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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus
Autoren: Doreen Orion
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Erwiderung »Das ist eine gute Idee, Schatz,
aber für die Wochen, in denen ich dran bin, stelle ich einen Scheck aus« quittiert habe) und bringt den Müll raus (gibt es überhaupt verheiratete Frauen, die das selbst tun?). Aber kaum hatten wir angekündigt, diese »Bus-Geschichte«, wie wir es mittlerweile nannten, zu machen, erntete ich nur noch schiefe Blicke von meinen Freundinnen. Sie behaupteten steif und fest, ich ließe sie hängen. Während ihre Ehemänner Tim voller Neid beäugten und ihm das Geheimrezept für diese ehefrauliche Kapitulation zu entlocken versuchten, schnitten mich die Frauen, als sei der Entschluss, seine Siebensachen in eine beräderte Sardinenbüchse zu packen, das äußerliche Symptom für eine ansteckende Geisteskrankheit.
    Die skurrilste Reaktion aus dem Kreis unserer verheirateten Freunde jedoch war Ungläubigkeit - nicht über den Kauf des Busses, sondern darüber, welches Ausmaß an gemeinsam verbrachter Zeit dieses Vorhaben mit sich bringen würde.
    »Wie um alles in der Welt kann man rund um die Uhr zusammen sein? Wir könnten das NIE IM LEBEN!«, erklärten sie kollektiv und schüttelten bei der Vorstellung traurig die Köpfe. Tim und ich tauschten nur einen Blick und verkniffen uns ein Grinsen. In Wahrheit war die Aussicht, vierundzwanzig Stunden am Tag/sieben Tage die Woche zusammen zu sein, einer der Aspekte an unserem neuen Bus-Leben, auf den wir uns beide freuten. Ich denke, einige meiner Freundinnen halten mich für eher still, weil ich meist wenig zu ihren »Lasst uns ordentlich über unsere Männer ablästern«-Rundumschlägen beizutragen habe. Ich weiß, dass ich mich glücklich schätzen kann. Leider weiß das auch Tim.
    Er ist jedes Mal begeistert, wenn Joanne, eine meiner
besten Freundinnen aus der Praktikantenzeit, anruft. Sie gehört zu den nettesten Menschen, die ich kenne (und wird nur von meinem Ehemann geschlagen), in punkto Männer ist sie jedoch der größte Pechvogel aller Zeiten. Tim weiß stets, wann sie mich während des Tages angerufen hat, denn sobald er abends zur Tür hereinkommt, werfe ich mich an seine Brust und bettle ihn an: »Bitte verlass mich nie!« Dann grinst er mich jedes Mal blasiert an und fragt: »Wie geht es Joanne?«
    Rund um die Uhr? Kein Problem. In einem Bus? Na ja … ich habe mir einzureden versucht (ganz ehrlich!), dieses Vorhaben sei wie geschaffen für mich. Obwohl ich Reisen grundsätzlich liebe, habe ich in der Praxis meine Probleme damit. Die Schränke sind grundsätzlich zu klein, außerdem besteht immer die Gefahr, im Erdgeschoss eines Hotels zu landen, was für mich viel zu sehr nach Camping riecht. Ich hasse Camping. Meine Vorstellung vom »einfachen Leben« ist eine Übernachtung in einem Holiday Inn.
    Tim und ich haben zehn Jahre in Boulder, Colorado, gelebt, bevor wir beschlossen haben, uns auf die Straße zu schwingen. Boulder steht auf jeder »Geradezu Übelkeit erregend gesündeste/aktivste Stadt«-Liste an oberster Stelle - auch wenn viele Leute aus anderen Städten in der Gegend es als »eingebettet zwischen Bergen und der Wirklichkeit« bezeichnen. Aus diesem Grund kann ich der Schönheit der Natur durchaus etwas abgewinnen. Ich habe nur keine Lust, ständig darin herumzulaufen. Außerdem finde ich dieses Frischeluft-Gehabe völlig übertrieben. Ich bin Ärztin. Naturwissenschaftlerin. Frische Luft, schale Luft, alles ein- und dieselben Moleküle. Ich hatte die »tolle Natur« so konsequent gemieden, dass ich erst im zarten Alter von dreiundvierzig das erste Mal von einer
Biene gestochen wurde - und das war in meinen eigenen vier Wänden. Ich halte mich eben gern in geschlossenen Räumen auf. Ich ziehe mich nicht gern an. Ich lege nicht gern Make-up auf. Ich putze mir nicht gern … egal. Man könnte mich als faul bezeichnen. Dem kann ich leider nicht widersprechen.
    Meine innige Liebe zu geschlossenen Räumen wurde mir erst an einem Tag im Februar bewusst, als ich Tim mit einer Nachbarin im Garten reden hörte. Ich streckte den Kopf zur Tür hinaus, um Hallo zu sagen.
    »Doreen! Wie schön, Sie zu sehen«, rief sie, als wäre ich ein Verbrennungsopfer, das endlich aus der hyperbaren Sauerstoffkammer entlassen wird. Tim konnte sich den Kommentar »Schätzungsweise dauert der Winter noch sechs Wochen« natürlich nicht verkneifen.
    Ich war sogar von der aktiven Arbeit mit Patienten zur Erstellung von Versicherungsgutachten übergegangen, da mir diese Tätigkeit erlaubte, den ganzen Tag zu Hause zu bleiben und mich
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