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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance
Autoren: Diana W. Jones
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Instinkt, obwohl ich Mühe hatte, nicht mit den Zähnen zu knirschen. Endlich sagte sie: »Nun ja, wenn es sich um eine Erbschaft handelt ...«, und rückte mit einer Adresse heraus, nördlich von Ealing.
    Es war eine Fahrt von mehreren Stunden. Als ich ankam, fand ich das Haus leer und die Fenster im Erdgeschoß mit Bretterläden verrammelt. Eine Nachbarin antwortete auf meine Erkundigung, der Eigentümer wäre im Krankenhaus - weit weg, sie konnte sich nicht erinnern, wo -, und die Tochter hätte das Haus abgeschlossen und sich seither nicht wieder sehen lassen.
    Kochend vor Wut, machte ich mich auf die Heimfahrt. Auf der M 25 ging nichts mehr. Ich versuchte, auf Landstraßen auszuweichen, und natürlich gab es alle fünfhundert Meter eine Baustelle. Endlich in meiner Einfahrt angelangt, stieg ich aus und schlug die Wagentür zu, daß es krachte. Im Haus pfefferte ich den Mantel in die Ecke, riß ein Glas aus dem Schrank, stapfte in mein picobello aufgeräumtes Wo hnzimm er, goß mir einen Dreifachen ein und ließ mich aufs Sofa fallen. Nach dem ersten Schluck kam mir ein Gedanke. Fluchend riß ich mir das Tuch vom Hals und warf es in den Kamin.
    »Verdammt, wenn ich geahnt hätte, was deine großartige Liste für ein Alptraum ist, Stan«, sagte ich. »Wenn ich es geahnt hätte! Aber ich habe die Nase voll, ich werfe den Kram hin. Schluß! Ende!«
    »Warum? Was ist denn los, Söhnchen?« fragte Stan.
    Meine Hand mit dem Whiskyglas erstarrte auf halbem Weg zum Mund. »Stan?«
    »Hier bin ich, Rupert«, antwortete die wohlbekannte, immer etwas heisere Stimme wie aus großer Ferne und irgendwie kleinlaut aus der Richtung meines Panoramafensters. »Tut mir leid, daß es etwas länger gedauert hat. Es ist - nun ja, das mit dem Wiederkommen ist nicht so einfach, wie ich gedacht hatte. Es ist anders, als man es sich vorstellt. Man muß Bedingungen erfüllen. Ich mußte mein Ersuchen sowohl den Meistern des Karmas vorlegen als auch der Hohen Kammer, und die Meister des Karmas sind ein schwerer Brocken. Nicht alle von ihnen sind Menschen. Ich kann dir nicht verübeln, daß du so miesepetrig aussiehst. Wo liegt das Problem?«
    Wenn Stan zu irgendeinem anderen Zeitpunkt aufgetaucht wäre, hätte ich es wahrscheinlich nicht so ohne weiteres akzeptiert. Die Vorstellung, daß er mich als Geist umschwebte, jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken, obwohl ich innerlich kochte. Aber ich war so wütend, daß ich den Rest Whisky hinunterkippte und ihm dann sagte, wo das Problem lag. »Und alles ist deine verdammte Schuld!« schleuderte ich zum guten Schluß in seine angenommene Richtung.
    »Na na, immer mit der Ruhe«, sagte seine ferne, körperlose Stimme in demselben Ton, in dem er zu Lebzeiten zickige Pferde zu beruhigen pflegte. »Es ist nicht meine Schuld. Ein neuer Magid muß gefunden werden, und du zäumst den Gaul vom Schwanz her auf.«
    »Ach ja? Das heißt im Klartext?«
    »Das war schon immer eine Angewohnheit von dir«, belehrte er mich. »Etwas anpacken, als wärst du ein gewöhnlicher Mensch, dem nur gewöhnliche Mittel zur Verfügung stehen. Du verfügst über enorme Kräfte, Söhnchen. Nutze sie. Such deine Kandidaten mit den Methoden eines Magids.«
    »Aha. Na gut. Aber erst nach einer rechtschaffenen Mahlzeit, einem zweiten Doppelten und einem Liter Kaffee. Er inn erst du dich in deinem derzeitigen Zustand an die Bedürfnisse des Körpers? Kannst du so lange warten, bis ich sie befriedigt habe?«
    »Sie haben mir ein Jahr gegeben, die Mächte Da Oben«, meinte er. »Wenn du bis dahin fertig sein k anns t...«
    Das war der Stan, den ich kannte. Ich mußte lachen und fühlte mich gleich besser.
    Eine Stunde später zog ich meine Jacke aus und wollte sie, der Macht der Gewohnheit folgend, ordentlich über den Stuhl hängen, aber plötzlich fiel mir Mrs. Nuttal ein, und ich warf sie dorthin, wo schon das Halstuch gelandet war. Dann krempelte ich die Ärmel auf und ging ans Werk, überwacht von Stan, der mit ferner Stimme gelegentlich Tips und Anregungen beisteuerte. Es wurde ein langer Abend. Und ein wenig erfolgreicher. Thurless erwog, sich für immer in Japan niederzulassen. Kornelius Punt hatte beschlossen, nach Neuseeland weiterzureisen. Der Kroate und Maree Mallory waren nach wie vor unauffindbar.
    »Keineswegs verwunderlich«, kommentierte Stan, »falls sie nicht gefunden werden wollen. Sie sind die beiden mit dem wirklich großen Talent.«
    »Und Mrs. Fisk hat wahrscheinlich einen Nervenzusammenbruch«, fügte
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