Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine naechtliche Begegnung

Eine naechtliche Begegnung

Titel: Eine naechtliche Begegnung
Autoren: Meredith Duran
Vom Netzwerk:
können!«
    Michael ließ sie los. »Deine verdammte Mutter, nicht du. Und sie stirbt, hörst du’s nicht?«
    »Weil du das Geld versäufst, das sie retten könnte!«
    Der Schlag kam plötzlich aus der Dunkelheit. Wie ein Blitz fuhr der Schmerz in ihren Kiefer. Nell krachte auf die Dielen. Sie riss die Augen auf und hörte ihr eigenes ersticktes Keuchen. Das raue Holz brannte unter ihrer Wange.
    Im Hintergrund rief Mama: »Cornelia! Geht es dir auch gut?«
    »Geht es dir auch gut?«, äffte Michael sie nach. »Die verdammte Queen persönlich!«
    Nell rührte sich nicht. Das Gehirn schien in ihrem Schädel zu rasseln, aber sie konnte den Kiefer noch bewegen. Gott sei Dank hatte er den Handrücken benutzt, nicht die Faust.
    »Ein fester Tritt«, sagte Michael leise. »Mehr braucht es nicht, eingebildete Schlampe.«
    Der Schmerz wurde von ihrem Zorn hinweggeschwemmt. Die dumme, nutzlose Gabel, die sie noch umklammert hielt – sie hätte zustechen sollen, als sie noch Gelegenheit dazu hatte.
    »Aber du musst Geld verdienen«, fuhr er fort. »Also gewöhn dich dran, auf dem Rücken zu liegen.«
    Vorher bringe ich dich um
, dachte sie.
    Sie sah den Schattenriss seiner breiten Schultern vor dem Vorhang, bevor er ihn rabiat zur Seite zog. Der Stoff riss ab und fiel zu Boden. Seine Schritte stampften über die bebenden Dielen. Angeln quietschten. Die Haustür fiel zu.
    Eine zitternde Stimme ertönte im Nebenraum. »Cornelia? Cor…«
    Ein Hustenanfall unterbrach sie und brachte Nell dazu, sich aufzusetzen. Der ganze Raum drehte sich um sie. Vorsichtig wischte sie sich das Blut von der Nase. Ihre Wut schmeckte bitter wie Galle. Sie hasste Michael. Und sie hasste Dickie Jackson. Sie hasste Michael so sehr, dass ihr ganz schwindelig und heiß davon wurde. Wütend schleuderte sie die nutzlose Gabel zur Seite.
    Nebenan raschelte es. Mum versuchte, sich aufzusetzen.
    Nell atmete tief ein. »Mir geht es gut«, sagte sie, zwang sich aufzustehen und eilte am zerrissenen Vorhang vorbei zu ihrer Mutter. »Schsch, Mum, leg dich hin. Mir geht es gut.«
    »Nein«, sagte Mum. Ihr ergrauendes Haar umrahmte das dunkle Gesicht wie ein blasser Heiligenschein. »Gott schütze dich. Gott bewahre dich. Gott behüte uns alle …« Sie drehte den Kopf zur Seite, um zu husten.
    Nell legte ihr eine Hand auf den Rücken und stützte sie, als sie sich wieder auf die Matratze zurücklegte. »Alles ist gut, Mum. Schlaf wieder ein.«
    »Du musst … ihn um Hilfe bitten. Er ist böse, aber er wird dir helfen.«
    »Das mache ich«, murmelte Nell. Sie streichelte die heiße, trockene Wange ihrer Mutter. Das Fieber stieg immer zur Nacht.
    Mum drehte gereizt den Kopf weg. »Hör mir zu«, sagte sie. »Schreib ihm. Ich hatte gehofft … ich habe es für dich getan, Cornelia. Seine Wollust, er war ein Teufel. Noch verdorbener und hochmütiger als Michael. Wollust und Verderbnis …«
    Großartig. Das Letzte, was Mum jetzt brauchte, war einen ihrer Anfälle. »Beruhige dich bitte. Leg dich einfach still hin.«
    »Nein.« Die knochigen Finger gruben sich tief in Nells Arm, als bettelten sie um ihre Aufmerksamkeit. »Wappne dich. Bitte Gott, dich zu beschützen. Aber sag ihm, wer du bist. Sag ihm … ich glaubte, dich zu retten. Wollte einen Teil von ihm behalten. Und auch einen Teil von ihm retten.« Mum wurde von einem heftigen Hustenanfall heimgesucht. Ihr schmaler Leib zerbrach beinahe an dem Versuch zu atmen.
    »In Ordnung. Das sage ich ihm.« Dieser verfluchte Michael! Und die verfluchten Malloys von oben, die sich in den Kopf gesetzt hatten, dass Mum eine zweitrangige Heilige wäre. Sie bestärkten sie in ihrem Gerede von Dämonen und Engeln und baten ihre Mutter, Fürsprache für sie zu halten. »Mum, du musst jetzt schlafen.«
    »Ich bin bei Verstand.« Eine erstaunliche Sekunde lang klang Mum so bestimmt und klar wie früher, als sie Michael noch mit Ohrfeigen bestrafte, wenn er den Namen des Herrn missbrauchte, und ihn jeden Sonntag dazu zwang, drei Stunden lang mit ihnen allen auf Knien zu beten. »Du musst zu ihm zurückgehen, Cornelia. Ich vergebe dir.«
    »Ich gehe. Aber beruhige dich.«
    »Du musst zu deinem Vater gehen. Lord Rushden wartet.«
    Nell erstarrte. Lord Rushden? Der Vater von dem Mädchen auf der Fotografie?
    Bei diesem sonderbaren Zufall sträubten sich ihr die Nackenhaare. »Mum, was meinst du damit?«
    »Ach, der Teufel«, sagte ihre Mutter seufzend. »Aber ich vergebe dir.«
    »Was vergibst du mir?«, flüsterte Nell.
    »Du musst
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher