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Einfach hin und weg

Einfach hin und weg

Titel: Einfach hin und weg
Autoren: Gerhard Jansen
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Doreen gab mir heute Wachs-Oropax. Mal sehen was es wert ist.
    Ich hoffe auch in dieser Nacht auf Gutschlaf.
     

02.06.2007 Tardajos - Castrojeriz
     
    Taqui, die gute Seele der Herberge, hat Kaffee, Tee und Croissants zum Frühstück serviert. Aus eigener Tasche bezahlt. Um Spenden wird gebeten in die Kasse der „Vereinigung der spanischen Freunde des Jakobsweges“. Die kümmern sich rührend um uns Pilger und haben auf der Strecke mehrere Herbergen. Taqui hat heute seinen letzten Tag und kehrt nach Frankreich zurück, wo er als Klempner arbeitet. Für sein Engagement opfert er einen Teil seines Jahresurlaubs. Pilger empfangen, Auskünfte geben, Schlaf- und Sanitärräume reinigen, Außenanlagen pflegen, es ist ein Vollzeitjob für eine Person von morgens bis abends, 14 - 16 Stunden lang. Und das ehrenamtlich, ohne jegliche Aufwandsentschädigung.
    Es gibt Herbergen, die ehrenamtlich und andere, die kommerziell betrieben werden. Sei es von der Stadt oder der Gemeinde, sei es von Privatpersonen. Die steigende Zahl der Pilger hat dazu geführt, dass immer mehr Pensionen oder Herbergen entstehen. Die Nachfrage bestimmt wie überall das Angebot. Im Vergleich zur Beschreibung im Reiseführer, Ausgabe 2005, hat sich die Anzahl der angebotenen Betten um mindestens 100% erhöht. Pilgerherbergen sind preiswerte, schlichte, einfache Häuser, nur mit dem nötigsten ausgestattet. Und selbst das fehlt manchmal. Kurz vor Santiago stiegen die Preise um ein paar Euro, ansonsten habe ich für die Übernachtung nie mehr als € 8 bezahlt, oft sogar weit weniger.
    Nebenbei sind die Unterkünfte in vielen kleinen Dörfern eine der wenigen Einnahmequellen, die sich für die Einwohner eröffnen. Ein alter Bauernhof wird umgebaut. Die Scheune unterteilt in zwei Räume, ein paar Doppelstockbetten rein, Duschen und Toiletten installiert und fertig ist der Laden.
    Ja, der Jakobsweg entwickelt sich für Spanien zu einem festen wirtschaftlichen Bestandteil.
    Rechnet man nur € 20.- pro Tag, die ein Pilger ausgibt, dann kommt man bei 100.000 Pilgern in 2006 (2004, im Heiligen Jahr, waren es sogar 180.000!!) bei einem Durchschnitt von 15 Tagen Wanderzeit auf ein enormes Sümmchen. Und die € 20.- sind tief gestapelt! Die beiden letzten Zahlen sind übrigens geschätzt!!

     
    Ich verabschiede mich von Taqui und gehe einem neuen Tag entgegen. Kaum 15 Minuten unterwegs, geht die Sonne auf. Ein Traum! Der Nebel steigt im Tal empor, die Kornfelder wiegen sich im Wind und hinter den Hügeln erhebt sich der Sonnenball. Überwältigend. Das kann kein Foto einfangen, also versuche ich es erst gar nicht. Später ein paar Wölkchen am Himmel, angenehm warm. Der Weg führt durch leicht wellige Landschaft, ein befestigter Wanderweg, so richtig gut zum Laufen. Getreidefelder so weit das Auge reicht. Wo keine Pestizide gespritzt sind, über wächst der Mohn fast das Getreide. Quadratkilometer, dunkelrot leuchtend. Es ist unglaublich. Hellgrüne, bis 20 cm lange Eidechsen laufen über den Weg und verschwinden im Gras, viele Arten von Schmetterlingen und Insekten fliegen und flattern durch die Luft. Dazu ein schwerer Duft von halbreifen Ähren. Blumen in allen prächtigen, satten Farben.
    Ein riesiger Raubvogel kommt über den Berg auf mich zu, noch ziemlich niedrig fliegend. Kein Milan oder Bussard. Viel größer und mit am Ende gespreizten Schwingen. Das muss ein Adler sein. Ich setze mich in das Gras und beobachte, wie er sich von den Aufwinden geräuschlos in die Höhe treiben lässt, bis ich ihn aus den Augen verliere. Ein Adler!
    Über Hontanas gehe ich bis Castrojeriz. Das sind mehr als 30 km. Gut zu schaffen, zumal bei diesen Bedingungen. Aber ich habe mir geschworen, mich irgendwann, wo es mir gut gefällt, einen oder zwei Tage auszuruhen. Heute bin ich wirklich nicht müde.
    Jeden Tag neue Eindrücke, andere Menschen tragen das ihre mit dazu bei, dass die Zeit schnell vergeht. Ich bin schon 14 Tage auf Reisen. Wo bleibt sie, die Zeit? Heute sagte unterwegs jemand, wir hätten bald die Hälfte der Strecke geschafft. Ich habe bisher wirklich die Kilometer nicht mitgezählt und bin fast erschrocken. Aber ich habe ja noch einiges vor mir. Und wenn alles gut läuft, möchte ich gerne bis nach Fisterra wandern, bis an das Ende der Welt.
     

03.06.2007 Castrojeriz – San Nicolas - Frómista
     
    Schwerer Tag, schwere Füße.
    Gestern Abend hatte ich zum ersten Mal richtig heftige Schmerzen in den Beinen. Auch die doppelte Ration Medikamente half
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