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Eine Koelner Karriere

Eine Koelner Karriere

Titel: Eine Koelner Karriere
Autoren: Thomas Ziegler
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einer Woche ausgezogen.« Sein Grinsen wurde noch um eine Zehnerpotenz zotiger. »Im Ausziehen war sie ja schon immer ganz groß.«
    Er lachte meckernd; zweifellos war er über Yvonnes Gewerbe im Bilde. Aber das war das mindeste, was man von einem deutschen Hausmeister verlangen konnte.
    »Wissen Sie, wo sie hingezogen ist? Ich muß sie wirklich dringend sprechen.«
    »Sprechen ist gut, ha, ha! Sie stehen wohl ziemlich unter Druck, was? Nee, junger Mann, keine Ahnung. Außerdem darf ich über ehemalige Mieter sowieso keine Auskunft geben …«
    Markesch zauberte einen Fünfzigmarkschein aus der Tasche.
    »… aber da Sie ein so vertrauenerweckender Mensch sind, kann ich wohl ’ne Ausnahme machen.« Der Fünfziger verschwand in den unergründlichen Taschen des Hausmeisterkittels. »Tscha, mit ’ner neuen Adresse kann ich trotzdem nicht dienen. Vor ’ner Woche fand ich die Kündigung und die Schlüssel im Briefkasten, und als ich in die Wohnung ging, war schon alles ausgeräumt. Nur jede Menge Schmutz und Müll hat sie hinterlassen. Immerhin hat sie drei Monatsmieten im voraus bezahlt – da will ich mich nicht beschweren.«
    »Glauben Sie, daß einer der Nachbarn mehr weiß?«
    »Da müssen Sie schon die Nachbarn selbst fragen; ich bin nur der Hausmeister. Aber da war doch noch was …« Der Schmächtige rieb sich nachdenklich das vergilbte Kinn. »Was war denn da noch gleich? Wenn’s mir doch nur einfallen würde …«
    Markesch verstand und zauberte seufzend einen zweiten Fünfzigmarkschein hervor, der sofort in den Taschen des blauen Kittels verschwand.
    »Hoppla – jetzt fällt’s mir wieder ein! Ich weiß zwar nicht, ob’s Ihnen hilft, aber vor ’ner Minute hat schon jemand nach Ihrer Freundin gefragt.« Er senkte verschwörerisch die Stimme. »’ne finstere Type – zwei Köpfe größer als Sie, dreimal so breit und mit ’nem Gesicht zum Eierabschrecken.«
    Nach der Beschreibung konnte es sich nur um das Anabolika-Monstrum handeln.
    »Und?« fragte Markesch.
    »Nichts und. Erstens gebe ich keine Auskünfte, und zweitens war er nicht so vertrauenerweckend wie Sie. Aber wenn Sie mich fragen – wenn so ’ne Type nach meiner Freundin suchen würde, also, ich hätte kein gutes Gefühl dabei.«
    »Ich verstehe.« Er griff erneut in die Tasche und zog diesmal seine Visitenkarte mit dem stilisierten Regenbogen heraus. »Sollte Ihnen noch irgend etwas einfallen, können Sie mich unter dieser Nummer erreichen.«
    Der Hausmeister las die Karte und riß die Augen auf. »Du liebe Güte! Sie sind ja Privatdetektiv! Hat die Schmidt was ausgefressen?«
    »Keine Spur. Ihre Großtante väterlicherseits aus Papua-Neuguinea ist verstorben und hat ihr eine wertvolle Schrumpfkopfsammlung vererbt. Also rufen Sie mich an, wenn Sie etwas hören – im Erfolgsfall winken Ihnen zehn Prozent des Erbes!«
    Markesch wandte sich ab und verließ eilig das Haus, aber nachdem er den Appartementkomplex zweimal umrundet und keine Spur von dem Monstrum gefunden hatte, gab er die Suche auf.
    Wer war Arnold Anabolika?
    Ein Freier, dem es nach erotischen Doktorspielen gelüstete? Oder jemand, der wie Kress mit indiskreten Fotos erpreßt wurde?
    Aber wenn man vom Äußeren eines Menschen auf seinen Charakter schließen konnte – und Markesch sah keinen Grund, auf diese Schlußfolgerung zu verzichten – dann gehörte er eher zu der Sorte, die selbst erpreßten.
    Er kehrte noch einmal ins Haus zurück, um Yvonne Schmidts Nachbarn zu befragen, doch entweder arbeiteten sie alle, um die horrende Miete zu verdienen, oder sie waren ebenfalls Kreaturen der Nacht und öffneten bei Tageslicht grundsätzlich nicht die Tür.
    Um seinen kriminalistischen Sachverstand zu schärfen, steuerte er die Terrasse des benachbarten griechischen Restaurants Poseidon II an, wo eine Handvoll Tagediebe bei harzigem Retsina und gefüllten Weinblättern den heiteren Frühlingsmorgen verlotterten. Er setzte sich in den Schatten eines Stuyvesant-Sonnenschirins, bewunderte die geschmackvollen beigefarbenen Gummidecken auf den weißen Plastiktischen und bestellte bei dem griechischen Kellner einen doppelten Scotch, der ohne Verzögerung serviert wurde.
    Auf dem Nebentisch lag eine zerlesene Ausgabe des Kölner Stadtanzeigers vom Vortag, und als er müßig danach griff, um sich den Morgen mit den globalen Horrornachrichten zu verderben, sprang ihm der Name Kress ins Auge. Die dazu gehörende Schlagzeile – POLITREBELL GIBT PARTEIBUCH ZURÜCK – irritierte ihn für einen
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