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Eine Katze im Wolfspelz

Eine Katze im Wolfspelz

Titel: Eine Katze im Wolfspelz
Autoren: Lydia Adamson
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Scharfsinnigkeit beeindruckt. Und nur wenige Minuten zuvor hatte ich zusammengekauert und zitternd vor Angst auf dem feuchten Boden gesessen.
    »Den Glauben an Bast?« fragte Judy Mizener.
    »Ja, aber er hatte ein paar kleine Änderungen eingebracht. Jack Tyre war ganz offensichtlich davon überzeugt, daß dieses irdische Leben nur eine lausige Vorstufe zu einem großartigen nächsten Leben ist. Daß jeder, der daran glaube, zu einem nächsten Leben wiederauferstehen würde, mit Körper und Seele. Und daß die ideale Art und Weise, in dieses ewige Leben einzutreten, in Gestalt einer Katze sei. Er umgab sich mit Katzenfreunden, die von ägyptischer Mythologie fasziniert waren. Sie haben Stunden zusammen vor den Exponaten in der ägyptischen Abteilung im Metropolitan Museum of Art verbracht.
    Jacks pseudo-ägyptische Predigten verfehlten ihre Wirkung nicht. Und er sprach - in den Augen seiner Anhänger - mit Bast, der Sonnengottheit, die der Überlieferung zufolge durch die wärmenden Sonnenstrahlen ewiges Leben verleiht. Die schöne, katzenköpfige Bast - das Symbol der Sonne, die den Toten neues Leben brachte, genau wie den Pflanzen, die wieder auf den Feldern zu sprießen begannen.
    Tyre bereitete die Bühne. Seine Anhänger sollten ihren Eintritt ins Paradies nicht unnötig hinausschieben. Vielleicht haben sie am Anfang ihrer dämonischen Reise Lose gezogen. Opfer Nummer eins wurde von Opfer Nummer zwei umgebracht. Opfer Nummer zwei wurde von Opfer Nummer drei umgebracht ... und so weiter.«
    »Langsam, Alice, nicht so schnell«, bat Judy.
    »Immer wenn ein Opfer starb, wurde seine Katze zu einem verlassenen Sumpf in den Adirondacks gebracht, um dort ihr Leben als wilde Katze unter der vermeintlichen Führung der Sonnengöttin fortzusetzen. Denn sie glaubten, in dem Moment, wo die Katze in der Wildnis eines natürlichen Todes starb, würde das Opfer die Pforten des Paradieses durchschreiten und wiederauferstehen als die Katze, die es einst geliebt hatte.«
    »Das ist alles totaler Wahnsinn«, murmelte Judy Mizener.
    Plötzlich fühlte ich mich müde. In meinem Kopf begann sich alles zu drehen. Ich lehnte mich gegen die Wand, um mich abzustützen.
    »Und deshalb entsprach der zeitliche Abstand zwischen den Morden auch immer der fruchtbaren Phase beziehungsweise der Trächtigkeitsdauer von Katzen. Die Anhänger dieses Kults glaubten, zum ewigen Leben als Katzen wiedergeboren zu werden.«
    Plötzlich bewegte Arcenaux sich. Bert Turk richtete seine eigene Pistole auf ihn. »Sehen Sie zu, daß er keinen Ärger macht«, sagte Judy Mizener zu dem kleinen Mann. Dann fragte sie mich: »Und was hat es mit den Spielzeugmäusen auf sich?«
    »Die wurden nicht für die Katzen zurückgelassen. Die waren für die Menschen gedacht. Die Ägypter haben ihren Toten immer Geschenke mitgegeben, für ihre Reise in das nächste Leben. Die Spielzeugmaus war ein symbolisches Geschenk, das den Übergang vom menschlichen Leben in das einer göttlichen Katze symbolisieren sollte. Und darum hingen auch überall schiefe Bilder herum. Die sollten darauf hinweisen, daß dieses irdische Leben krumm und schief ist, schrecklich, chaotisch, unordentlich.«
    »Aber was hat Arcenaux denn jetzt genau damit zu tun?«
    »Jedes Mitglied dieser Kultgemeinschaft zahlte zweitausendfünfhundert Dollar jährlich - so eine Art Zehnten - als Mitgliedsbeitrag für die Kirche der Bast. Dieses Geld bekam Arcenaux, und zwar dafür, daß er behilflich war, die rituellen Morde sauber auszuführen. Nur ein Detective von der Mordkommission war in der Lage, sich eine andere Todesart für jeden Mord zu überlegen, eine andere Mordwaffe für jede rituelle Tötung. Und es hat ja auch wirklich alles prima funktioniert. Erst der glückliche Verdacht hinsichtlich der Spielzeugmäuse hat den Plan auffliegen lassen. Arcenaux war auch dafür verantwortlich, die Katzen in die Adirondacks zu bringen. Aber nur Jack Tyre wußte, daß Arcenaux etwas mit der ganzen Sache zu tun hatte. Er kontrollierte Arcenaux. Er gab dem Detective jedes Jahr das Geld. Und Arcenaux erstattete nur Tyre seine Berichte.«
    »Wie haben Sie all diese Teilchen zusammengesetzt, Alice?«
    »Ich habe herausgefunden, daß Arcenaux an den Ermittlungen im Mordfall Jill Bonaventura vor vielen Jahren beteiligt gewesen war. Er hat ihren Bruder verhört, der ihm von den zweitausendfünfhundert Dollar erzählt haben muß, die er seiner Schwester jedes Jahr gab. Und der Bruder hatte keine Ahnung, wofür das Geld war.
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