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Eine naechtliche Begegnung

Eine naechtliche Begegnung

Titel: Eine naechtliche Begegnung
Autoren: Meredith Duran
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dachte, du wärst bei Swanbys Soiree! Hat dein neuester Protegé nicht heute dort gespielt?«
    Simon nickte. »Bis vor einer Stunde.« Er hatte Andreasson, dem schwedischen Pianisten, dessen Talent er zurzeit unterstützte, geraten, ein paar eher disharmonische Stücke zum Besten zu geben. Lady Swanbys Gäste hatten die Musik angeblich geliebt. Morgen würden sie voller Begeisterung davon berichten, allein um damit zu prahlen, dass man sie eingeladen hatte. »Hat ziemlichen Eindruck gemacht.«
    Trotz seiner Bemühungen musste Harcourt seine düstere Stimmung herausgehört haben, denn er runzelte die Stirn und trat näher. »Es ist doch nicht schlecht gelaufen, oder?«
    Der Gedanke überraschte Simon, und er musste lachen. »Natürlich nicht.« Seine Entdeckungen waren immer
en vogue
. Wer der künstlerischen Meinung des Earls of Rushden widersprach, riskierte, für einen Hinterwäldler gehalten zu werden.
    Natürlich könnte sich das ändern, sobald bekannt wurde, dass er absolut pleite war.
    »Was plagt dich dann?«, fragte Harcourt.
    Simon zuckte mit den Schultern und angelte sich einen Drink vom Tablett eines vorbeigehenden Dieners. Das Getränk brannte giftig und chemisch auf der Zunge. Es hatte eigentlich keinen Sinn, das Gerichtsurteil zu verschweigen; die morgigen Zeitungen würden es durch das ganze Land posaunen.
    Aber als er das leere Glas sinken ließ, merkte er, dass er noch nicht bereit war, darüber zu sprechen. Er war noch viel zu entgeistert, um es in Worte zu fassen. Nur eins war sicher: Sein Vorgänger, der neunte Earl of Rushden, war geisteskrank gewesen. Nur ein Verrückter würde sein Vermögen einer lebenden und einer toten Tochter vererben und es zwischen ihnen aufteilen. Nur ein Verrückter konnte ein Testament aufsetzen, das den nachfolgenden Earl zur Mittellosigkeit verdammte, was unweigerlich dazu führte, dass der Familienbesitz zerfiel, Bedienstete entlassen wurden und die Ländereien verwahrlosten.
    Aber das tat nichts zur Sache. Das Gericht hatte trotz allem beschlossen, das Testament des alten Rushden zu bestätigen.
    Irgendwo in der Hölle freute der Mistkerl sich über seine Rache.
    Simon stieß einen langen Seufzer aus. Nein, er würde keine Zeit mehr mit diesem Unsinn vergeuden. Sollten die Journalisten sich an Erklärungen abarbeiten. »Nichts plagt mich«, sagte er, und nach einer Weile war er sich sogar ziemlich sicher, dass er es wirklich so meinte. Das Leben war ein großer, alberner Witz. Nur ein Narr nahm es ernst.
    Harcourt wirkte immer noch skeptisch, also setzte Simon als Zugabe ein Lächeln auf. »Hast du Dalziel hier irgendwo gesehen?« Bisher war es kein guter Tag gewesen, doch er konnte immer noch ein gutes Ende nehmen.
    »Ach was!« Harcourt grinste. »Hat er dir das Buch etwa immer noch nicht ausgehändigt? Da kann ich dir gern behilflich sein.« Er unterstrich sein Angebot mit einem demonstrativen Knacken seiner Fingerknöchel. Seit er bei den
Royal Fusiliers
ausgeschieden war, wusste er nichts mit sich anzufangen, und nichts heiterte ihn schneller auf als die Aussicht auf eine Prügelei.
    Simon hatte nicht damit gerechnet, so weit gehen zu müssen. Aber warum nicht. Schließlich hatte Dalziel das Geld angenommen, das Manuskript aber nicht herausgerückt. Nach einem so langen und unaussprechlich ärgerlichen Tag verlangte das nach Blutvergießen. »Unbedingt«, sagte er mit einem Achselzucken.
    Mit Harcourt an seiner Seite stürzte er sich in die Menge. Von allen Seiten kameradschaftlich geknufft, wurden sie mit hochgezogenen Augenbrauen und gelallten Aufmunterungen bedacht. Als Simon einem Grüppchen von Männern auswich, das dem Finanzminister dabei zusah, wie er einer brünetten Schönheit den Habit vom Leib riss, empfand er plötzlich finstere Heiterkeit. Die Mittelschicht schwafelte in ihren Zeitschriften so ernst über den Lohn harter Arbeit, Erfindergeist, Wissen und das rechte Leben. Ein einziger Blick in diesen Raum wäre ein höchst effektiver Gegenbeweis. Ihr Land wurde von lüsternen, zu groß geratenen Schuljungen regiert.
    »Colton wird außer sich sein, dass du hier bist«, bemerkte Harcourt. »Er hat schon nach dir gefragt. Meinte, er hätte dich seit Wochen nicht gesehen.«
    Colton war der Gastgeber dieser Veranstaltung. Da er sich unbedingt als Lebemann beweisen wollte, hatte er sich um die Freundschaft jedes halbwegs verrufenen Gentlemans bemüht, den er ausfindig machen konnte. Es war mühsam, ihm aus dem Weg zu gehen, aber ihn zu ermutigen war
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