ein bisschen herum und tat so, als würde ich dort wohnen. In den Jahren der Festanstellung habe ich in der halben Welt gewohnt.
    »Entschuldigung, Schwester, können Sie schon etwas sagen?«
    »Wir stehen noch am Anfang, seien Sie unbesorgt, sobald sich etwas tut, sage ich Ihnen Bescheid.«
    Francesca und ich, wir hätten uns beinahe verloren. Zwischen
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