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Einfach ein gutes Leben

Einfach ein gutes Leben

Titel: Einfach ein gutes Leben
Autoren: Peter Ploeger
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Werkraum, in dem der MultiMaker des Hauses steht, ein kleiner 3-D-Drucker für Kunststoff und Metalle. Er wird fast nur noch für Reparaturen und Teileersatz benutzt, es ist ein älteres Modell und die Bewohner sind bereits mit allem ausgestattet, was man darauf herstellen könnte. Mila »bastelt« gerne, zurzeit vor allem die gerade sehr angesagten auswechselbaren »Cover«, das heißt Schalen für E-Reader, die den ehedem aufwendig gestalteten Buchdeckeln in puncto Design den Rang abgelaufen haben. Sie tauscht sie bei Bekannten in ihrem stadtweiten Tauschkreis oder verschenkt sie an Freunde und Nachbarn. Dafür bekommt sie Geschenke zurück, gestern einen Gürtel von ihrer Kollegin, letzte Woche ein Essen von ihrem besten Freund. Gegenseitiges Schenken ist zu einem veritablen ökonomischen Faktor geworden.
    Ihre Coverentwürfe stellt Mila auf einer Nutzer-Gestalter-Plattform ins Netz. Dort bekommt sie Punkte für jeden Download von jedem Nutzer, dem ihr Entwurf besonders gefallen hat. Die Punkte kann sie in den Tausch- oder Nutzerkreisen einlösen, die mit der Plattform einen Partnerkontrakt abgeschlossen haben. Mila ist manchmal unzufrieden, weil ihre Entwürfe so unterschiedliche Punktzahlen einbringen, aber schließlich ist die Covergestaltung nur eine Nebenbeschäftigung für sie.
    Mila ist sich dessen bewusst, dass ihre Eltern noch ganz anders gelebt haben, als sie um die 30 waren. Und sie fragt sich, wenn sie davon erzählen, wie das damals möglich war. Heute ist alles sehr klar und menschenfreundlich, so empfindet es Mila jedenfalls. Sie denkt viel über die Bedingungen nach, unter denen sie lebt. Da sie gerne Ordnung in ihre Gedanken bringt, kann sie das, was sie an ihrer Gesellschaft schätzt, in einer Liste formulieren.
1.   Menschengerechter Wohlstand
    Geld ist für viele Menschen nur noch ein Existenzmittel unter vielen. Die Mittel der Versorgung haben sich vervielfacht, vor allem weil wieder vermehrt Subsistenzwirtschaft betrieben wird und kooperative Arten der Selbstversorgung in ihrer Bedeutung stark gewachsen sind. Der Einkauf im Supermarkt ist nur noch eine Option unter vielen. Konsum hat seine gesellschaftstragende Funktion verloren. Der immaterielle Wohlstand wird von den Menschen mehr gesucht als früher.
    Mila kauft nur alle drei Wochen in einem der wenigen Verbrauchermärkte ein. Lebensmittel machen nur die Hälfte des Einkaufs aus: Reis, Hefe, Bananen, Milch, Tee hin und wieder. Dazu kommen Toilettenartikel. Die Palette ist gegenüber dem Einkaufszettel ihrer Eltern viel schmaler geworden, weil das meiste nicht mehr zentral im Einzelhandel gekauft werden muss. Seife macht die Quartiersmanufaktur zwei Blocks weiter. Kleidung bestellt sie nur noch über ConCom oder eine andere Social-Commerce-Plattform, die alle an das Abhollager ihres Conviviums liefern. Kürzlich hat sie gelernt, Fruchtjoghurt selbst zu machen. Sie war so begeistert, dass sie sofort ein paar Freunde eingeladen hat. Das ist Wohlstand für sie: einfach Dinge ausprobieren zu können, weil für das Nötige ohnehin schon gesorgt ist. Sie hat Muße genug dazu. Und die Gewissheit, ihren Reichtum an guten Dingen aus der eigenen Hand zu empfangen.
2.   Gesundheit
    Die guten Dinge sind für Mila vor allem die Lebensmittel, die sie in ihrem Garten anbaut. Erfolgreiches Gärtnern hat sie in der Mittelstufe auf der Schule gelernt, gemeinsam mit dem wichtigsten Hintergrundwissen über Lebensmittelchemie, Grundlagen in Pflanzenbiologie, den Wirkungen der Inhaltsstoffe auf die Physiologie und den basalen Zubereitungstechniken. Sie fühlt sich sicher in der Materie – genau wie alle ihre Nachbarn auch – und in dem Wissen, dass sie den Stoffkreislauf von der Bodenbereitung über die Anzucht bis zur Ernte und schließlich Kompostierung der Abfälle nachvollziehen kann. Über alle hinzugekauften oder -getauschten Stoffe informieren die Hersteller auf Anfrage sehr ausführlich. Darüber, wie ein Nahrungsmittel auf ihre Gesundheit wirkt, weiß sie also gut Bescheid, genauso wie darüber, dass ihre Nahrung gesünder ist als die, die ihre Eltern zu sich genommen haben.
    Zudem gibt es kaum noch große Agrarbetriebe oder Fabriken, die den Herstellungsprozess mit einem unvertretbaren Aufwand an Logistik, Ressourceneinsatz und enormem Schadstoffausstoß bewerkstelligen müssen. Mila lebt deshalb außerdem in einer gesünderen Umwelt als ihre Eltern.
3.   Dezentrale Produktion
    Der Verzicht auf große Produktionsbetriebe zugunsten einer
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