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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady
Autoren: Teresa Medeiros
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Augenblick erfasste ein heftiger Windstoß ihren weiten Umhang und riss sie zurück. Ihre Füße verloren den Halt, und während sie verzweifelt festen Boden zu finden suchte, sprang Hayden zu ihr, und Lottie warf sich auf Hayden.
    Allegra schrie auf, ein schriller Laut, aus dem Albträume gemacht sind. Hayden bekam sie an den Aufschlägen ihres Mantels zu fassen, während Lotties Puppe ihren Armen entglitt und in die brodelnde See stürzte. Lottie krallte sich mit den Fingern an Haydens Rock fest, biss die Zähne zusammen und zog mit all ihrer Kraft an ihm, denn sie wusste, dass er seine Tochter niemals loslassen würde, selbst wenn es bedeutete, dass er mit ihr in den Abgrund stürzte.
    Außer sich vor Angst, dass sie sie beide verlieren könnte, kniff sie die Augen zu und betete verzweifelt: »Lieber Gott, bitte, bitte …«
    In genau dem Augenblick erfasste eine nach wildem Jasmin duftende Windböe Allegra und schob sie nach oben in die Arme ihres Vaters. Alle drei stolperten zurück und landeten auf dem felsigen Boden.
    »Oh, Papa!«, rief Allegra und warf sich zum ersten Mal seit vier Jahren an Haydens Brust.
    Er schlang seine Arme um sie und barg sein Gesicht in ihren wirren Locken. »Es ist gut, mein Baby. Papa ist da. Er wird dich nie mehr loslassen.«
    Vor Erleichterung und Verwunderung zitternd, schaute Lottie zu der Klippe. Einen Augenblick lang war eine Frauengestalt zu erkennen. Die Erscheinung lächelte und nickte ohne eine Spur von Spott. Und Lottie begriff, was sie sagen wollte: Im Tod hatte sie den Frieden gefunden, der ihr im Leben verwehrt geblieben war.
    Lottie nickte ihr langsam zu und nahm Justines unausgesprochenen Segen an, diesen Mann und dieses Kind zu ihrer Familie zu machen. Als Hayden schließlich den Kopf hob, war die Erscheinung längst verschwunden, als wäre sie nie mehr als ein Wolkenfetzen gewesen, der über den stürmischen Himmel wehte.
    Hayden griff nach ihr und zog sie zu sich und seiner Tochter. Lottie lächelte durch einen Tränenschleier zu ihm auf. »Es ist in Ordnung, Hayden. Ich verstehe, dass Justine immer deine erste Liebe sein wird.«
    Er legte ihr eine Hand auf die Wange und blickte sie aus seinen grünen Augen zärtlich und eindringlich an. »Justine mag meine erste Liebe gewesen sein, du aber, meine süße Lottie, bist meine letzte.«
    Als er mit seinen Lippen ihre streifte und sein Kuss sie mit Staunen und Hoffnung füllte, brach die Sonne durch die Wolken, und fröhliche Klaviermusik drang an ihr Ohr.
    Hayden erstarrte. »Hast du das gehört?«, fragte er und blickte sich um. »Denkst du, das war ein Geist?«
    »Sei nicht albern, Papa«, erwiderte Allegra und reckte ihre Nase in die Luft.
    Einen übermütigen Blick mit Lottie tauschend, erklärten die beiden Frauen in Haydens Leben einstimmig: »Geister gibt es nicht!«

Epilog
    Aus der Gesellschaftsspalte der
Times,
London, 26. März 1831:
    Lady Allegra St. Clair, die reizende junge Tochter eines der geachtetsten Bürger unserer schönen Stadt, wurde gestern Abend im Hause des berüchtigten Teufels von Devonbrooke in die Gesellschaft eingeführt. Sie eröffnete den Abend mit einem Klaviervortrag von Beethovens »Der Sturm«. Während die Gäste, zu denen auch der König zählte, vor Bewunderung für ihr brillantes Spiel noch sprachlos schwiegen, sprang ihr stolzer Vater auf und rief »Bravo! Bravo!« und setzte damit einen donnernden Applaus in Gang.
    Die entzückte Stiefmutter der Debütantin, die bekannte Verfasserin von
Die Braut des Todeslords
und
Mein lieber Blaubart,
verließ während der schwungvollen Walzerrunden und Quadrillen nur selten den Arm ihres Gatten. Auf die Frage, an was sie gerade arbeite, strahlte sie ihren Ehegemahl an und antwortetet »An einem Happy End.«
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