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Einfach? Leben - humorvolle Kurzgeschichten (German Edition)

Einfach? Leben - humorvolle Kurzgeschichten (German Edition)

Titel: Einfach? Leben - humorvolle Kurzgeschichten (German Edition)
Autoren: L. M. Layton
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unterbrach Hans‘ Gedanken und er schaute hoch. Bernd stand vor ihm und lächelte, während er ihm die Flasche unter die Nase hielt. Skeptisch sah Hans das Gebräu an, das dort zwischen Bernds Fingern baumelte, nahm es dann jedoch entgegen. Leider schien das wie eine Einladung auf seinen Schwager zu wirken, denn er setzte sich neben ihm.
    »Wir wollen dir nichts Böses, weißte?«, sagte er zu Hans. »Du siehst nur immer so mies gelaunt aus. Ist irgendwie schade, find ich.«
    »Vielleicht mag ich es ja so, wie es ist«, sagte Hans. Seine Stimme klang trotzig und kindisch, ganz anders als sein normaler und sachlicher Tonfall. »Wieso soll ich mich ändern, nur weil euch das nicht gefällt?«
    »Hey, das verlangt ja niemand von dir. Nur etwas offener könntest du doch sein, oder? Man denkt bei dir immer, du gibst anderen von vorneherein keine Chance, weißte?«
    Hans sah Bernd an und dachte tatsächlich über seine Worte nach. Hatte er vielleicht recht? War Hans zu negativ und Gerdas Familie war gar nicht so schlimm, wie er immer gedacht hatte?
    Tief in Gedanken versunken nahm er einen Schluck von seinem Bier und versuchte dann, die Flasche wieder abzustellen, doch ... es ging nicht.
    Hans starrte auf die Bierpulle, die fest an seiner Hand klebte. Dann sah er herüber zu Bernd und wie erwartet: Ein breites Grinsen lag auf seinem Gesicht.
    »Sekundenkleber«, sagte dieser glucksend. »Der älteste Trick der Welt und du fällst darauf rein. Ist doch irgendwie niedlich.«
    Und diesmal flippte Hans aus. Schimpfworte verließen seinen Mund, von denen er nicht einmal gewusst hatte, dass er sie kannte. Dennoch waren sie schlimm genug gewesen, dass Gerdas Schwester ihre Kinder griff und ihnen so gut es nur ging, die Ohren zuhielt. Gefühlte zehn Minuten saß er bloß da, die Bierflasche feste in der Hand und schrie Bernd an. Dass dieser bloß weiter lächelte, machte Hans nur noch wütender.
    Nach dem Ausbruch schaute er sich wild um und blickte in die vielen entsetzten Gesichter. Was waren die so überrascht? Wunderte es sie etwa, dass selbst jemand wie Hans, diese Scherereien irgendwann nicht mehr ertragen konnte?
    Er hatte genug. In einem Moment der Schwäche hatte er vielleicht geglaubt, diese Familie wäre gar nicht so schlimm, doch jetzt war er wieder zu sich gekommen und wusste es besser.
    Er biss die Zähne zusammen und riss sich die Flasche regelrecht von der Hand. Den Schmerz ignorierte Hans und starrte noch einmal alle finster an, bevor er die Bierpulle abstellte und ging. Schnell trugen ihn seine Beine den kleinen Weg zur Straße hinunter und dann immer weiter und weiter.
    Wohin er wollte, wusste Hans nicht. Er wollte bloß weg von allem. Weg von diesem Ferienhaus, weg von dieser Familie und was am wichtigsten war: weg von Bernd.
    Hans lief und lief, bis er die Klippen der Küste erreichte und – den Abgrund übersah.
    ***
     
    So war es also dazu gekommen, dass bloß eine halb vertrocknete Wurzel und seine eigenen schweißnassen, schmerzenden Hände Hans davor bewahrten, in den sicheren Tod zu stürzen.
    Die Wurzel glitt ihm fast aus den Fingern und er klammerte sich noch fester an das Stück Holz.
    Ein merkwürdiger Gedanke, einer, der mit seinen bisherigen Erlebnissen in Kroatien und seiner prekären Situation so gar nichts zu tun hatte, kam ihm, als er die Wurzel zwischen seinen Fingern ansah. Nannte man das schon Holz? Konnte man überhaupt Holz zu einem
Baum
sagen, oder war das erst ein Begriff, der nach dem Fällen Verwendung fand?
    Hans runzelte die Stirn. Es gefiel ihm ganz und gar nicht, sterben zu müssen, ohne das zu wissen. Überhaupt gab es doch eine ganze Menge Gründe, weswegen er noch nicht sterben wollte!
    Vorsichtig versuchte er, mit dem Fuß eine Stelle im Felsen zu finden, die ihm etwas Halt bieten konnte. Mehrmals trat er dabei ins Leere und schwang durch die Bewegung hin und her.
    Die Sonne knallte ihm in den Nacken und mit jeder Sekunde wurden seine Hände schwitziger.
    Für eine Weile überlegte Hans, ob er nicht versuchen sollte, sich mit der Wurzel bis zum Rand zu schwingen. Sein Verstand sagte ihm jedoch, dass dieses Stück »Holz« wohl zu starr war und er eher den Halt verlieren würde, als dass dieser Versuch ihm etwas brachte. Verzweiflung breitete sich aus und er dachte über sein Leben, über die Tage und Jahre vor diesem grauenhaften Urlaub nach. Erinnerungen an ein glückliches, geordnetes Leben kamen ebenso, wie an jene Katastrophen, die sich immer ereignet hatten, wenn er in
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