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Einfach ein gutes Leben

Einfach ein gutes Leben

Titel: Einfach ein gutes Leben
Autoren: Peter Ploeger
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kleinteiligeren, lokalen Produktion ist zumindest in den fortschrittlichen Regionen weitgehend durchgesetzt. Die Energieversorgung wird größtenteils von Blockheizkraftwerken besorgt. Quartiersmanufakturen, die von den Convivien betrieben werden, tragen gemeinsam mit Kleingärten, Gemeinschaftsanlagen, MultiMakern und FabLabs arbeitsteilig den täglichen Bedarf an Haushaltsgütern. Die Produktion dient nicht mehr in erster Linie dem Geldverdienen (durch Abschöpfen von Überschüssen oder Erhalt von Arbeitslohn), sondern der Versorgung mit dem Lebensnotwendigen.
4.   Gute Arbeit
    Es gibt nur noch wenige Leute, die Vollzeit an einer Arbeitsstelle gegen ein Gehalt arbeiten. Die meisten folgen einem Mischmodell, das ein oder zwei abhängige Beschäftigungen, einen Teil Versorgungsarbeit in den eigenen Haushalten und den Gemeinschaftsanlagen sowie einen Teil umfasst, der nach Belieben ausgefüllt wird. Dieser letztere wird formal nicht als »Arbeit« bezeichnet, spielt jedoch oft genug einen tragenden Part für den alltäglichen Wohlstand. Sehr viele sind mit ihm de facto zu Kleinselbständigen geworden, sodass sie gleichzeitig Minipreneure, Bauern, Handwerker und Angestellte sind, alles »in Teilzeit«.
    Das Covergestalten bringt Mila einige Annehmlichkeiten, die sie ohne eine solche Tätigkeit nicht hätte. Sie sagt »Arbeit«, wenn sie darüber spricht. Der Job, mit dem sie Geld verdient, ist allerdings ein anderer: Sie führt 15 Stunden in der Woche für ein Reiseunternehmen Touristen durch die City und zeigt ihnen die brachliegenden Großbauten der ehemaligen Kaufhäuser und Einkaufspassagen, die nun nach langem Hin und Her endlich unter Denkmalschutz gestellt werden sollen. Der Stundenlohn ist durchschnittlich, viel Geld braucht sie aber ohnehin nicht. Sie könnte ihre Stundenzahl noch vermindern, aber die Arbeit macht ihr Spaß.
5.   Kooperation
    Da vieles in der Verantwortung der Bürger vor Ort liegt, also subsidiär aufgeteilt ist, ist Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu einer ständigen Notwendigkeit geworden. Mila kann sich genauso wenig aus den vielfältigen Tauschbeziehungen mit Nachbarn oder Komitgliedern herausziehen wie ihr Convivium aus den Kooperationen mit anderen Convivien, Betrieben oder Commerce-Plattformen. Sie sieht die dichte Vernetzung als Vorteil: Durch die zahlreichen Mitgliedschaften erweitern sich ihre Möglichkeiten, gleichzeitig erweitert Mila durch ihre Mitgliedschaft die Möglichkeiten der anderen ein Stück weit. Dinge werden erreichbarer, je dichter die Netze sind. Was man allein nicht schafft, schafft man nun gemeinsam und das Leben wird für alle ein bisschen reicher.
6.   Aktive Bürgerschaften
    Mila kümmert sich um ihr Stadtviertel, sie kann sich gar nicht vorstellen, ihren unmittelbaren Wohnort nur als abstrakten Verwaltungsbezirk zu begreifen. Die Gestaltung und Pflege der Straßen liegt – in Rücksprache mit der Stadtverwaltung – in der Hand der Quartiersbewohner. Auf einer Brachfläche haben die drei in der Straße anliegenden Convivien letztes Jahr einen Biergarten eingerichtet. Die Stadt hat ein Baufahrzeug mit Fahrer gestellt, um die Einfahrt zu planieren. Die Bürger sind insgesamt gewohnt, sich um ihr Lebensumfeld selbst zu kümmern. Das Verhältnis zur Kommune ist ein partnerschaftliches geworden.
    Öffentlicher Raum wird wieder als solcher genutzt. Bei gutem Wetter ist der kleine Platz am Ende der Straße tatsächlich ein Ort, an dem man sich einfach mal trifft. Kontakte sind notwendiger und daher häufiger geworden – schon aufgrund der vielen kooperativen Verbindungen, die jeder hat. Viele nutzen ihre Zeit dafür, diese zu pflegen. Auch die Politik wird öffentlicher: Den Platz haben schon einige Verwegene als »Speaker’s Corner« benutzt (wenn auch mit wenig politischem Erfolg).
    Einen menschengerechten Wohlstand, gesunde Produkte und Umgebungen, dezentrale Produktionsstätten, vielfältige Formen gemischter Arbeit, Kooperationsnetze und aktive Bürgerschaften findet Mila jeden Tag vor. Sie sind die greifbaren Veränderungen, die ihren Alltag von dem ihrer Eltern unterscheiden. Darüber hinaus sind Mila aber noch einige übergreifende Gesichtspunkte wichtig, die einem oberflächlichen Betrachter vielleicht zunächst nicht auffallen werden, die die selbst organisierte Gesellschaft des dritten Weges dennoch bewirkt hat.
7.   Gelinderte »Zivilisationskrankheiten«
    Sogenannte »Zivilisationskrankheiten«, vor allem psychische Auffälligkeiten, deren Ursachen
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