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Eine Unheilvolle Liebe

Eine Unheilvolle Liebe

Titel: Eine Unheilvolle Liebe
Autoren: Kami Garcia
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oder auch nur ein Wort zu sprechen.
    Meine Füße drohten, mir den Dienst zu versagen, denn sie hatten das Gleiche herausgefunden wie ich: Macons Garten des Immerwährenden Friedens und das Grab meiner Mutter lagen nur einen Magnolienstrauch voneinander entfernt.
    Die gewundenen Straßen liegen genau zwischen uns .
    Es war eine kitschige Zeile aus einem noch kitschigeren Gedicht, das ich Lena zum Valentinstag geschrieben hatte. Aber hier auf dem Friedhof stimmte es. Wer hätte gedacht, dass unsere Eltern – meine Mutter und der Mann, der für Lena wie ein Vater gewesen war – auf dem Friedhof nebeneinander liegen würden?
    Amma nahm mich bei der Hand und führte mich an Macons eindrucksvolle Grabstätte. »Bleib ganz ruhig.«
    Wir traten hinter die hüfthohe schwarze Umzäunung, die rund um sein Grab verlief; in Gatlin ein Zeichen für Vornehmheit. Sie war schmiedeeisern, die schief hängende Tür stand halb offen in dem hohen Gras. Macons Grab umgab eine ganz eigene Atmosphäre, so wie auch Macon selbst immer etwas Besonderes ausgestrahlt hatte.
    Innerhalb der schwarzen Umzäunung, unter dem schwarzen Baldachin, stand auf der einen Seite des reich geschnitzten schwarzen Sargs Lenas Familie: Gramma, Tante Del, Onkel Barclay, ihre Cousinen Reece und Ryan und Macons Mutter Arelia. Auf der anderen Seite, einige Schritte von Sarg und Baldachin entfernt, sah ich eine Gruppe Männer und eine Frau. Schulter an Schulter standen sie im Regen und waren staubtrocken. Es war wie bei einer Hochzeit, bei der die Verwandten der Braut in der Kirche auf der einen Seite des Mittelganges saßen und die des Bräutigams auf der anderen. Zwei verfeindete Clans, die sich misstrauisch musterten. An der Stirnseite des Sargs standen Lena und ein weißhaariger Mann. Auf der gegenüberliegenden Seite, gerade noch unter dem Baldachin, standen Amma und ich.
    Amma packte mich fester am Arm, zog ihr goldenes Amulett unter der Bluse hervor und rieb es in der Hand. Amma war nicht einfach nur abergläubisch, sie war eine Seherin. Generationen von Frauen aus ihrer Familie hatten Tarotkarten gelegt und mit den Geistern kommuniziert und Amma hatte gegen fast alles ein Amulett oder ein Zauberpüppchen parat. Das goldene Amulett diente zum Schutz. Ich starrte die Inkubi an; der Regen perlte von ihren Schultern ab, ohne eine Spur zu hinterlassen. Ich hoffte, sie gehörten zu denen, die sich nur von Träumen ernährten.
    Ich wollte wegschauen, aber das war gar nicht so einfach. Inkubi hatten etwas an sich, das einen in den Bann zog. Sie waren wie ein Spinnennetz, wie ein lockendes Raubtier. Im Dunkeln sah man ihre schwarzen Augen nicht und konnte sie beinahe für ganz normale Menschen halten. Ein paar von ihnen hatten sich so gekleidet, wie Macon es zu tun pflegte: in dunkle Anzüge und teure Mäntel. Einige erinnerten mich allerdings eher an Bauarbeiter, die nach der Arbeit noch auf ein Bier gingen, die Hände tief in den Taschen ihrer Jeansjacken vergraben. Die Frau war vermutlich ein Sukkubus. Ich hatte davon gelesen, hauptsächlich in Comic-Heften, und es immer für ein reines Ammenmärchen gehalten, eine Ausgeburt der Fantasie, genauso wie Werwölfe. Jetzt wusste ich, dass ich mich getäuscht hatte, denn auch sie stand im Regen und war so trocken wie die anderen.
    Die Inkubi hoben sich deutlich von Lenas Familie ab, die alle schimmernde schwarze Umhänge trugen. Der Stoff fing selbst den kleinsten Lichtstrahl auf und reflektierte ihn. Es war ein seltsamer Anblick, besonders wenn man die strenge Kleiderordnung für Frauen bedachte, die sonst auf Südstaaten-Beerdigungen herrschte.
    Die Mitte des Geschehens bildete Lena. Von ihr ging an diesem Tag nichts Magisches aus. Sie stand vor dem Sarg, die Finger ruhten leicht auf dem Sargdeckel, als hielte Macon noch irgendwie ihre Hand. Auch sie trug einen schimmernden Umhang, aber an ihr hing er matt herunter. Ihre schwarzen Haare hatte sie zu einem festen Knoten gebunden, keine einzige ihrer sonst so unbändigen Locken umschmeichelte ihr Gesicht. Sie sah zerbrechlich aus und irgendwie fehl am Platz. So als stünde sie auf der falschen Seite des Gangs. Als gehörte sie zu dem Teil von Macons Familie, der im Regen ausharrte, ohne nass zu werden.
    Lena?
    Sie hob den Kopf und unsere Blicke trafen sich. Seit an ihrem Geburtstag das eine Auge golden geworden und das andere grün geblieben war, hatten beide Augen einen Glanz angenommen, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Manchmal haselnussbraun, manchmal auf
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