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Eine Katze im Wolfspelz

Eine Katze im Wolfspelz

Titel: Eine Katze im Wolfspelz
Autoren: Lydia Adamson
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weiterdenken, müssen wir zu dem Schluß kommen, daß die verschwundenen Katzen keineswegs unwichtig sind, sondern daß sie vielleicht sogar das Motiv für die Morde darstellen.«
    Das war es - ich hatte es gesagt. Klipp und klar. Gut formuliert. Logisch. Ich hatte sowohl die Fakten, die wir hatten, als auch die Fakten, die uns fehlten, berücksichtigt. Ich trat einen Schritt zurück und wappnete mich für die erregten Fragen und Kommentare, mit denen ich jetzt rechnete.
    Im Raum war es totenstill. Ich wartete und verlagerte mein Gewicht unbehaglich von einem Bein auf das andere. Ich hörte ein nervöses Füßescharren. Niemand aus dem Publikum sah mich an. Sie schauten an die Decke, auf den Fußboden, auf die anderen. Was war hier schiefgelaufen?
    Schließlich stand Judy Mizener auf. »Vielen Dank, Miss Nestleton. Ihr Vortrag war sehr interessant.« Mit einer Handbewegung bedeutete sie mir, wieder Platz zu nehmen. Also setzte ich mich. Ich fühlte mich unbehaglich, peinlich berührt und verunsichert. Ich war nicht daran gewöhnt, daß ein Publikum so gar keine Reaktion zeigte.
    »Unser nächster Vortragender«, sagte Judy Mizener, »ist FBI-Agent beim Ermittlungsbüro in Baltimore. Wie Sie alle wissen, gibt es dort eine sehr tüchtige Spezialeinheit für Serienverbrechen, und wir haben ihnen eine Menge von unseren Informationen geschickt. Chandler Grannis ist heute hergekommen, um uns von einigen sehr interessanten Entwicklungen zu berichten.«
    Ein dünner, sehr sorgfältig gekleideter Mann mit sandfarbenem Haar stand auf und ging nach vorne. Er trug einen grauen Anzug mit einer grauen Weste, ein braunes Hemd und eine braune Krawatte. Er öffnete den Knopf seines Jacketts, und für einen Augenblick war seine Pistole im Schultergurt zu sehen. Er sprach mit einem weichen Südstaatenakzent.
    »Es ist mir eine Ehre«, sagte er, »nach einer so attraktiven Vorrednerin sprechen zu dürfen. Miss Nestletons Theorie ist faszinierend. Das ist genauso, als wenn man behaupten würde, daß, weil Babe Ruth vor jedem Spiel in den Puff ging, die Anzahl der home-runs, die er machte, und die Anzahl der Kondome, die er benutzt hatte, übereinstimmen würden.«
    Alle Anwesenden brachen in höhnisches Gelächter aus. Vor Wut und Scham schoß mir die Röte ins Gesicht.
    Auf das Gelächter folgte Applaus, und dann kam mindestens ein Dutzend spöttischer Bemerkungen aus dem Publikum, die dem Vergleich meines Vortrags mit Grannis’ Geschichte zustimmten und sogar noch böswilligere Vergleiche anführten. Niemand sah mich an, aber all ihre Bemerkungen zielten auf mich.
    Der FBI-Agent wartete, bis es wieder ruhiger geworden war, drehte sich um und betrachtete einen Moment lang die Fotos an der Wand.
    Als er sich wieder umwandte, war Ruhe eingekehrt.
    »Ich habe nicht vor, mich zurückzuhalten. Wenn ich mir Ihre Ermittlungen anschaue, habe ich den Eindruck, daß Sie auf einem anderen Planeten leben. Vielleicht hat das damit zu tun, daß es lange keinerlei Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen all diesen Fällen gab - bis zu den letzten beiden Morden, als Sie diese berüchtigte Maus gefunden haben. Jetzt tun Sie mir mal einen Gefallen. Vergessen Sie diesen ganzen Katz-und-Maus-Unfug. Okay? Sie müssen einen ziemlich garstigen Typen finden. Okay?
    Denn Sie sind alle dermaßen auf diesen Katz-und-Maus-Unfug fixiert, daß Ihnen das Grundmuster dieser Serienmorde völlig entgangen ist.«
    Er hielt inne und blickte Judy Mizener direkt in die Augen. Es war offensichtlich, daß sie anfing, sich ziemlich unwohl zu fühlen.
    Er fuhr fort: »Ich ... nun, ich bin ein ziemlich altmodischer Knabe. Daher sind mir ein paar ziemlich altmodische Fakten aufgefallen. Fakten, mit denen man bei dieser Art von Verbrechen immer am meisten anfangen kann - der Rhythmus der Morde, Zeiten, Abstände, Daten.«
    Er hob die Hand und zeigte auf die Fotos. »All diese Morde wurden zwischen Dezember und Juni begangen. Wenn in einem Jahr zwei Morde begangen wurden, dann in einem zeitlichen Abstand zwischen zweiundsechzig und fünfundsechzig Tagen. Lassen Sie mich noch einmal wiederholen: Mordzeit zwischen Dezember und Juni, mit zweiundsechzig bis fünfundsechzig Tagen zwischen zwei Morden.«
    Mehrere Leute im Publikum machten sich Notizen.
    »So, und das entspricht nun dem klassischen Grundmuster von Serienmördern: Sie töten nach irgendwelchen numerologischen oder astrologischen Mustern. Kurz und gut: Der Täter ist ein Verrückter.«
    Chandler Grannis grinste. Er hatte
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