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Eine Frau geht ihren Weg

Eine Frau geht ihren Weg

Titel: Eine Frau geht ihren Weg
Autoren: Julia Howard
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zögernd an. „Die meisten Leute versuchen, ihn zu bemuttern, und machen ihn damit unsicherer, als er normalerweise ist.”
    „Ich hatte nicht den Eindruck, dass er irgendwelche Hilfe benötigte”, meinte Daniel. „Ihr seht euch übrigens sehr ähnlich.” Daniel streichelte zärtlich ihre Wange. „Ihr habt beide den gleichen intensiven Blick, wenn ihr euch auf etwas konzentriert. Ich fühle mich immer sehr Seite 15 von 73

    geschmeichelt, wenn du mich mit diesem Blick anschaust. Du hast offensichtlich ein sehr gutes Verhältnis zu deinem Bruder”, fügte er mit weicher Stimme hinzu.
    Doch statt des zustimmenden Lächelns, das er erwartet hatte, senkte sie traurig den Kopf und fuhr mit den Fingerspitzen abwesend über den Rand des Weinglases.
    Eine Weile schwieg sie, bevor sie mit tränenerstickter Stimme flüsterte: „Erst nach dem Tod meines Vaters habe ich meinen Bruder richtig kennengelernt. Er tröstete mich über den schweren Verlust hinweg, obwohl ich um einen Mann trauerte, den zu lieben Allen keinen Grund hatte.”
    „Aber es war doch sein Vater”, wandte Daniel ein.
    „Mein Vater konnte Allens Anblick kaum ertragen. Wir sind nie eine richtige Familie gewesen.
    Meine Mutter hat all ihre Zeit und Energie auf Allen verwendet, während mein Vater das bisschen Freizeit, das ihm seine Arbeit ließ, mit mir verbrachte. Wir waren uns fremd, obwohl wir im selben Haus wohnten.”
    Sybil stand auf, um sich ein Taschentuch zu holen und sich damit die Tränen abzuwischen.
    Nachdem sie sich wieder neben Daniel gesetzt hatte, fuhr sie fort: „Ich habe meinen Vater sehr geliebt, er ist mir ein Vorbild gewesen. Nach seinem Tod hatte ich niemanden, denn mit meiner Mutter verstand ich mich kaum, und Allen war ein Fremder für mich. Ich ließ mich hier in San Diego auf dem College einschreiben, und er und Sally boten mir an, bei ihnen zu wohnen.
    Allmählich entwickelten Allen und ich ein vertrautes Verhältnis zueinander.”
    Daniel beugte sich vor, um ihr Wein nachzuschenken. Während er ihr das Glas reichte, sagte er: „Wenigstens ist es für eure Beziehung nicht zu spät gewesen. Ihr habt euch gefunden, und darüber solltest du glücklich sein.”
    „Das bin ich auch”, entgegnete sie leise und trank einen Schluck Wein. Um die ernste Stimmung etwas aufzulockern, erhob sich • Sybil und ging zur Stereoanlage. „Hast du etwas dagegen, wenn ich eine Platte auflege?”
    „Nicht, solange du mich mit der ,Neuen Welle’ verschonst, denn ich glaube, diese Musik liegt jenseits meiner Toleranzgrenze”, entgegnete Daniel in einem heiteren Ton. Sybil lachte. „Da kannst du ganz beruhigt sein, mir geht es ebenso.” Sie suchte sich ihre Lieblingssonate von Mozart heraus, wartete, bis die ersten Töne erklangen, und setzte sich dann wieder neben Daniel.
    Schweigend lauschten sie der Melodie. Zu ihrer Überraschung stellte Sybil fest, dass das Schweigen zwischen ihnen nicht unangenehm, sondern sehr entspannend war. Sie verspürte nicht das geringste Bedürfnis, irgend etwas zu sagen, und Daniel, der bequem seine langen Beine ausgestreckt hatte, schien offensichtlich genauso zu empfinden. Ein zufriedenes, sinnliches Lächeln glitt über ihre Züge.
    Daniel hob die Hand und fuhr sanft durch ihr Haar. Das Licht der direkt hinter ihnen stehenden Lampe, strahlte es an und ließ es golden schimmern.
    Der Wein, die Musik und Daniels zarte Berührung verzauberten Sybil, die, ohne es zu merken, wieder zur sinnlichen Frau wurde, deren Sehnsüchte in ihren Augen zu lesen waren.
    „Weißt du eigentlich, wie schön du bist?” flüsterte Daniel.
    Lächelnd lehnte Sybil den Kopf gegen seine Schulter. Zärtlich zeichnete er die Linien ihres Gesichts nach, und ohne weiter über die Konsequenzen nachzudenken, küsste Sybil seine Handfläche.
    Seine Augen, die eben noch von einem klaren Blau gewesen waren, verdunkelten sich.
    Leidenschaftlich zog Daniel sie in seine Arme und ergriff in einem fordernden Kuss Besitz von ihren Lippen.
    „O Sybil”, flüsterte er und schaute sie voller Staunen an. Er schloss die Augen, als wolle er nicht wahrhaben, was in ihm vorging. „Sybil”, wiederholte er und sah sie wieder an. „Wir müssen miteinander reden.”
    Sybil brauchte einen Augenblick, um wieder zu sich zu kommen Warum verschieben wir das nicht auf morgen früh? ” flüsterte sie. Sie ahnte, dass das, worüber er sprechen wollte, etwas mit ihrer Arbeit zu tun hatte. Und dieses Thema mochte sie im Moment nicht anschneiden.
    Gut”
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