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Eine Unheilvolle Liebe

Eine Unheilvolle Liebe

Titel: Eine Unheilvolle Liebe
Autoren: Kami Garcia
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Macon waren. Inkubi – Dämonen, die sich nachts von den Erinnerungen und Träumen der Sterblichen nährten. Da war das unsagbar gruselige Geräusch, als sie das letzte Stückchen dunklen Himmel aufrissen und verschwanden, kurz bevor der erste Lichtstreif am Horizont erschien. Sie waren wie eine Schar schwarzer Krähen, die auf ein geheimes Stichwort hin von einer Hochspannungsleitung auffliegt.
    Es war Macons Beerdigung.
    Ich erinnere mich noch an jede Einzelheit, als wäre es erst gestern gewesen, obwohl mir manches davon völlig unglaublich vorkommt. Beerdigungen sind eine vertrackte Angelegenheit – so wie das Leben auch. Manches Wichtige verdrängt man völlig, aber zufällige, scheinbar flüchtige Augenblicke verfolgen einen, blitzen im Geist wieder und wieder auf.
    Woran ich mich erinnern kann: Als es noch dunkel war, weckte mich Amma, um vor Morgengrauen zum Garten des Immerwährenden Friedens zu gehen. Lena war zerschlagen und erstarrt und am liebsten hätte sie alles um sich herum erstarren lassen und zerschlagen. Der Himmel war dunkel, so wie die Hälfte der Anwesenden am Grab dunkel war, die nämlich, die keine Menschen waren.
    Aber da ist noch etwas, woran ich mich jedoch beim besten Willen nicht erinnern kann. Es ist da, kriecht durch mein Unterbewusstsein. Seit Lenas Geburtstag, ihrem Sechzehnten Mond, dem Tag, an dem Macon starb, habe ich versucht, mich daran zu erinnern.
    Ich weiß nur, es ist etwas, das ich auf keinen Fall vergessen darf.
    Am Morgen von Macons Beerdigung war es draußen noch stockduster, nur hin und wieder fiel zwischen den Wolken der Mondschein durchs offene Fenster. In meinem Zimmer war es kalt, aber das war mir egal. In den letzten beiden Nächten seit Macons Tod hatte ich das Fenster offen gelassen, in der idiotischen Hoffnung, er würde noch einmal kommen, sich in meinen Schaukelstuhl setzen und eine Weile bei mir bleiben.
    Ich erinnerte mich noch genau an jene Nacht, als ich ihn im Dunkeln an meinem Fenster stehen sah. Damals war mir klar geworden, was er war: kein Vampir, wie ich anfangs vermutet hatte, und auch keine mythische Gestalt aus einem Buch, sondern ein leibhaftiger Dämon. Einer, der sich von Blut ernähren konnte, der es jedoch vorzog, sich an meinen Träumen zu nähren.
    Macon Melchizedek Ravenwood. Für die Menschen hier in der Gegend war er schlicht der alte Ravenwood, ein Einsiedler und Sonderling. Aber er war auch Lenas Onkel und der Einzige, der je so etwas wie ein Vater für sie gewesen war.
    Ich zog mich gerade im Dunkeln an, als ich wieder dieses warme Gefühl verspürte, das Lenas Gegenwart in mir auslöste.
    L?
    Lena sprach aus der Tiefe meiner Gedanken; sie war mir so nah, wie man einem anderen Menschen nur sein konnte, und gleichzeitig auch so weit entfernt. Wir benutzten Kelting, um miteinander zu sprechen, dieses Raunen , mit dem sich Caster schon verständigten, lange bevor es die sogenannte Mason-Dixon-Linie gab, jene gedachte Grenze, die darüber entschied, wer zu den Südstaaten gehörte. Es war die geheime Sprache der Vertrautheit und der Not, geboren in Zeiten, in denen man auf dem Scheiterhaufen enden konnte, wenn man anders war. Es war eine Sprache, in der wir uns eigentlich gar nicht unterhalten konnten, denn ich war ja ein Sterblicher. Aber aus einem unerklärlichen Grund konnten wir es trotzdem. Es war unsere Sprache für das Unausgesprochene und das Unaussprechliche.
    Ich kann’s nicht. Ich werde nicht gehen .
    Ich gab es auf, meine Krawatte zu binden, und ließ mich aufs Bett fallen. Die uralten Matratzenfedern knarrten.
    Du musst. Du wirst es dir nie verzeihen, wenn du es nicht tust .
    Einen Augenblick lang sagte sie nichts.
    Du weißt nicht, wie das ist .
    Oh doch, das weiß ich .
    Ich dachte an jenen Tag zurück, als ich auf dem Bett saß und Angst hatte, aufzustehen und meinen Anzug anzuziehen; als ich Angst hatte, in der Seelenmesse Verlass mich nicht zu singen und dann in dem düsteren Autokorso durch die Stadt zum Friedhof zu fahren, um meine Mutter zu beerdigen. Denn erst damit war alles grausame Wirklichkeit geworden.
    Ich konnte die Erinnerung daran kaum ertragen, aber ich öffnete mich Lena und zeigte ihr alles …
    Du meinst, du schaffst es nicht, aber du hast keine andere Wahl. Denn Amma wird dich an der Hand nehmen, dich zum Auto geleiten und in die Kirchenbank führen, und sie wird bei den Beileidsbezeugungen neben dir stehen – auch wenn jede Bewegung schmerzt, als wärst du von einem Fieber befallen. Du blickst
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