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Einfach hin und weg

Einfach hin und weg

Titel: Einfach hin und weg
Autoren: Gerhard Jansen
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reißen ein paar Unverbesserliche sämtliche Fenster während der Nacht auf, so dass der Wind um die Ecken des Schlafsaals pfeift und mein Bett am Fenster genau im Durchzug steht.
    Was lernt man daraus? Nie ein Bett direkt neben dem Fenster und nie ein Bett neben der Eingangstüre. Meist schließen sie nicht richtig, quietschen und klemmen beim Auf- und Zumachen fürchterlich. Nicht angenehm, wenn bei Nacht 30 Leute ein- oder zweimal zur Toilette gehen und häufig im Halbschlaf die Türen schlagen, dass sie fast aus den Angeln fallen. Das sind so kleine Tricks, die man mit der Zeit lernt. Aber es gibt noch andere!
    Trotz Durchzug schlafe ich einigermaßen.
    Ich bin mehr als eine Woche unterwegs und es geht mir ausgezeichnet.
    Rundherum zufrieden, spüre ich schon den Geist des Camino und freue mich auf all das, was noch kommt.
     

28.05.2007 Logroño – Navarrete – Ventosa - Nájera
     
    Der Wind weht heftig bei 7° und die Hosen kleben nass an den Beinen. Bereits am 2. Tag habe ich die gefütterte beschichtete Regenhose, die ich von zu Hause mitgenommen habe, Renée geschenkt. Ich hätte nie gedacht, dass ich sie einmal brauchen könnte.
    Jetzt ist es lausig kalt. Ich wärme mir abwechselnd eine Hand in der Anoraktasche, in der anderen halte ich Henriette. Raus aus Logroño durch die grauen Vorstädte, die durch Regen und Wind noch grauer wirken. Selbst die Störche kreisen nur vereinzelt in der Luft, vertreiben die Krähen oder suchen nach verwertbarem Futter. Kein Futter für mich. Frühstück fällt heute aus, und ich opfere die eiserne Reserve der letzten beiden Müsliriegel. Corny sei Dank. Sie sind nahrhaft und leicht, gut zu verstauen und drück- und stoßfest im Brotbeutel. Zusätzlich zehre ich von dem Pfingstmenu, das ich gestern mit Bernard und einem französischen Ehepaar, Marthe und Gérard, eingenommen habe. So richtig à la Française mit einem leckeren Wein.
    Der Kellner, Jugoslawe, in Deutschland geboren, sprach nur Deutsch und kein Wort Spanisch. So durfte ich den Franzosen die Speisekarte von Spanisch auf Französisch übersetzen und dem Kellner dann auf Deutsch erklären, was wir zu speisen gedachten. Natürlich hätte ich ihm auch die Nummern der Gerichte auf Spanisch sagen können, aber die Gerichte selbst konnte er nicht verstehen. Verkehrte Welt. Ein jugoslawischer Kellner im spanischen Restaurant und nur deutschsprachig.
    Der nächste Ort hinter Logroño, Navarrete, ist 13 km weit weg und bei Ankunft stürze ich in das erste beste Café, um mich aufzuwärmen und zu frühstücken. Der Laden ist schon brechend voll. Einheimische und Pilger stehen an der Theke und palavern laut vor sich hin. Erinnerungen an den Black Föös Song „Kaffeebud“ werden wach. Die Luft ist verräuchert vom Zigarettenqualm. Zwei Dorfschönheiten stehen hinter der Theke und lassen sich unverschämt viel Zeit. Heiße Schokolade und ein Omelette mit Schinken und Brot lassen mich wieder durchatmen. Nebenbei lade ich an der Steckdose in der Toilette den Akku meines Fotoapparates auf. In den meisten Pilgerherbergen gibt es keine Steckdosen oder nur eine für den Rasierapparat. Und den muss ich auch irgendwann mal aufladen.
    Die beiden Grazien haben es doch noch geschafft, mir nach viel Zeit das Frühstück zu servieren. Es ist eben alles spanisch und zeitlich nicht so durchkalkuliert wie bei uns. Warum auch? Ich hab doch Zeit und erwarten tut mich auch niemand.
    Gut gestärkt an Leib und Seele gehe ich nach einer Stunde wieder los.
    Wenig später klart es auf. Anorak und Hose trocknen schnell, die Schuhe ebenfalls. Komisch, dass mir der Regen nichts ausmacht. Nur morgens, wenn es noch kalt ist und der Wind pfeift. Aber tagsüber, dann ist es wirklich nicht schlimm. Natürlich ist es in der Sonne angenehmer, ich nehme es aber wie es kommt. Was bleibt mir auch anderes übrig? Und so geh ich durch bis Nájera, insgesamt 30 km.
    Nach 25 km bin ich geschafft. Unruhige Nacht, dazu zwei erbarmungslose Schnarcher, bei 30 Leuten im Zimmer normal. Die ersten fingen um 4.45 Uhr an zu packen.
    In 3 Nächten nur 12 Stunden Schlaf. Also bin ich jetzt todmüde. Die Füße tun weh (ich wiederhole mich) und der Rucksack drückt auf die Schultern (ich wiederhole mich). Ich mache kurz Rast, aber es ist schwierig, anschließend wieder in den richtigen Rhythmus zu kommen. Es dauert 10 Minuten und mehr bis sich die Beine wieder gleichmäßig bewegen. Also nur nicht mehr stehen bleiben. Schließlich erreiche ich Nájera — und miete mich
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