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Eine Katze im Wolfspelz

Eine Katze im Wolfspelz

Titel: Eine Katze im Wolfspelz
Autoren: Lydia Adamson
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Möglichkeit Angst hatte, daß ich in dem Moment, wenn das Sofa hochgehoben war, nicht Abaelard sehen würde - sondern Bast! Ich würde Bast sehen, wie sie sich in ihrer gesamten katzenköpfigen Herrlichkeit vom Boden erhob.
    »Laß ihn in Ruhe«, sagte ich drängend zu Tony. Mein Rücken war schweißnaß. Wir verließen die Wohnung schnell, als ob Dämonen uns auf den Fersen seien.
    Auf der Straße sagte Tony: »Ich glaube, ich habe ein bißchen was von ihm gesehen, Alice. Er hat zwei Ohren, zwei Augen, eine Nase, vier Pfoten und einen Schwanz. Er ist wirklich ein sehr hübscher Kater.«
    Ich hörte Tony überhaupt nicht zu. Ich wollte so schnell wie möglich nach Hause, wo ich eine Weile von all diesem ägyptischen Zeug verschont sein würde. Dort war es sicher. Und wenn ich jemals als Katze wiedergeboren werden würde, dann bestimmt nicht als Bushy oder Pancho. Dafür waren die beiden wirklich zu kompliziert.

22
    Der Polizist stellte sich mir in den Weg. Ich konnte ihn nicht loswerden. Er sagte frech: »Kein Ausweis - kein Einlaß! So einfach ist das, junge Frau.«
    »Ich habe keinen Ausweis. Ich arbeite nicht mehr für Retro. Judy Mizener hat mich angerufen und gesagt, ich solle kommen und ein paar Sachen abholen, die ich hier vergessen habe.«
    Ich erklärte ihm die Situation, als ob er ein kleines Kind wäre. Ich war wütend auf mich selbst, weil ich noch einmal ins Retro-Gebäude gekommen war. Aber Judy Mizener hatte mich angerufen und gesagt, daß da noch ein ganzer Haufen Zeug in meiner Kammer gewesen wäre, den ich nicht weggeräumt hatte. Sie hatte mich gebeten, alles so schnell wie möglich abzuholen.
    Zehn Sekunden später trat er endlich zur Seite und gewährte mir Einlaß in die heiligen Hallen. Ich ging schnellen Schrittes zu der kleinen Kammer.
    An der Tür hing ein mit Schreibmaschine geschriebener Zettel. Darauf stand:
    Alice,
    wir haben Ihre Sachen in den nördlichen Konferenzraum bringen lassen. Bitte holen Sie sie dort ab.
    Judy Mizener
     
    P.S. Arcenaux ist bereit, sich der Strafvereitelung und der Steuerhinterziehung schuldig zu bekennen, wenn wir dafür die Anklage auf Beihilfe zum Mord fallenlassen. Noch ist nichts entschieden. Passen Sie auf sich auf.
    Ich knüllte den Zettel zusammen und ließ ihn auf dem leeren Tisch liegen. Ich ging zu dem Konferenzraum. Ich hatte keinerlei Verlangen, irgendeinem von den Retro-Leuten zu begegnen. Aber die Gänge waren leer, kein Retro-Typ in Sicht.
    Ich ging in den Konferenzraum, schloß die Tür hinter mir und tastete nach dem Lichtschalter an der Wand.
    Etwas umschloß mein Handgelenk mit eisernem Griff.
    Ich schrie in der Dunkelheit.
    Dann war der Raum plötzlich hell.
    Ich blickte in ein riesiges, weißes Gesicht.
    Es war nur wenige Zentimeter vor mir entfernt.
    Meine Knie wurden weich. Mein Herz hämmerte in meiner Brust. Ich trat einen Schritt zurück.
    Dann bemerkte ich, daß ich in ein Mäusegesicht blickte.
    Vor mir war das Gesicht und der Körper eines riesigen weißen Mäuseballons, der den gesamten Raum einzunehmen schien.
    Eine Sekunde später tat es einen unglaublichen Knall, und die Maus war verschwunden.
    Und da stand Judy Mizener, grinsend, mit einer glitzernden Hutnadel in der Hand - die Waffe, die dem Ballon den Garaus gemacht hatte.
    Und dann füllte sich der Raum mit Menschen. Da waren Bert Turk und Rothwax und buchstäblich sämtliche Angestellten von Retro, einschließlich der Computerleute.
    Sie fingen an zu klatschen, und ich brauchte eine ganze Weile, bevor mir klar wurde, daß sie mir applaudierten und daß der riesige weiße Mäuseballon ein Geschenk für mich gewesen war. Das war sozusagen ihre Entschuldigung und der Ausdruck der Anerkennung für jemanden, der seine Arbeit gut gemacht hatte.
    »Ich glaube, es ist Zeit für eine Ansprache«, sagte Judy Mizener. Sie hob die Hand, damit endlich Ruhe eintrat, und schob mich in die Mitte des Raumes.
    Auf dem Tisch vor der Tafel standen Bierdosen und Whiskyflaschen und Platten mit verlockenden appetitlichen kleinen Häppchen und Pappteller und -becher. Alles war so unerwartet und zutiefst rührend. Dies hier war eine Überraschungsparty für mich.
    Ich sah mich im Raum um. Sie warteten alle darauf, daß ich etwas sagen würde. Kein Miauen mehr.
    Zum ersten Mal in meinem Leben war ich wirklich sprachlos. Ich hatte tausend Rollen auswendig gelernt, aber ich konnte mich nicht an eine einzige Zeile erinnern.
    Alle warteten immer noch geduldig.
    Schließlich sagte ich das einzige auf,
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