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Einfach hin und weg

Einfach hin und weg

Titel: Einfach hin und weg
Autoren: Gerhard Jansen
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höflich bitten, aufstehen zu dürfen, wenn er denn seinem Nachbarn nicht auf den Kopf treten will.
    Gedränge zwischen den Betten, Gedränge vor den Toiletten, Kampf um Toilettenpapier. (Toilettenpapier ist nur selten vorhanden, vor allem morgens. Dann haben sich schon die ganz Sparsamen eingedeckt und die restlichen Rollen im Rucksack verpackt für unterwegs.
    Ich habe immer einen eisernen Vorrat im Waschbeutel und ein paar Blätter in der Seitentasche für den Fall der Fälle.
    Gedränge auch vor den Waschbecken. Durchwegs gibt es nur 2 - 4 Hähne mit kaltem Wasser. Als Zugabe höchstens eine Steckdose. Ich mache in der Frühe immer kurzen Prozess. Abends duschen und rasieren. Morgens Zähne putzen, ein paar Tropfen durchs Gesicht und fertig. Weiß auch nicht, warum viele für ihre Morgentoilette so lange brauchen.
    Falls ein Aufenthaltsraum vorhanden und es erlaubt ist, wird der Vorrat fürs Frühstück ausgepackt und verzehrt. Auch hier nur ein paar Plätze für viele Leute.
    Aber irgendwie funktioniert alles, jeder wird fertig und dann setzt sich die Karawane in Bewegung. Viele Menschen hintereinander, wie Perlen an der Schnur und nach einiger Zeit, schneller als man denkt, zieht sich alles auseinander. Wie eine Ziehharmonika, und abends zieht sie sich wieder in der nächsten Herberge zusammen.
    Von Santo Domingo sind es fast 24 km bis Belorado. Es geht lange an der Nationalstraße entlang auf einem asphaltiertem Fußgängerweg, 80 cm breit. Ein Lastwagen nach dem anderen jagt mit hohem Tempo vorbei. Überholt wird natürlich auch und dann wird es für die Fußgänger manchmal eng. Ganz schön gefährlich und unangenehm!
    Es ist wieder empfindlich kalt. Ich schätze 8°und ich bin froh, dass ich den roten Anorak nicht schon verschenkt habe. Bei den warmen Temperaturen in Navarra und Rioja am Anfang wollte ich ihn eigentlich gar nicht mehr mitschleppen. Aber es sollte ja noch schlimmer kommen!
    Es kann sein was will, ich kann laufen wo ich will, aber der Wind kommt immer von vorne, bläst mitten ins Gesicht. Heute wenigstens ohne Regen. Um 12 Uhr bin ich in Belorado. Ich treffe Sara, die hier bleiben und sich Zeit bis Burgos nehmen will. Von da aus fährt sie mit dem Bus nach Léon, wo sie ihre Mutter trifft, um anschließend zusammen mit ihr den Rest bis Santiago zu wandern. Hat sich wohl ganz kurzfristig so ergeben.
    Ich fühle mich topfit und möchte bis Villafranca, also noch 12 km, weiterlaufen. Der Abschied fällt schwer, zwar keine Tränchen, aber ein Gefühl, dass man einen lieben Menschen nicht mehr wiedersehen wird. Schade. Ein Küsschen auf die Wangen und dann tschüss.
    Gut 2 Stunden später Ankunft in Villafranca. Sämtliche Betten sind belegt. Nach langem Bitten bekomme ich noch eine dünne Matratze auf dem Boden. Ich denke, ich bin müde genug, um das auch noch auszuhalten.
    Wenn mir das einer vor 14 Tagen erzählt hätte, ich hätte ihn für verrückt gehalten!
     

31.05.2007 Villafranca- Atapuerca – Cardeñuela de Ríopico
     
    Soll mir noch einmal einer sagen, nach der ersten Woche ginge alles wie von selbst!
    Morgens tun die Füße und die Beine weh, besonders die Waden sind total verkrampft trotz regelmäßiger Einnahme von Magnesium und Calium. Die ersten Schritte sind schleppend. Die Schultern sind verspannt, die Muskulatur verhärtet.
    Auf der Bettkante sitzend durchfährt mich der Gedanke: jetzt noch mal ein paar Minütchen...... Nichts da, keine Ausrede. Es gibt keinen anderen Ausweg als sich aufzuraffen!
    Gott sei Dank legt sich der größte Schmerz schon nach wenigen hundert Metern.
    Bis Burgos sind es fast 40 km. Zu weit für eine Etappe. Also versuche ich, bis Cardeñuela de Ríopico zu kommen, wenn ich es schaffe. Sonst suche ich mein Bett noch früher.
    Ein halbtrockenes Stück Brot mit Honig, noch von Renée und ein Glas Wasser, Gepäck auf den Rücken und los geht es. Heute morgen ist es noch kälter als gestern.
    Hinter Villafranca geht es einige Kilometer steil bergauf und dann eine weite Strecke über den Bergrücken. Trotz Pullover und Anorak geht der Wind durch bis auf die Haut. Die Hände sind so kalt, dass ich den Fotoapparat nicht bedienen kann. Endlich führt der Weg auch mal ein bisschen abwärts und ich erreiche San Juan de Ortega. Ein klitzekleiner Ort mit nur ein paar Häusern, aber einem schönen Kloster mit angegliederter Kirche. Auch die Dorfkneipe ist winzig, hat anscheinend noch nicht mal Stauraum, denn das Flaschenleergut wird im Schankraum gestapelt. Obwohl
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