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Einfach hin und weg

Einfach hin und weg

Titel: Einfach hin und weg
Autoren: Gerhard Jansen
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Ausgleich ist die Gesellschaft der anderen Pilger. Valerie und Richard aus Kanada, Rudi und Rita aus Belgien.
    Gabriele kommt noch später als ich und wird auch noch aufgenommen, auf zwei Gymnastikmatten schlafen dann drei Personen. Ein paar Gläser Rotwein oder Bier tun das Übrige dazu, die Nacht doch noch einigermaßen zu überstehen, zumal Rudi auch noch furchtbar schnarcht. Es ist erstaunlich, was man sich so antut. Und das auch noch freiwillig!
     

27.05.2007 Torres del Río – Viana - Logroño
     
    Pfingstsonntag.
    Was für ein Tag! Wettermäßig bisher der schönste.
    Um 7 Uhr geht die Sonne auf. Schon um 8 Uhr strahlend blauer Himmel. Der Heilige Geist meint es gut mit uns Pilgern!
    Ich mache mich mit Gabriele auf den Weg, einer hübschen Frau, ca. 40, aus Schweinfurt. Im Aussehen ein Uschi-Glas-Verschnitt. Frisch geschieden und, wie sie sagt, für alles offen.
    Viel wird nicht geredet. Nach zwei Stunden machen wir Picknick auf der grünen Wiese mit altem Brot, laufendem Käse und lauwarmem Wasser. Wir sind nicht sehr verwöhnt.
    Eine halbe Stunde später erreichen wir Viana und durchqueren die wunderschöne Altstadt. Alte Häuser aus dem 17. Jahrhundert mit reich verzierten Ornamenten, mehrere romanische Kirchen nebeneinander. Der Gottesdienst ist gerade vorbei und die Einwohner strömen in die Straßencafés. Wir setzen uns zu ihnen und gönnen uns eine heiße Schokolade und Kuchen. Dabei lassen wir die Meute der anderen Pilger an uns vorbeiziehen.
    Eine Stunde später schließen wir uns wieder an. Die alte Straße durchläuft den ganzen Ort schnurgerade, wie in vielen anderen Städten, in der die Menschen seit Jahrhunderten über das gleiche Pflaster laufen. Holprige Kieselsteine in Erde oder Lehm, heute teilweise in Beton verlegt, das Runde oder sogar das Spitze nach oben, dass die Fußsohlen beim Darüberlaufen schmerzen.
    Unwillkürlich überlegt man, wie die Menschen eigentlich früher gepilgert sind. Ohne Hightech! Mein Rucksack wiegt leer, obwohl er 35 l fasst, nur ein paar Hundert Gramm. Meine Schuhe sind ebenfalls leicht und wasserdicht, haben eine feste Sohle und gehen bis über die Knöchel, um ein Umknicken zu vermeiden oder Verletzungsrisiken auszuschließen. Der Anorak aus regenundurchlässigem Goretex, Hosen und T-Shirt aus leichtem Material, schnell trocknend, luftdurchlässig und trotzdem warm.
    Vor hundert oder noch mehr Jahren muss das Pilgern wirklich noch mit Qual, Entsagen und Schmerz zu tun gehabt haben. Kleidung aus schwerer Baumwolle, bei Regen noch schwerer. Als Schuhe, wenn überhaupt, nur Sandalen, die sich aber wohl nur die Reichen erlauben konnten. Herbergen existierten nicht so zahlreich wie heute und Duschen gab es bestimmt auch nicht, geschweige denn heißes Wasser.
    Essen und Getränke wurden in den zahlreichen Klöstern an der Pforte ausgeteilt. Noch heute gibt es alte Eingangstore in den Klöstern, die über eine Klappe verfügen, durch die damals die Verpflegung an die Pilger gereicht wurde. Bestimmt war es nur eine wässrige dünne Suppe für die Bedürftigen.
    Aber es zeigt sich immer wieder, dass auch die Reichen auf Wallfahrt gingen. Und die ließen es sich richtig gut gehen, wie man vielen Quellen vor Ort entnehmen kann.
    Auch heute gibt es noch den feinen Unterschied: wer etwas auf sich hält, trägt Hemden mit Krokodil und den Anorak oder den Rucksack mit dem Aufdruck der Wolfspfote, die Stöcke sind natürlich zusammenlegbar und luftgefedert, und selbst bei Regen trägt man die Sonnenbrille mit dem Schriftzug.
    Aber das sind wirklich Ausnahmen und im Stillen werden sie von allen belächelt. Praktische Camino-Fashion ist „in“, egal ob alles zusammen passt oder nicht.
    Um 4 Uhr kommen wir in Logroño an. Zwischendurch Picknick mit Leckereien, die wir in Viana gekauft haben und eine Stunde Sonnenbaden. Über die alte Brücke, die den Ebro überspannt, marschieren wir in die Stadt. Industriestadt, 125.000 Einwohner.
    Wir haben die Provinz Navarra verlassen und befinden uns jetzt in Rioja, dem bedeutendsten Weinanbaugebiet und der Kornkammer Spaniens. Logroño ist die Hauptstadt der Provinz. Provinz im wahrsten Sinn des Wortes. Einzig die Altstadt bietet ein paar schöne Winkel, ansonsten ist es trist und öde, eben eine ganz normale Provinzstadt. Natürlich neigt man dazu, eine Stadt mit anderen zu vergleichen und tut ihr damit auch vielleicht unrecht. Aber was nicht schön ist, kann man auch nicht schönreden. Wenigstens die Herberge ist schön. Leider
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