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Eine Klasse für sich

Eine Klasse für sich

Titel: Eine Klasse für sich
Autoren: Julian Fellowes
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positiv aus, wie wir beide von vornherein gewusst hatten, und somit bestand kein Zweifel, dass Damians Angelegenheiten gerecht geregelt würden. Sein Anwalt gab mir eine Kopie des Testaments und bat mich, es durchzulesen, damit er etwaige Fragen gleich beantworten könne, aber alles war recht unkompliziert, wenn auch in seiner schieren Größenordnung überwältigend. Damian hatte keine nahen Verwandten, also stand nicht zu befürchten, dass seine Verfügungen, die manche exzentrisch nennen würden, angefochten werden könnten. Das Dokument selbst war absolut klar. Mir hatte er die mühsame Aufgabe des Testamentsvollstreckers zugedacht. Zwei Dinge machten dies erträglicher: Erstens hatte ich das Amt allein inne, und alle Manager, Bankleute, Gremienmitglieder und Finanzberater von Damians weit gespanntem Imperium würden sich meinen Entscheidungen beugen müssen. Zweitens wurde mir die bittere Pille durch einen stattlichen Geldbetrag versüßt, den mir Damian »als Dank für die freundliche Übernahme einer langwierigen Aufgabe« vermachte. Das hatte ich nicht erwartet, war aber überaus dankbar dafür und bin es noch. Ich gestehe unverhohlen, dass diese Hinterlassenschaft mein Leben sehr zum Besseren wendete.
    Er hatte auch eine in meinen Augen ungeheure Summe abgezweigt, die ich aufteilen sollte, und zwar – ich zitiere — »nach seinem Gutdünken zwischen den anderen auf der Liste. Er wird diesen Auftrag verstehen. Ich spreche keine Empfehlungen aus, wie dies zu tun sei, da er der Philanthrop ist und nicht ich.« Bei der Zuweisung des Geldes ging ich schamlos parteiisch vor: Den Löwenanteil erhielt Dagmar, mit dem erfreulichen Ergebnis, dass sie William fast auf der Stelle verließ. Mir war nicht entfallen, dass Damian sie bei
seinem schrecklichen Auftritt als Einzige freundlich behandelt hatte, und interpretierte das so, dass ihm ihr Glück am Herzen lag. Ein ansehnlicher Betrag ging an Candida, wofür sie sehr dankbar war, ein weiterer an Lucy, den Philip jedoch innerhalb von drei Jahren durch weitere unausgegorene Geschäftsideen verlor. Terry investierte ihren Anteil überraschend klug und erntet nun die Erträge. Kieran habe ich kein Geld gegeben, weil er es nicht braucht, aber ich betrachtete ihn als legitimen Erben Joannas, kaufte aus dem Nachlass das Seestück von Turner, das ich bei meinem ersten Besuch in der Bibliothek bewundert hatte, und schenkte es ihm. Ich glaube, er hat sich darüber gefreut. Eine einzige Entscheidung habe ich im Alleingang getroffen, wozu ich als Vollstrecker in jeder Weise befugt war: Ich habe Penistons Schwester Mary eine bedeutende Summe zukommen lassen, zum Teil aus dem unguten Gefühl heraus, dass Peniston Besitz und Titel erben würde, aber nur in Marys Adern das Blut der Beltons floss, zum Teil im Sinn von Damians genereller Absicht, sein Geld zwischen denen, die er liebte, und ihren Nachkommen aufzuteilen. Keine der Schenkungen kratzte Damians Riesenvermögen auch nur am Rande an, sie unterstützten aber die Legende, die von Serena eifrig genährt und verbreitet wurde. Natürlich mussten mir Candida und Terry, die beiden einzigen anderen Eingeweihten, absolutes Stillschweigen geloben. Bei Candida, Serenas Cousine, sah ich nie eine Gefahr; mehr beunruhigte mich meine Indiskretion gegenüber Terry, und ich überlegte tatsächlich, ob ich das Vermächtnis an eine Schweigeklausel knüpfen sollte. Aber damit hätte ich riskiert, sie zu beleidigen, und vielleicht genau das Gegenteil erreicht, also verließ ich mich auf den Rest ihres Anstands. Bisher wurde ich nicht enttäuscht.
    Die Beerdigung fand in kleinem, schlichtem Rahmen statt, Damian wurde im Friedhof von St. Teresa von Avila beigesetzt, der Kirche, der gegenüber er sich zu Lebzeiten so spendabel erwiesen hat. Einige Monate später hielten wir in St. George am Hanover Square eine größere, gut besuchte Gedenkfeier ab. Inzwischen war sein Testament allgemein bekannt und hatte in den Londoner Salons und bei Dinnerpartys für reichlich Gesprächsstoff gesorgt, daher fanden sich
in den voll besetzten Kirchenbänken viele Gesichter aus der Vergangenheit, hoffentlich nicht nur, weil danach zum Lunch ins Claridge’s geladen war. Serena unterstützte mich tatkräftig bei der Organisation, und auf ihren Vorschlag hin hielt Peniston eine kleine Rede. Er sprach davon, wie sehr seine Mutter Damian bewundert und geliebt hatte, was ich lobenswert und couragiert fand. Es beeindruckte mich, muss ich zugeben, dass auch Andrew
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